„Zum Wohl!“: Industriemuseum Henrichshütte sucht Erinnerungen rund um Trinkkultur und Kultgetränke

So machten Hochofen-Arbeiter in den 50er Jahren Pause an einem der Werkskioske. Erinnerungen dieser Art werden dringend gesucht für die Ausstellung „Zum Wohl“. 
Foto: LWL-Industriemuseum Henrichshütte
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  • So machten Hochofen-Arbeiter in den 50er Jahren Pause an einem der Werkskioske. Erinnerungen dieser Art werden dringend gesucht für die Ausstellung „Zum Wohl“.
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Die originale Trinkhalle von Emmy Olschewski wird sicher der Hingucker der Ausstellung „Zum Wohl. Getränke zwischen Kultur und Konsum“, die vom 6. Mai bis zum 26. März 2017 in LWL-Industriemuseum Henrichshütte zu sehen sein wird. Die Entwicklung der Trinkkultur und Kultgetränke im Ruhrgebiet und in Hattingen im Besonderen werden in der Ausstellung genauer beleuchtet.

Emmy Olschewski (1904 bis 1998) versorgte die Nachbarschaft nicht nur mit Süßigkeiten, Bier und Tabak, sie war auch Kreditgeberin, Lebens- und Eheberaterin. Ihr Kiosk war schlicht eine Institution. Nachdem sie gesundheitlich so angeschlagen war, dass sie nicht mehr selbst hinter der Theke stehen konnte, führte ein Nachbar bis zu Emmy Olschewskis Tod am 5. Mai 1998 den Kiosk weiter. Dann wurde er demontiert und vom LWL-Industriemuseum übernommen.
Emmy Olschewski und ihre Bude passen natürlich perfekt in die Ausstellung „Zum Wohl“. Auch auf der Henrichshütte nämlich gab es Buden. Hier kauften Arbeiter und Angestellte gekühlte Getränke, genossen einen Kaffee nebst einem Schwätzchen mit Kollegen oder den Damen hinter der Theke oder nahmen einen kleinen Imbiss zur Stärkung.
All das soll auch ein Thema der Ausstellung ab dem 6. Mai werden. Doch dazu ist dass LWL-Industriemuseum Henrichshütte auf die Mithilfe der Hattinger und Sprockhöveler angewiesen. Gesucht werden nämlich Geschichten rund um die Henrichshütte – aber eben nicht nur. „Wir suchen alles, was irgendwie mit der hiesigen Trinkkultur zu tun hat“, sagt Museumsleiter Robert Laube. „Auch die auf der Henrichshütte, aber eben auch die in ganz Hattingen.“
Beispielsweise ist die Geschichte der Firma Sickermann bekannt. Aber wer hat Fotos davon? Oder alte Flaschen von der dortigen Abfüllung? Der erste Firmensitz lag an der Bruchstraße, die damals noch Wilhelmstraße hieß. Hier wurden Getränke abgefüllt, zunächst hauptsächlich Bier, ab 1921 auch Spirituosen und Wein. 1955 folgte der Umzug zur Kreisstraße. In dem ehemaligen Verwaltungsgebäude von Sickermann befindet sich heute ein asiatisches Restaurant.
Interessant ist für das Museum auch die Geschichte des Weinanbaus in Hattingen. Über eine ganze Reihe von Hobby-Winzern hatte ja auch der STADTSPIEGEL Ende der 90er Jahre berichtet. Sie können sich gerne melden und ihre Fotos für die Ausstellung zur Verfügung stellen.
Oder die Milchmänner, die bis in die späten 60er Jahre in Hattingen unterwegs waren, meistens Bauern aus den umliegenden Höfen, die so ihre frische Milch „an den Mann“ brachten. Hat jemand noch die kleinen Milchkannen, die früher zu jedem Haushalt gehörten oder andere Erinnerungen daran?
Gesucht werden auch Kaffeedosen mit Firmenaufdruck oder ähnlichem aus der Rösterei Hildebrandt in der Eickener Straße.
Aus der Hattinger Schnapsfabrik Weygandt, die mitten in der Innenstadt lag, kann das Museum in der „Zum Wohl!“-Ausstellung Aschenbecher und Gläser bereits zeigen. Dringend gesucht werden aber noch Weygandt-Schnapsflaschen. Robert Laube: „Die müssen nicht mehr schön aussehen, es muss auch nicht unbedingt mehr der Original-Inhalt darin vorhanden sein.“ Gleiches gilt für die Brennerei Vogelsang, die bis in die 70er Jahre hinein in Niederwenigern zu finden war.
Kennt jemand den Begriff „Säuferinsel“? Die Museumsmacher haben ihn das erste und bislang auch einzige Mal über das Büdchen vernommen, das sich zwischen Straßenbahn und Bruchstraße an der Ecke zur Martin-Luther-Straße befindet. Zuletzt beherbergte es eine kleine Pizzeria.
Auch auf die Kriegsküche am Hochofen sind die Ausstellungsverantwortlichen erst im Zusammenhang mit „Zum Wohl!“ zufällig gestoßen. „Wer kennt die noch aus Erzählungen?“, fragen sie die STADTSPIEGEL-Leser. Dort hat es ab 1926 auch nach deren Schließung eine Mineralwasserfabrik für Werksangehörige gegeben. Wasser mit und ohne Fruchtsaft gab es da. Hermine „Mimi“ Kumpmann war dort die Chefin. Sie war die Ernährerin der Familie während der Weltwirtschaftskrise.
Ihre Enkeltochter Rita Majsner hat das den Museumsmitarbeitern erzählt. Diese Erinnerungen werden genauso Bestandteil einer „Erinnerungswand“ bei der Ausstellung werden, wie hoffentlich noch die von vielen Hattinger und Niedersprockhövelern. Zur Kneipenkultur haben bereits Friedel Diergardt und Werner Traxler ausführliche Erzählungen beigesteuert.

Wer helfen kann, die Ausstellung „Zum Wohl!“ um viele Hattinger Geschichten zu bereichern und zu einem echten Höhepunkt im kulturellen Leben dieser Stadt werden zu lassen, der kann sich wenden an die wissenschaftliche Volontärin im LWL-Industriemuseum Henrichshütte, Astrid Blum, Tel.: 02324-9247118. Seinen Namen muss übrigens niemand für die Ausstellung unbedingt zur Verfügung stellen, wenn er nicht möchte, eine schöne Geschichte rund um „Zum Wohl“ oder Bilder oder andere Erinnerungsstücke genügen!

So machten Hochofen-Arbeiter in den 50er Jahren Pause an einem der Werkskioske. Erinnerungen dieser Art werden dringend gesucht für die Ausstellung „Zum Wohl“. 
Foto: LWL-Industriemuseum Henrichshütte
Aus den 70er Jahren stammt dieses Foto von einer Pause in der Messwarte des Hochofens.
Foto: LWL-Industriemuseum Henrichshütte
Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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