Stadt Hattingen versteigert Diebesgut

Ralf hassel weiß auch nicht mehr, was er machen soll. Foto: Pielorz
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Der Hattinger Ralf Hassel hat auf einer Versteigerung der Stadt Hattingen im September 2009 ein altes Motorrad ersteigert. Viel Freude hat er damit nicht, denn er hat sein Geld für Diebesgut ausgegeben. Nun ist er das Motorrad los und sein Geld.

Im September 2009 ersteigerte er an der Heggerfeldschule im Rahmen einer städtischen Versteigerung eine alte, nicht mehr fahrtüchtige Yamaha BOP, Baujahr 1977. Die Stadt Hattingen veranstaltet regelmäßig solche Versteigerungen, wenn Objekte aus dem Fundbüro nicht abgeholt werden und die Abholfrist verstrichen ist. So auch in diesem Fall.
Ralf Hassel bezahlte 35 Euro für das alte Schätzchen und ging nach Hause. In der nächsten Zeit schraubte er in seiner Freizeit an dem Motorrad herum und investierte weitere 126 Euro. Sodann benötigte er eine Unbedenklichkeitsbescheinigung und ging zur Polizei, um Stempel und Papiere zu bekommen. Das war am 2. Februar 2012. Die Beamten erklärten dem völlig überraschten Hattinger dann, dass das Motorrad in Wuppertal 2007 als gestohlen gemeldet worden sei und stellten die Maschine noch am gleichen Tag sicher. „Ich dachte, ich höre nicht richtig“, so Ralf Hassel. „Natürlich habe ich mich gleich bei der Stadt gemeldet, aber bis heute ist nichts Konkretes passiert. Ich will mein Geld zurück oder das Motorrad. Ich bin doch davon ausgegangen, dass die Stadt vor einer Versteigerung von Gegenständen prüft, ob die gestohlen wurden!“
Das aber ist nicht der Fall. Stadtsprecher Thomas Griesohn-Pflieger erklärt dazu: „Es findet kein regelmäßiger Datenabklang zwischen der Stadt und der Polizei statt bezüglich der zur Versteigerung stehenden Objekte. Wir gehen davon aus, dass jemand, der sein Eigentum vermisst, auch im Fundbüro nachfragt. Wenn ich das fehlende Eigentum der zuständigen Versicherung melde, dann verlangt diese sogar einen Nachweis vom Fundbüro, bevor sie sich mit der Regulierung des Schadens befasst.“
Dietmar Trust, Sprecher der Polizei im EN-Kreis, erklärt zu diesem Fall: „Wenn ein Gegenstand als gestohlen gemeldet wird, gibt es eine Akte mit einem Aktenzeichen. Es handelt sich schließlich um eine Straftat. Taucht der Gegenstand dann wieder auf, wird die Akte in der Regel mit dem Gegenstand an die zuständige Staatsanwaltschaft geschickt. So, wie die Polizei über eine Asservatenkammer verfügt, hat auch die Staatsanwaltschaft eine solche Kammer für sichergestellte Dinge. Der Staatsanwalt muss dann die Eigentumsverhältnisse des Gegenstandes feststellen und trifft eine Entscheidung, was passieren soll. Ist der Eigentümer zu ermitteln, bekommt er sein Eigentum zurück. Ist er nicht mehr zu ermitteln, wird festgestellt, wer dann den Gegenstand zu erhalten hat. Ist nichts festzustellen, kann es auch hier zu Versteigerungen kommen oder gar zur Vernichtung von Asservaten, was beispielsweise bei Drogen immer der Fall ist.“ Zur Zeit, so vermutet Trust, sei man sicherlich bei der Klärung der Eigentumsfrage. Das hilft Ralf Hassel nicht weiter. Ob die Stadt Hattingen ihm sein Geld erstattet, ist eine offene Frage. „Wir lassen derzeit prüfen, ob wir zahlen müssen“, so Thomas Griesohn-Pflieger.
Der Hattinger Jurist Dr. Gregor Hanisch sieht die Rolle der Stadt als „nicht gerade glücklich an“. „Es gibt sicherlich Versteigerungsbedingungen. In ihnen könnte beispielsweise stehen, dass die Stadt keine Garantie für die Rechte Dritter übernimmt. Dennoch entbindet es nach meiner Auffassung die Stadt nicht von allen Möglichkeiten. Der objektive Tatbestand der Hehlerei, festgeschrieben in Paragraph 259 StGB, ist durchaus zu bedenken: Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. So steht es im Gesetz. Allerdings muss Vorsatz gegeben sein und derjenige muss sich damit abgefunden sein. Das wird kaum nachweisbar sein. Und fahrlässige Hehlerei ist nicht strafbar. Genauso schwierig ist die Klärung der Eigentumsverhältnisse. Diese obliegt jetzt der Staatsanwaltschaft und das kann dauern. Das ist eine höchst schwierige und komplexe Materie und ich würde dazu raten, diesen Vorfall in Zukunft dazu zu benutzen, bei Fahrrädern oder Gegenständen, die durch Nummern identifizierbar sind, mit der örtlichen Polizei einen Datenabgleich vorzunehmen. Gutgläubiger Erwerb von Eigentum ist bei Diebstahl ausgeschlossen.“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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