Junge Hilfe in der Hospizarbeit

Andrea Naß und Werner Lutzke gehören zu denjenigen, die bereits in jüngeren Jahren mit der ehrenamtlichen Arbeit als Hospizhelfer begonnen haben. Foto: Pielorz
  • Andrea Naß und Werner Lutzke gehören zu denjenigen, die bereits in jüngeren Jahren mit der ehrenamtlichen Arbeit als Hospizhelfer begonnen haben. Foto: Pielorz
  • hochgeladen von Dr. Anja Pielorz

Der Tod gehört zum Leben – mit dem Tod will ich im Leben nichts zu tun haben! Während die einen Tod und Sterben erst dann in ihr Leben lassen, wenn es Familie oder Freunde „trifft“, gehen Hospizler anders mit dem Thema um: Sie begleiten und unterstützen Menschen an ihrem Lebensende. Für sie ist Sterbebegleitung Lebensbegleitung. Andrea Naß war erst 44 Jahre alt, als die Hattingerin den Grundkurs als Hospizhelferin absolvierte. Werner Lutzke war zwar einige Jahre älter, gehörte aber auch zu den jüngeren Hospizlern, als er anfing sich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Andrea Naß kannte sich mit dem Zuhören und Trösten bereits aus – sie arbeitete früher in der Telefonseelsorge in München. „Dann habe ich von diesem Vorbereitungskurs für Hospizhelfer im STADTSPIEGEL gelesen und gedacht, das wäre etwas für mich und für meinen Mann. Wir hatten damals unseren ersten Sohn bekommen und suchten nach einer neuen Herausforderung, in unserer Freizeit gemeinsam Menschen zu helfen. Mein Mann ist Seelsorger und dieses Themenfeld passt einfach gut zu uns. Wir haben dann den Kurs gemacht und es nie bereut“, erzählt sie. Auch Werner Lutzke brachte als ehemaliger Lehrer seine ganz eigene Motivation mit. „Meine Frau verstarb und ich überlegte mir, was ich neben meinen Schulprojekten in Afrika hier in der Heimat noch tun könnte. Durch den Tod meiner Frau und meiner Eltern bin ich mit Palliativmedizin in Berührung gekommen und habe ebenfalls im STADTSPIEGEL den Bericht über den Kurs gelesen. In der praktischen Arbeit habe ich als erstes eine 95jährige Frau betreut, die heute in einer Altenhilfeeinrichtung lebt. Die Betreuung ist ja sehr vielseitig, kann kurz- und langfristig sein.“ Im Augenblick betreue er beispielsweise einen älteren Herrn, der an Krebs erkrankt sei und gerne aus seinem Leben berichte. „Ich brauche manchmal nur ein Stichwort zu liefern, dann beginnt er zu erzählen und man merkt einfach, wie gut ihm das tut und wie sehr er sich freut, wenn ihm jemand zuhört.“
Für die Hospizler ist klar: „Man sollte den Tod nicht aus dem Leben verbannen. Wir leben aber in einer Gesellschaft, in der genau dies viel zu oft geschieht. Kinder wurden in früheren Großfamilien mit verschiedenen Generationen ganz selbstverständlich mit Krankheit und Tod konfrontiert. Das gibt es heute kaum noch. Deshalb hat sich Hospizarbeit auch erweitert. Wir kümmern uns nicht mehr nur um Menschen in der letzten Lebensphase, sondern fangen auch bei den jungen Menschen wieder an, ihnen das Thema nah zu bringen. Wir gehen in die Grundschulen mit dem Projekt ,Hospiz macht Schule‘ im Rahmen einer Projektwoche und wir starten bald auch mit den ersten Angeboten dieser Art bei weiterführenden Schulen. Mit der Hattinger Berufsschule sind wir gerade im Aufbau des Projektes“, berichten die Hospizler.
„Gerade die Konfrontation mit dem Tod oder mit schweren Unfällen ist bei jungen Menschen schwierig“, sagt Andrea Naß. Sie selbst habe mit 16 Jahren einen schweren Verkehrsunfall gehabt. „Meine Mitschüler haben durch eine Durchsage in der Schule davon erfahren – auch, dass es damals unsicher war, ob ich überhaupt in die Schule zurückkehren werde. Das Ergebnis war, dass man sich damals anschließend um eine Freundin kümmern musste, die nach dieser Nachricht einfach zusammengebrochen ist.“
Heute will man sensibler mit der Problematik umgehen und gerade jungen Menschen Hilfen an die Seite stellen. Sensibilisierung im Umgang mit Tod und Sterben kann vielfach zum Einsatz kommen – sei es beim Tod geliebter Familienangehöriger oder Freunde, aber auch bei der Konfrontation mit Unfällen oder Amoksituationen oder im Hinblick auf fremde Kulturen, die mit dem Tod oft ganz anders umgehen. „Wir weiten die Hilfe auch aus, in dem wir einfach von Krisen sprechen und wie man lernt, mit ihnen umzugehen.“

Infotag zur Hospizarbeit am 3. März

„Neben der Arbeit mit jungen Menschen in der Schule begleiten wir natürlich auch Menschen in der Sterbephase – unabhängig vom Alter. Das kann sich auf Einkaufen beziehen, auf Vorlesen, auf Gespräche führen, aber auch auf einfaches Dasein und die Angehörigen entlasten, damit diese einkaufen gehen können oder was auch immer sie tun möchten. Besteht das Betreuungsverhältnis über einen längeren Zeitraum, dann ist der Aufbau von Vertrauen wichtig. Und man darf der Koordinatorin auch sagen, wenn die Chemie zwischen einem selbst und dem zu Betreuenden absolut nicht stimmt. Dann kann ein Kollege oder eine Kollegin oft bessere Hilfe leisten.“
Natürlich müssen die Hospizler auch lernen, mit sich selbst achtsam umzugehen. „Man muss lernen: Wenn man den Raum oder den zu Betreuenden verlässt, dann verlässt man auch die Situation. Es ist keine Hilfe, wenn man es nicht schafft, sich abzugrenzen. Aber das kann man lernen.“ Wichtig ist ihnen auch: „Wir haben viele fröhliche Situationen. Es ist nicht so, dass wir alle nur schweigen und traurig sind.“
Die Regionalgruppe in Hattingen hat ein eigenes Büro mit festen Sprechstundenzeiten im Bürgerzentrum Holschentor, Talstraße 8. Montag und Mittwoch von 15 bis 18 Uhr haben Interessierte die Möglichkeit, sich über die Arbeit beim Ambulanten Hospizdienst zu informieren und Gespräche führen, wenn Unterstützung in Anspruch genommen werden soll. Der Ambulante Hospizdienst in Hattingen ist zu erreichen unter 0174/9797029 oder E-Mail unter AHD-Hattingen@gmx.de. Ein neuer Vorbereitungskurs startet am Dienstag, 13. März und endet im September. Ein Informations- und Orientierungstag findet statt am Samstag, 3. März, 10 bis 17 Uhr, im Zentrum für Trauerarbeit Hattingen e.V., Paul-Gerhardt-Haus, Marxstraße 23. Anmeldungen bei Koordinatorin Silvia Kaniut unter der oben angegebenen Mobilnummer.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

11 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.