Keine Schullaufbahn ohne Abschluss

Berit H'loch wirbt für die neuen Kurse zum Schulabschluss. Ohne Abschluss keine Ausbildung. Foto: Pielorz
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Die Ferien sind bald vorbei, dann geht die Schule wieder los. Doch es gibt sie immer noch: Junge Menschen, die nach zehn Jahre die Schule verlassen und damit der Schulpflicht Genüge getan haben. Einen Abschluss haben sie nicht, denn ihre Noten sind einfach zu schlecht. Fünfer und Sechser gibt es reichlich und eben nur ein Abgangszeugnis. Damit aber ist nichts anzufangen. Die Hattinger Volkshochschule bietet auch in diesem Jahr wieder die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss Klasse 9 oder die Fachoberschulreife in der Abendschule zu absolvieren.

„In der Regel handelt es sich bei den jungen Menschen um Schulverweigerer. Sie haben nicht einmal blau gemacht und waren Kaffee trinken, sondern sie haben monatelang die Schule nicht betreten. Oft sind die sozialen Umstände prekär. Wenn man als Jugendlicher erlebt, dass Vater und Mutter keine Arbeit haben und morgens ausschlafen, motiviert das den Nachwuchs nicht unbedingt“, weiß Berit H’loch von der Volkshochschule aus jahrelanger Erfahrung in der Beratung zu berichten. Doch sie weiß auch: Ohne Abschluss keine Chance auf Ausbildung. „Diejenigen, die die Fachoberschulreife erwerben möchten, tun sich etwas leichter. Sie haben oft konkrete Vorstellungen, was sie machen möchten und sind auch nicht ganz so schlecht. Viele von ihnen wollen beispielsweise in die Pflege gehen und dazu brauchen sie den Abschluss.“
Den kann man durch den Unterricht von Montag bis Donnerstag zwischen 18 und 21 Uhr nach zwei Jahren erwerben. Nach einem Jahr kann man den Hauptschulabschluss bekommen. Unterrichtet werden die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Gesellschaftslehre, Biologie und Musik. „Die Stundenzahl ist verglichen mit dem normalen Schulunterricht natürlich geringer. Das bedeutet, die Jugendlichen müssen auch Einsatz zeigen und regelmäßig zuhause lernen“, so H’loch.

Schulabschluss ist ein Muss

Voraussetzung ist für den Hauptschulabschluss nur die Erfüllung der Schulpflicht und für die Fachoberschulreife der Hauptschulabschluss. Die Kurse sollen wieder ab 19. September starten. Allerdings: Es fehlen noch Teilnehmer. „Früher war die Nachfrage riesig, doch das hat sehr abgenommen. Den Hauptschulabschluss-Kurs haben wir im letzten Jahr schon ausfallen lassen müssen. In diesem Jahr haben wir dafür und für die Fachoberschulreife nur jeweils fünf Teilnehmer und es müssen noch einige dazu kommen, damit wir den Kurs laufen lassen können. Zum einen liegt das daran, dass sich immer mehr Anbieter auf dem Feld tummeln, zum anderen werden die Interessenten für einen Hauptschulabschluss weniger. Trotzdem gibt es noch junge Leute, für die die kleinen Gruppen an der Volkshochschule die wahrscheinlich letzte Chance sein dürften, ihre marode Schulkarriere noch zu einem Abschluss zu bringen“, sagt die Fachfrau. Dabei müssen die Teilnehmer eine gewisse Motivation schon mitbringen: „Es ist natürlich toll, abends mit den Kumpels abzuhängen und den Sommer zu genießen. Das macht mehr Spaß als zu lernen. Und wir haben eben die Abendstruktur, weil eigentlich daran gedacht war, dass die Teilnehmer tagsüber arbeiten“, so H’loch.
Übrigens: Von den Flüchtlingen als mögliche Kursteilnehmer profitiert die Volkshochschule dabei nicht. „Hier sind in der Regel die Sprachkenntnisse einfach zu schlecht. Vor allem beim Schreiben. Und dann wird das nichts“. Oft sei es auch so, dass besser ausgebildete Flüchtlinge keine Papiere über ihre Abschlüsse und Arbeiten aus dem Herkunftsland hätten. „Wenn beispielsweise ein syrischer Arzt seine Abschlüsse und Tätigkeiten überhaupt nicht nachweisen kann, muss er, streng genommen, hier wieder mit dem Hauptschulabschluss anfangen. Aber es gibt für viele dieser Probleme noch gar keine Regeln, wie man verfahren wird. Ich hatte auch schon einen jungen Mann hier, der seine Ausbildung in der Heimat nicht nachweisen konnte.“
Wenn sich die Teilnehmerzahl für die Kurse nicht erhöht, so werden die Kurse nicht stattfinden. Und damit schwinden auch die Chancen für diejenigen, die sich angemeldet haben.
Voraussetzung für die Anmeldung ist ein persönliches Beratungsgespräch. Dieses findet jeweils donnerstags von 15 bis 17 Uhr im Gebäude der Volkshochschule, Marktplatz 4, in Blankenstein statt.
Erfolge gibt es übrigens genug. „Ich kenne viele junge Leute, die es mit uns geschafft haben und eine Ausbildung absolviert haben. Sie haben ihr Leben einfach noch in den Griff bekommen“, sagt Berit H’loch, die übrigens in einigen Monaten aus dem aktiven Berufsleben ausscheidet. „Dann muss ich erst mal Haus und Garten in Ordnung bringen“, lacht sie. Und dann kommt sie vielleicht über das Ehrenamt auch wieder zurück.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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