"Dr. Sommer" gibt es auch in Hattingen

Kathrin Seibel-Schreck von der Erziehungsberatungsstelle in der Bahnhofstraße. Foto: Pielorz
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Einmal im Monat, jeweils donnerstags von 16 bis 18 Uhr, ist es in der Erziehungsberatungsstelle, Bahnhofstraße 51, soweit. Dann startet die Jugendsprechstunde, eine Idee, die finanziell durch das Bündnis für Familie gestützt wird und jetzt seit einem Jahr existiert. „Dr. Sommer“ mit seinem Team (man denke an eine große deutsche Jugendzeitschrift) also auch in Hattingen?

„Eigentlich sind wir viel mehr als das Team der Jugendzeitschrift“, lacht Kathrin Seibel-Schreck. Die Diplom-Psychologin und Familientherapeutin erklärt: „Aber wir bieten Jugendlichen selbstverständlich auch Antworten auf die klassischen Fragen, die an eine Zeitschrift gerichtet werden. Da geht es um Probleme mit den Eltern, mit dem Freund, mit ersten sexuellen Erfahrungen, eben mit Dingen, die einen in der Pubertät beschäftigen. Zu uns kann man ohne Anmeldung kommen. Die Beratung ist kostenlos und selbstverständlich unterliegen wir der Schweigepflicht und Mama und Papa müssen auch nicht erfahren, dass der Nachwuchs bei uns war.“
Die Jugendlichen erhalten eine Einzelberatung. Ausnahmen von der Regel gibt es nur bei akuter Gefährungslage.
In der Regel sind die Probleme aber vielschichtiger und oft folgen dem einen Termin in der Jugendsprechstunde weitere Beratungen. „Es gibt immer eine aktuelle Situation, die das Fass zum Überlaufen bringt. Aber dahinter verbergen sich in der Regel vielschichtige und zum Teil schon lang anhaltende Probleme, die in der Familienkonstellation begründet liegen. Manchmal stehen auch Sorgen mit Freunden oder der Schule im Mittelpunkt. Mobbing und Leistungsdruck sind vielfältig in ihrem Erscheinungsbild.“
Von einem ist Kathrin Seibel-Schreck überzeugt: „Der Leistungsdruck hat bei den Eltern und den Jugendlichen zugenommen. Die Eltern wollen immer das Beste für ihr Kind und das Kind selbst will das auch. Man begnügt sich nicht mit dem Zweitbesten. Man akzeptiert zunehmend weniger einen vermeintlichen Makel. Man will perfekt sein. Das gilt für die Optik, für die Akzeptanz im Freundeskreis und für die erbrachten Leistungen. Läuft da etwas aus dem Ruder und man erkennt, dass andere besser sind, dann steigt der Druck. Auf der einen Seite ist es toll, wenn sich Eltern kümmern und sich engagieren. Auf der anderen Seite tun sie des Guten oft zu viel und lassen dem Jugendlichen kaum Freiraum, akzeptieren ihn nicht auf Augenhöhe mit all seinen Stärken, Interessen und auch Schwächen.“
Immer höre man von den Eltern, sie kämen auf einmal an ihr Kind nicht mehr heran. Dementsprechend höre man vom Jugendlichen, er sei nicht akzeptiert. „Wir haben auch schon Jugendliche hier gehabt, die wollten eine Beratung, wie sie schnell ausziehen und an eine Wohnung und an Geld kommen. Das machen wir natürlich nicht. Wir sehen von außen auf die Probleme und versuchen dem Jugendlichen eine neue Sichtweise und eine Perspektive zu vermitteln.“
Die Schulsozialarbeiter in den Schulen verweisen auf das Angebot der Jugendsprechstunde, die sich an Jugendliche von 12 bis 21 Jahre richtet. Doch kommen kann jeder, der möchte. Die meisten, die bisher das Angebot wahrgenommen haben, sind etwa 16 Jahre alt. Eine Statistik gibt es nicht, aber Kathrin Seibel-Schreck geht von etwa dreißig Jugendlichen aus, die bisher gekommen sind.

Hier können Jugendliche reden

Das sollte allerdings rechtzeitig sein und bevor, „das Kind in den Brunnen fällt“. „Oft quälen sich die Jugendliche schon eine ganze Weile mit dem Problem herum, haben manchmal auch schon mit Freund oder Freundin gesprochen. Besser wäre es, wenn sie frühzeitig das Gespräch mit uns suchen.“
Und am Wichtigsten überhaupt ist, dass sich Eltern und Jugendliche gegenseitig wertschätzen. „Gerade in der Pubertät ist das für Jugendliche wichtig. Sie wollen sich ernst genommen fühlen und nicht das Gefühl bekommen, sie machen sowieso nichts richtig.“
Jeder Jugendliche mit jedem Problem ist willkommen. Der nächste Termin findet statt am Donnerstag, 3. März, 16 bis 18 Uhr, Bahnhofstraße 51, 2. Stock. Einfach vorbeikommen.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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