Eiserne Hochzeit: "Auf den ersten Kuss mussten wir sechs Jahre warten"

Ludger und Annemarie Wieners (mit einer Glückwunsch-Urkunde der Stadt) und ihre Töchter Annegret Zarth und Gabriela Tille. Foto: Kosjak
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von Dino Kosjak

Die Hattinger Ludger und Annemarie Wieners sind seit 65 Jahren verheiratet und können damit „Eiserne Hochzeit“ feiern. Am letzten Mittwoch war es so weit.

„Auf unseren ersten Kuss mussten wir sechs Jahre warten“, sagt Ludger Wieners mit einem Lachen, in das auch seine Frau Annemarie einstimmt. Bis dahin hatten die beiden sich nur Briefe geschrieben – von 1942 bis 1948.
1940 hatte Ludger Wieners seinen Wehrdienst angetreten, bei den Minensuchern der Marine in Buxtehude. Den Briefkontakt zu seiner späteren Ehefrau vermittelte ein Freund aus Ludger Wieners Einheit. „Wir haben uns all die Jahre kameradschaftlich geschrieben“, sagt Annemarie Wieners.
An ein Treffen war in den letzten Kriegsjahren nicht zu denken. Annemarie Wieners stammt aus dem thüringischen Wormstedt bei Apolda. Hier verlobte sich das Paar im Jahr 1948. Ein Jahr später reiste Annemarie Wieners erstmals nach Hattingen, um ihren künftigen Ehemann in seinem Elternhaus zu besuchen, in den Hügeln von Niederbonsfeld.

Ganz so einfach war es allerdings nicht, erinnern sich die beiden. „Ich wartete am Essener Hauptbahnhof“, sagt Ludger Wieners, „meine Frau stieg aber in Altenessen aus“.

Freiheit ist wichtig

Sie wusste sich zu helfen. „Ich nahm die Straßenbahn und lief den Rest des Wegs zu Fuß“, erzählt Annemarie Wieners mit einem weichen Zungenschlag, in dem ihre thüringische Heimat nachklingt. Sie klopfte bei einem Nachbarn ans Fenster und wusste, dass sie angekommen war. Heute, 65 Jahre später, feiern sie ihre Eiserne Hochzeit in Ludger Wieners Elternhaus.
Ludger Wieners arbeitete als Betriebsschlosser auf der Henrichshütte, Annemarie Wieners zunächst in der Weberei Conze & Colsman, später bei der Post.
Sie bekamen zwei Töchter, Annegret und Gabriela. „Familie ist für meine Eltern immer etwas Großes gewesen“, sagt Annegret Zarth. „Sie haben sich toll um uns gekümmert“.
Heute sind die Töchter für die Eltern da – und mit ihnen drei Enkel und zwei Urenkel. „Wenigstens einer von uns findet immer Zeit für die beiden“, sagt sie.
Was ist das Geheimnis einer so langen Ehe? „Beide brauchen Freiheit“, sagt Annemarie Wieners, „man muss auch mal ohne einander etwas unternehmen“. Gabriela Tille nickt: „Meine Mutter und ich sind zum Beispiel oft ins Theater gegangen.“
Ludger Wieners Vorliebe galt dem großen Garten. „Die Schafe und die Obstbäume mussten gepflegt werden“, sagt er. Und er hielt Kontakt zu seinen Kollegen von der Marine. Ihre regelmäßigen Treffen führten ihn durchs ganze Land.
Ihre gemeinsame Liebe gilt seit jeher der Familie. Auch die Verwandten in der damaligen DDR bekamen Päckchen mit Geld, Kaffee und Kleidung und die Wieners besuchten sie regelmäßig selbst – den zermürbenden Grenzkontrollen zum Trotz.
Seit Jahren leidet Annemarie Wieners unter einer Sehschwäche.
„Es fing schleichend an“, sagt sie, „heute sehe ich nur noch Umrisse“. Das Kochen musste sie darum aufgeben. Auch Ludger Wieners sieht nicht mehr gut, und er trägt eine neue Hüfte. „Aber in unserem Alter kann man das hinnehmen“, sagt er. Er ist 90 Jahre alt, seine Frau wird demnächst 88.
Annemarie Wieners lacht auf: „Ja, wir sind zufrieden. Wir machen das beste draus.“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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