Wir sind Hattinger: Heinrich Puth

Der Gründer der Seilerei, Heinrich Puth. Foto: Stadtarchiv Hattingen
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Der Name Heinrich Puth (1821-1912) ist mit dem Hattinger Ortsteil Blankenstein eng verbunden. Warum der junge Mann 1843 mit 22 Jahren nach Blankenstein kam, ist nicht bekannt. Möglicherweise war er auf Wanderschaft. Er fand zunächst bei dem Blankensteiner Bergseilermeister Dünnbier Arbeit, machte sich aber nach einem Streit mit ihm selbständig und gründete 1848 die Seilwerke Heinrich Puth Kommanditgesellschaft. Sie entwickelten sich zu einem der wichtigsten Arbeitgeber in Blankenstein. Er starb im Alter von 91 Jahren 1912, seine Firma hingegen entwickelte sich zunächst prächtig weiter.

Ohne die Hilfe der Alt-Eingesessenen hätte sich das Geschäft des jungen Mannes aber kaum entwickeln können. Landwirt Haarmann-Drenhaus stellte ihm ein Grundstück zur Verfügung, auf dem Puth eine Seilbahn aufstellte. Die Seile wurden vor allem für den Bergbau hergestellt, doch stellte man auch Haushaltsgarne her. Die Förderseile waren bei den umliegenden Zechen sehr gefragt. 1852 lieferte Puth das erste handwerklich hergestellte Drahtseil. 1859 flatterte ein Großauftrag von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn ins Haus: Puth sollte ein drei Kilometer langes Drahtseil herstellen. Doch das überstieg die Kapazität der Produktionsstätte. Er ließ es in den Ruhrwiesen mit tatkräftiger Hilfe zahlreicher Bürger herstellen. In den 1870er Jahren ließ er ein Fabrikationsgebäude für aus England importierte dampfbetriebene Verseilmaschinen errichten. In der Spinnerei wurden Hanfgarne und das begehrte Sisal-Bindegarn für die Landwirtschaft hergestellt. Auch Seile aus Kunststoff wurden gefertigt. Zeitweilig waren mehr als 500 Arbeiter in der Seilerei Puth beschäftigt.
1912 starb der Gründer im Alter von 91 Jahren, seine Firma hingegen entwickelte sich zunächst prächtig weiter. Zu dem Zeitpunkt wurde die Firma gemeinsam von Gustav und Heinrich Puth geführt. Sie trennten sich und Gustav schied aus dem Unternehmen aus. An seine Stelle trat Fritz Wengeler. Ab 1927 führte dieser, der in die Familie Puth eingeheiratet hatte, die Seilerei allein, weil auch Gustav wegen des fortgeschrittenen Alters ausschied. 1935 nahm Wengeler seinen Sohn als Teilhaber auf. Neben dem Bergbau wurden Seile für die Erdölindustrie und die Schifffahrt produziert. Höhepunkt waren die sechziger Jahre. Der Seilerei Puth gelang es als erstes europäisches Unternehmen, knotenfeste Seile aus Synthetik herzustellen.

Spukt es in der alten Villa?

Der Niedergang des Unternehmens war aber nicht mehr aufzuhalten. Ende der siebziger Jahre wird ein Vergleichsverfahren beim Konkursgericht wegen Zahlungsunfähigkeit beantragt. Der Grund war eine 2,5 Millionen Mark teure Patentieranlage. Diese sollte Drähte heizen und ziehen und damit den Betrieb modernisieren. Doch die Maschine hielt nicht das, was man sich versprochen hatte und wurde zu einer gigantischen Fehlinvestition. Bis 1981 entstand eine Deckungslücke von 7,5 Millionen Mark. Negative Schlagzeilen wie „Giftstoffe im Boden“, „Firmenchef festgenommen“, „Nach Konkurs Betrugsanklage“ häuften sich 1981, als die Firma Konkurs anmelden musste und die letzten 150 Beschäftigten ihre Arbeit verloren. Gebäude und Gelände lagen bis 1998 brach.
Das Areal wurde 1998 von den Hattinger Wohnstätten ersteigert (hwg). Die Firma Jessberger und Partner führte ab April 1999 eine Altlastensanierung durch. Für das neue Bebauungskonzept gab es einen Wettbewerb. Die Bauarbeiten begannen 2003. Die alte Fassade und die Werkstatt blieben erhalten und wurden in den neuen Wohn- und Einkaufskomplex des Quartiers Puth integriert.
Die Bruchsteinwand ist heute das letzte Zeugnis der traditionsreichen 1848 von Heinrich Puth gegründeten Seilwerke. Wo heute Kunden ein- und ausgehen, verließen einst tonnenschwere Förderseile ihre Fabrikationsstätte. Auch eine Heinrich-Puth-Straße erinnert an den bekannten Hattinger oder mit Seilerweg an die alte Zeit.
Übrigens: Um die Villa Puth an der Sprockhöveler Straße 19 ranken sich alte Geschichten vom Spuk. Der alte Puth soll immer noch als Geist mit seinen Hunden umgehen und wenn man ihn anleuchtet, dann verschwindet er. Auch Geräusche aus der Villa will man gehört haben. Dirk Sondermann hat dies in den „Hattinger Sagen“ beschrieben. Es gibt auch noch weitere Puth-Villen im Ort und immer wieder tauchen auf Auktionen oder im Netz alte Werbeplakate der Seilerei auf.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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