Integrationssprechstunde: Kummerkasten für das Zusammenleben

Wollen bei der Integration helfen: v.l. Nouzha Belhouji, Frida Schäfer, Filiz Dogan, Alla Weber und Semih Inci. Foto: Pielorz
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Seit diesem Jahr gibt es im Hattinger Rathaus eine Integrationssprechstunde, durchgeführt von Mitgliedern des Integrationsrates. Dieses Gremium ist die kommunale Vertretung der Zugewanderten und hieß früher Ausländerbeirat. Er besteht aus 14 gewählten Mitgliedern und sieben Ratsmitgliedern, die gemeinsam die Interessen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der Politik vor Ort wahrnehmen. Dazu gehört seit jüngstem eben auch die Integrationssprechstunde, eine Idee von Alla Weber.

„Das persönliche Gespräch mit den Menschen ist mir immer ein wichtiges Anliegen. Bürgernahe Politik funktioniert nur, wenn die Menschen ihre Sorgen und Ängste mitteilen können. Dies ist für Menschen mit Migrationshintergrund in einer solchen Sprechstunde möglich. Sie soll aber auch offen für jeden Hattinger Bürger sein, dem wir behilflich sein können“, erklärt Alla Weber.
Dabei hoffen die Mitglieder des Integrationsrates zum einen auf Menschen zu treffen die nicht durch Vereine gebunden sind und informiert werden, zum anderen will man aber auch den Integrationsrat selbst bekannter machen.
Zur ersten Sprechstunde im Januar kamen bereits zehn Personen. Einige wünschten Hilfe bei Formularen, entweder beim Ausfüllen oder schlicht beim Verstehen. Andere wiederum hatten Fragen zu Ausweisen oder Anträgen oder verstanden an sie gerichtete Briefe nicht. Dabei können die vor Ort anwesenden Integrationsratsmitglieder in verschiedenen Sprachen helfen: Neben Deutsch sind dies Englisch, Französisch, Russisch, Türkisch, Arabisch und Farsi.

Nächste Sprechstunde: 10. März

Zwar wird der Integrationsrat in Zukunft auch im Bürgerzentrum am Holschentor präsent sein, doch die Integrationssprechstunde soll im Rathaus bleiben. „Das ist ein zentraler Ort für die Bürger und drückt auch die Bedeutung aus. Hier sitzt die Verwaltung und hier werden Entscheidungen getroffen“, so Alla Weber. Jeden ersten Donnerstag im Monat von 15 bis 17 Uhr sind Mitglieder des Integrationsrates im zweiten Obergeschoss im Besprechungsraum zu finden.
„Manchmal gehen wir auch mit den Menschen zu einer Behörde oder wir schreiben ihnen etwas auf. Es gibt auch Menschen, die auf telefonische Anrufe nicht reagieren, weil sie zu wenig oder kein Deutsch sprechen. Wenn jemand zu uns kommt, dem dieser telefonische Kontakt beispielsweise nicht gelungen ist, dann sind wir auch vor Ort für die Menschen da“, erklärt Filiz Dogan.
Was die Menschen fragen, die in die Sprechstunde kommen, darüber wird eine Liste geführt. Damit man nach einem Jahr weiß, was man mit wem besprochen hat. „Menschen, die kein Deutsch können, denen sage ich immer, sie können nichts unterschreiben, sie dürfen nicht einfach die Haustür öffnen, sie dürfen nicht irgendetwas kaufen. Es gibt viele Betrüger, die ihre Unkenntnis ausnutzen. Wir weisen auch immer darauf hin, wie wichtig das Erlernen der Sprache ist. Nur dann kann Integration gelingen“, so Nouzha Belhouji.
Allerdings macht die Marokkanerin, die schon lange in Deutschland lebt, keinen Hehl daraus, dass sie sich wünschen würde, dass es hier mehr Menschen gäbe, die umgekehrt auch ein Bemühen für ihre Muttersprache an den Tag legen würden. Sie hat als ehemalige Mitarbeiterin im Schulamt in Marokko viele Bemühungen hinter sich gebracht, im Verwaltungsbereich in Deutschland Fuß zu fassen. Bisher hat das nicht geklappt und so verdient sie sich ihr Geld mit Reinigungsarbeiten im Krankenhaus.

Hilfe zur Integration

Die meisten Menschen, die in die Sprechstunde kommen, leben schon etwas länger in Deutschland. „Die Menschen kommen nach Deutschland und sie werden hier leben. Sie werden unsere zukünftigen Wähler sein, ob das nun dem ein oder anderen passt oder nicht. Deshalb müssen sich alle bemühen und versuchen, Sprachkenntnisse zu vermitteln, Ängste abzubauen, Kontakte herzustellen und die unterschiedlichen Kulturen zu erklären“, so Alla Weber, die auch seit vielen Jahren Deutschkurse gibt und noch nie Probleme hatte. „Ich kann mich durchsetzen. Ich habe auch eine Trillerpfeife und wenn ich anfange, dann sage ich, so jetzt ist Alla hier und es geht los. Ich setze Mimik und Gestik ein und manchmal spiele ich ein Lied auf dem Klavier. Dann sitzen da auf einmal dreißig Männer und hören mir zu.“
In die Sprechstunde ins Rathaus darf jeder kommen. „Gern möchten wir auch Fragen deutscher Mitbürger beantworten, wenn sie zum Beispiel ein Verhalten von Menschen aus anderen Kulturen nicht verstehen oder auch nicht gut finden. Einfach kommen. Wir versuchen, zu verstehen und zu erklären.“

Die Sprechstunden finden im Rathaus jeweils donnerstags von 15 bis 17 Uhr, zweites Obergeschoss, Besprechungsraum 1 oder 2 an folgenden Terminen statt: 10. März, 14. April, 12. Mai, 9. Juni, 8. September, 13. Oktober, 10. November und 8. Dezember.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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