Den "Elternführerschein" jetzt verpflichtend einführen?

Jörg Winterscheid arbeitet seit vielen Jahren mit Kindern und Jugendlichen Foto: Römer
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In ihrem gerade erschienenen Buch „Deutschland misshandelt seine Kinder“ werfen die Berliner Rechtsmediziner Michael Tsokos und Saskia Guddat dem deutschen Hilfesystem „regelmäßiges Versagen“ vor. Ein CDU-Politiker fordert einen verpflichtenden Elternführerschein. Und was sagt der Hattinger Heilpädagoge Jörg Winterscheid dazu, der einen solchen „Führerschein“ auf freiwilliger Ebene anbietet?

Pro Woche sterben in Deutschland drei Kinder als Folge von Misshandlung. So steht es in dem neuen Buch. Kritiker halten das Werk für populistisch, pauschal und praxisfern.
In der Frankfurter Rundschau äußert sich Michael Tsokos, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der Berliner Charité. „Das heißt, früher hießen die Opfer Kevin. Und diese Opfer von damals sind die Täter von heute. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass nicht Max, Anton und Julius bei mir auf dem Tisch landen (in der Pathologie; die Red.), sondern Kinder mit spinnerten amerikanischen Vornamen wie Jayden oder Tyler Reese, die auf ein bestimmtes soziales Niveau hindeuten.“
Der Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner verlangt einen „Elternführerschein“. In der Zeitung „B.Z.“ sagt Wegner: „Kindesmisshandlungen sind in aller Regel nicht Ausdruck ‚sadistischer Neigungen‘, sondern die Folge einer Überforderung der Eltern.“ Deshalb könnten verpflichtende Erziehungskurse helfen, werdende Eltern besser auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten.“
Von Zwang zu solch einem Führerschein hält der Hattinger Heilpädagoge Jörg Winterscheid gar nichts.
Seit über 25 Jahren arbeitet Jörg Winterscheid als Erzieher und Heilpädagoge mit Eltern, Kindern und pädagogischen Einrichtungen zusammen. Sein tägliches familiäres und berufliches Handeln steht unter dem Motto: Wir können den Wind nicht ändern, jedoch versuchen, die Segel richtig zu setzen! Hierbei steht der „Wind“ als Synonym für die kindliche Entwicklung. Jörg Winterscheid behauptet: Wir können die naturgegebene kindliche (menschliche) Entwicklung nicht ändern, jedoch versuchen, als Eltern, unsere Segel richtig zu setzen!
„Der Elterntrainer will Eltern und Pädagogen helfen, ihren zukünftigen Kurs besser bestimmen zu können! In meinem täglichen Kontakt mit Kindern, Jugendlichen, Eltern, Schulen und Kindergärten erfahre ich oft Rat- und Hilflosigkeit. Ich erlebe verunsicherte Erwachsene, die zwischen der pädagogischen Autorität der 1950er Jahre und den antiautoritären Ansätzen der 1970/80er Jahre pendeln. So wie früher wollen sie nicht erziehen, so wie sie es sich heute vorstellen, scheint es auch nicht wirklich zu klappen“, erzählt Jörg Winterscheid.
Mit dem „Elterntrainer“ will er versuchen, hier höchst praktische Hilfe zu leisten. „Der Elterntrainer soll helfen, das Bisherige zu hinterfragen, das Gegenwärtige zu erkennen sowie das Zukünftige bewusster und handlungssicherer zu gestalten. Der Elterntrainer bietet die Möglichkeit, die Inhalte des Elternkompetenztrainings ‚Der Elternführerschein‘ nachzulesen.“ Kursbesuche sollten dabei nicht zwanghaft sein. Die Eltern müssen freiwillig kommen.
„Sobald die Kinder laufen lernen, stellen viele Eltern fest, dass es irgendwie anders läuft, wie sie sich das gedacht haben. Natürlich kann man einen solchen Kurs auch vor dem Hintergrund anbieten, dass sonst bittere Maßnahmen zu ergreifen wären, aber die Freiwilligkeit steht trotzdem an oberster Stelle. Was wollen Sie denn mit Eltern machen, die einen solchen Elternführerschein nicht erwerben wollen? Kommt dann die Behörde und nimmt den Eltern die Kinder weg?“
Jörg Winterscheid setzt auf ein engmaschiges Netz von Beratung und Angeboten, von Hingucken und Helfen. Seine Meinung konnte er auch in einem privaten Fernsehsender kund tun.

Neu ist die Reihe „Hattingen hat interessierte Eltern“, die er als Referent eröffnet hat. Ein zweiter Termin zum Thema Bewegung im Vorschulalter findet statt am Mittwoch, 12. Februar, 19 bis 20.30 Uhr, im Alten Rathaus. Referent ist der Diplom-Sportlehrer Jörn Uhrmeister. Ab 18 Uhr kann man sich beim Verein KiPa über Kinderpatenschaften für Hattinger Kinder informieren. Moderation: STADTSPIEGEL.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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