8 Monate Gefängnis für Hattinger Arzt

Ein Hattinger Arzt wurde jetzt vom Strafgericht wegen versuchten Betruges zum Nachteil einer Krankenkasse zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. Staatsanwaltschaft und Gericht sahen es als erwiesen an, das der Arzt aus Hattingen maßgeblich mit beteiligt war, Gelder von einer Krankenkasse für Leistungen zu beziehen, die nicht erbracht wurden.

Einer Sachbearbeiterin der AOK Rheinland waren Ungereimtheiten bei dem Antrag auf Kostenübernahme einer Haushaltshilfe für eine Schwangere aufgefallen. Sie bat die Schwangere zu einem Gespräch. Diese erschien bei der Krankenkasse in Begleitung des Angeklagten, der sich dort als Freund der Familie der Antragstellerin und als Taxifahrer für die Schwangere vorstellte und die Gesprächsführung übernahm. Dass er der Arzt der Antragstellerin war und die entsprechende Verordnung ausgestellt hatte, sagte er nicht. „Die Antragstellerin war der deutschen Sprache nicht mächtig und sagte nur Guten Tag und am Ende Auf Wiedersehen“, so die AOK-Mitarbeiterin.

Fast viertausendfünfhundert Euro sollte die AOK für angeblich erbrachte Leistungen einer Haushaltshilfe bezahlen. Die angebliche Haushaltshilfe, so recherchierte die Sachbearbeiterin, war allerdings gleichzeitig auch in der Praxis des Arztes beschäftigt. Da diese bei einer Ganztagsbeschäftigung in der Arztpraxis nicht auch noch acht Stunden täglich als Haushaltshilfe arbeiten kann, übergab die Sachbearbeiterin den Fall an die Rechtsabteilung der AOK, die Anzeige erstattete.

Angeklagter schweigt vor Gericht
Während der angeklagte Arzt und seine frühere Patientin von ihrem Schweigerecht vor Gericht Gebrauch machten, sagte seine frühere Mitarbeiterin als Zeugin aus. Sie war zum Tatzeitpunkt Auszubildende in der Hattinger Arztpraxis. Um ihr Azubi-Gehalt aufzubessern, hatte der Angeklagte als ihr Chef vorgeschlagen, eine besser bezahlte Nebentätigkeit als Haushaltshilfe bei der Schwangeren auszuüben. Sie sollte dazu "nur einen Antrag unterschreiben". Das tat sie auch. Wie sich bei der Beweisaufnahme herausstellte, waren alle weiteren Angaben in dem Antragsformular von der Auszubildenden nicht geschrieben worden.

Da die Zeugin dann lange nichts mehr von der Sache hörte, dachte sie, es hätte sich erledigt und die Krankenkasse hätte den Antrag abgelehnt. Erst als die Kriminalpolizei in der Praxis erschien, kam der Zeugin der Verdacht, dass betrügerische Handlungen im Spiel sein könnten.

Arzt wollte Azubi-Berichtsheft nicht aushändigen
Als der Angeklagte seine frühere Auszubildende dann aufforderte, nicht zur Vernehmung zur Kripo zu fahren sondern vorher mit ihm seinen Anwalt aufzusuchen, verweigerte sie dieses, weil sie nicht lügen wollte. Danach eskalierte die Situation in der Praxis.
Der Angeklagte soll seine Auszubildende vor Patienten angeschrien haben und wollte dieser ihr Berichtsheft, welches sie für die Ablegung der Prüfung brauchte, nicht aushändigen.

„Er nahm mir den Schlüssel für die Praxis ab und wollte mich dort nie wiedersehen“, sagte die Zeugin. Die von der Staatsanwaltschaft angeklagte Nötigung bestätigte sich nicht. „Er hat mich nur am Arm festgehalten, ich konnte dann aber mein Berichtsheft nehmen und gehen“ sagte die frühere Auszubildende des Hattinger Arztes. Sie hat inzwischen ihre Prüfung mit Erfolg abgelegt und arbeitet in einer auswärtigen Arztpraxis als medizinische Fachangestellte. Unmittelbar nach der Eskalation in der Arztpraxis ging sie zur Polizei und sagte aus.

Angeklagter bereits vorbestraft
Der Arzt aus Hattingen ist in der Vergangenheit schon wegen verschiedener Delikte mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und steht noch unter laufender Bewährung einer offenen Freiheitsstrafe von 9 Monaten.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Nagler sah keinen Vorsatz seines Mandanten bei der angeklagten Tat und plädierte auf Freispruch.

Staatsanwalt Phillip Vroomen sah den angeklagten versuchten Betrug zum Nachteil der AOK als erwiesen an. Er beantragte tat- und schuldangemessen eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten. Voraussetzungen für eine Bewährung sah er bei dem vorbestraften Angeklagten nicht.

Acht Monate Gefängnis ohne Bewährung
Richter Kimmeskamp schloss sich in seinem Urteil diesem Plädoyer an. „Im Namen des Volkes“ wurden acht Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung verkündet. In seiner Urteilsbegründung führte Richter Kimmeskamp aus, der Hattinger Arzt sei maßgeblich mit beteiligt gewesen, Gelder von der AOK für Leistungen zu beziehen, die nicht erbracht wurden. Die Manipulationen beim Antragsformular seien maßgeblich durch den Angeklagten vorgenommen worden. Da dieser als tätiger Arzt zum dritten Mal straffällig wurde, sei die Einräumung einer Bewährung nicht möglich.

UPDATE: Rechtsmittel eingelegt
Gegen das Urteil hat der Angeklagte inzwischen Rechtsmittel eingelegt.

Staatsanwalt Phillip Vroomen kündigte noch im Gericht an, ein separates Verfahren gegen die Begünstigte der AOK-Zahlung, die frühere Patientien des Arztes, einzuleiten.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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