Hamsterkäufe wegen Corona
Apotheker Rolf Jägers über Desinfektionsmittel und Lieferengpässe

Hamsterkäufe gibt es nicht nur in Supermärkten. In Zeiten des Coronavirus erleben auch Apotheken großen Zulauf. Desinfektionsmittel, Mundschutz und alles, was das Immunsystem stärkt, sind bei den Kunden nachgefragt, weiß der Hattinger Apotheker Rolf Jägers (57), der mittlerweile in einer Apotheke in Bochum-Wattenscheid angestellt ist.

Von Vera Demuth

Bis Anfang der Woche, bevor das Kontaktverbot erlassen wurde, war der Andrang besonders groß. "Jeder will Desinfektionsmittel und Mundschutz haben", berichtet Jägers. Beides gibt es tatsächlich in der Apotheke. "Beim Mundschutz haben wir aber nur welchen der Schutzklasse FFP2, und auch uns verkaufen die Hersteller sie zu überteuerten Preisen."
Das Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis, das die Viren unschädlich macht, stellen Rolf Jägers und seine Kollegen neben ihrer Arbeit im Verkauf selbst her. Dabei richten sie sich nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Weltgesundheitsorganisation. "Für die Hände ist es aber am besten, sie gründlich zu waschen", erklärt der Apotheker. Das Desinfektionsmittel sei für Menschen sinnvoll, die dazu nicht immer Gelegenheit hätten, zum Beispiel weil sie im Außendienst arbeiten.

Plexiglas und Handschuhe

Um möglichst zu vermeiden, dass sich die Mitarbeiter anstecken könnten, wurden in der Wattenscheider Apotheke Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus ergriffen. So ist etwa vor jeder Kasse Plexiglas angebracht worden. "Wir tragen Handschuhe, die wir regelmäßig wechseln, denn sie nützen ja nur etwas, solange wir uns nicht ins Gesicht fassen", erzählt Rolf Jägers. "Außerdem machen wir immer wieder Wasch- und Desinfektionspausen."
Der 57-Jährige hat beobachtet, dass viele Kunden sich schwer damit tun, die banalsten Hygieneregeln zu beachten. "Das Virus ist im Kopf angekommen, aber nicht im Verhalten." Weil die Apotheke, in der er tätig ist, sehr groß ist, sind auch für die Kunden Hygienevorschriften eingeführt worden. Jeder müsse sich zuvor die Hände desinfizieren, was aber nicht bei allen gut ankomme, sondern auch schon zu rabiaten Reaktionen geführt habe. "Manche Kunden tragen Handschuhe und wollen nicht einsehen, dass das auch für sie gilt", sagt Jägers. Aber schließlich könnten auch die Handschuhe mit Viren verunreinigt sein, weil man sich ins Gesicht gefasst habe.
Zudem gibt es bei der Apotheke eine Zugangsbeschränkung sowie einen Sicherheitsdienst, der darauf achtet, dass die Kunden sowohl die Beschränkung als auch die Hygienevorschriften einhalten.
Gestresst und angespannt seien die Kunden, so Jägers. "Wir haben gemerkt, dass wir am besten zurecht kommen, wenn wir entspannt bleiben." Wie angespannt die Situation zum Teil ist, zeigte sich beispielsweise, als sich die falsche Nachricht verbreitete, Ibuprofen könnte besonders schwere Fälle der Krankheit Covid-19 verursachen. "Da war Paracetamol fast ausverkauft."

Lieferengpässe verschärfen sich

Eine weitere Folge der Corona-Krise ist, dass sich die schon seit Langem existierenden Lieferengpässe bei manchen Medikamenten verschärfen. "Es wird nicht besser jetzt, weil viel in China und Indien produziert wird", erläutert Jägers. Große Engpässe gebe es zurzeit bei Schilddrüsenpräparaten, oralen Antidiabetika, Bluthochdruckmitteln sowie Psychopharmaka. "Das ist besonders schlimm, weil man die nicht einfach absetzen kann."
Jetzt, da seit Wochenbeginn das Kontaktverbot gilt, hat sich die Situation etwas entspannt, und es kommen weniger Kunden in die Apotheke. "Die Mehrzahl der Kunden sind allerdings ältere Menschen, und es wäre schön, wenn auch von ihnen weniger kämen, denn sie sind besonders gefährdet", wünscht sich Apotheker Rolf Jägers.

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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