Scarlett Neumann möchte Frauen mit Brustamputation abformen

Scarlett Neumann mit einem ihrer Werke. Foto: privat
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Wer Scarlett Neumann begegnet, der kommt bestimmt nicht gleich darauf, einer Bildhauerin gegenüber zu stehen. Dieses zarte, blonde Persönchen soll aus groben Steinklötzen mit Hammer und Meißel Figuren herausarbeiten?

Scarlett Neumann lacht und erklärt: „Die Bildhauerei hat viel mit Technik zu tun. Außerdem liegt mir die Darstellung des Menschen mehr als Steine zu klopfen.“
In ihrem „anderen Leben“, da war die heute 52jährige Zahntechnikerin von Beruf, ehe sie am Institut für Ausbildung in bildender Kunst und Kunsttherapie (IBKK) in Bochum Bildhauerin wurde. „Kunst ist meine Berufung“, sagt sie. Auch ihr Vater war künstlerisch veranlagt, wollte sie zur Kunstakademie schicken. Es ergab sich anders.
„Aber jetzt habe ich mir meinen Traum erfüllt, ein eigenes Atelier einzurichten, eine eigene Werkstatt.“ Hier, in unmittelbarer Nachbarschaft der Kath. Kirche mitten in Welper, geht sie ihrer besonderen Vorliebe nach: der Gestaltung von Skulpturen und Objekten für den Innen- und Außenbereich und vor allem Körperabformungen („Body-Casting“).
Ihre Lieblingsmaterialien sind Gips, Acrylharz, Stein, Ton, Polyurethan, Glasfaser, Holz und Metall. Das Experimentieren mit Materialien und Farben liebt sie besonders.
Scarlett Neumann: „Meine Werke sollen den Betrachter positiv inspirieren und ihm ein Lächeln ins Gesicht zaubern und teilweise nachdenklich machen. Im Mittelpunkt steht bei mir der menschliche Körper. Jeder Mensch ist einmalig und öffnet bei genauerer Betrachtung seine unvergleichbare Seele. Jeder Körper ist einzigartig und bewundernswert. Es spielt keine Rolle, ob dieser alt oder jung ist. Für mich gibt es kein Ideal, sondern nur die Einmaligkeit. Es ist phantastisch, wie die Natur jeden von uns geschaffen hat.“
Vor diesem Hintergrund plant die gebürtige Neusserin, die aber seit mehreren Jahren mit ihrem Mann in Bredenscheid wohnt und seitdem eine begeisterte Hattingerin ist, ein Projekt, das bei vielen erst einmal Entsetzen, zumindest Befremden auslösen dürfte. Es ist brisant, wie sie selbst sagt, und habe auch in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis für einen Zwiespalt gesorgt.
„Ich suche Frauen, die sich nach einer Brustoperation trauen, sich abformen zu lassen“, sagt Scarlett Neumann. „Ich möchte gerne endlich dieses Tabu-Thema brechen und aufzeigen, dass Frauen selbst ohne dieses Organ schön sein können. Frauen sind mehr als Brust. Ich plane eine landesweite Wander-Ausstellung in Krankenhäusern, Krankenkassen und Verbänden. Natürlich erfolgt alles anonym.“
Brustkrebs sei die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Dennoch gingen Frauen zurückhaltend mit diesem Problem um. Viele sprächen nur hinter vorgehaltener Hand darüber; Mitmenschen reagierten oft beschämt, entsetzt und könnten damit nicht umgehen.
„Bei mir wird der Körper dieser Frauen durch Abformung veredelt, so dass keiner sagt, wie furchtbar“, erläutert die Künstlerin. „Bei mir werden Frauen als Frauen dargestellt und nicht als brustamputierte Wesen. Ich zeige sie nicht nur als Torso, sondern gebe ihnen die Seele wieder durch einen Gesichtsausdruck oder durch Bewegung.“
Rein praktisch geht das Ganze so vor sich: Es wird ein Termin vereinbart für eine Vorbesprechung. Dann erfolgt die Abformung mit medizinischem Material auf Algenbasis (Alginat), das auch in Zahnarztpraxen seine Verwendung findet. Darüber kommt dann eine Gipslage. Alles in allem dauert es rund eine Stunde für die Frauen – vollkommen anonym und selbstverständlich kostenfrei. Anschließend gießt Scarlett Neumann die Abformung mit Dentalgips aus, schleift, bearbeitet und veredelt das Werk.
Sechs bis zehn Frauen sucht die Künstlerin. Aus den Abformungen entsteht ein Gesamtkunstwerk. Mit diesem möchte Scarlett Neumann verdeutlichen, dass Frau auch nach der Operation noch Frau ist.
Außerdem plant sie – unterstützt von dem bekannten Hattinger Wilfried Ruthmann – ein Buch über die Thematik. Darin geht es über betroffene Frauen und deren erste Tage nach der Vermutung eines Mammakarzinoms, ein Leben mit der Diagnose Brustkrebs, OP und Therapie, Familie, Freunde, Berufsleben, Alltag, Hilfe und Unterstützung.
Scarlett Neumann: „Ich kenne eine Frau, die war bis zur OP Chefsekretärin. Nach der Behandlung kam sie zurück in die Firma und wurde in die Poststelle versetzt. Darüber ist sie dann erst richtig krank geworden.“
Wer sich für das Projekt der Hattinger Künstlerin Scarlett Neumann interessiert, kann sich wenden an sie unter Tel.: 3446494 oder www.scarletts-art.de

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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