Wir sind Hattinger: Karl Vaupel (1896-1968)

Ein Werk aus der Hand von Karl Vaupel. Eines seiner Werke wurde als entartete Kunst vernichtet.
  • Ein Werk aus der Hand von Karl Vaupel. Eines seiner Werke wurde als entartete Kunst vernichtet.
  • hochgeladen von Dr. Anja Pielorz

Diesmal geht es in der Serie um den Hattinger Reformpädagogen Karl Vaupel.

Karl Vaupel war der älteste Sohn des Bergmanns Carl Ludwig und Wilhelmine Vaupel, geborene Krampe. Er wurde am 18. November 1896 in Bochum-Dahlhausen geboren. Er hatte neun Geschwister. Sein Vater verunglückte 1905, musste einige Jahre von der Familie gepflegt werden und blieb erwerbsunfähig. Die Mutter ernährte die Familie mit einem kleinen Handel. Karl Vaupel arbeitete zunächst ebenfalls unter Tage, entschied sich dann aber für den Lehrerberuf.
Nach dem Abschluss der Volksschule bereitete er sich drei Jahre zum Volksschullehrer auf der Präparandie in Essen vor. Er wurde im Krieg verwundet und besuchte die „Urlaubsschule“ des Reformpädagogen Berthold Otto in Berlin, danach ein Lehrerseminar in Hattingen. Noch im Soldatenrock absolvierte er sein Lehrerexamen mit Auszeichnung und erhielt 1919 eine Lehrerstelle an der zweiklassigen Volksschule Balkhausen in Nierenhof.

Vaupel als Mitbegründer der Freilichtspiele Isenberg

Karl Vaupel schrieb Kinderbücher und war Mitglied der Künstlervereinigung „Ruhrland“, die 1923 von dem in Hattingen geborenen Maler und Arbeiterdichter Otto Wohlgemuth ins Leben gerufen wurde. Eine Auswahl seiner Schülerbilder war auf den Ausstellungen in Gelsenkirchen, Hamburg, Mailand, London, Tokio und 1931 auf dem Pädagogischen Weltkongreß in Nizza zu sehen.
Im Frühjahr 1933 schlossen sich auf Vorschlag des Lehrers Karl Vaupel „Männer und Frauen aus dem Volke“ zu einer Laienspielschar zusammen. Gleichzeitig gründeten sie die „Freilichtspiele Isenberg als Naturbühne im Hattinger Land auf dem sagenumwobenen Berg unter Felsen und Buchen“. „Hier dichtet und spielt ein Dorf seine eigenen Spiele“, wie es im Briefkopf hieß. Im Bereich des ehemaligen Halsgrabens wurde eine Freilichtbühne angelegt, die zur Sonnenwende am 24. Juni 1933 eröffnet wurde.
In den Schauspielen, die er für die Laienaufführungen verfasste, brachte er versteckt seinen Widerstand gegen das Nazi-Regime zum Ausdruck, so dass seine Freunde nach jeder Aufführung das Schlimmste befürchteten. 1933 wurde sein Kinderbuch „Die Kinder und die Tiere. Bilder und Erzählungen von Kindern einer Dorfschule“ (1930) als entartete Kunst eingestuft und vernichtet. Vaupel leitete als Spielleiter das Unternehmen und schrieb für die Bühne, die für ihn jetzt die Welt bedeutete. Unterstützt wurde er dabei von seinem Bruder August. Viele Jahre schützte ihn auch der damalige Bürgermeister, in dem er die kritischen Passagen immer wieder als „künstlerische Freiheit“ verharmloste. Wie das „Lexikon westfälische Autoren“ berichtet, musste Vaupel dennoch 1941 zwangsweise in die Partei eintreten. Er wurde von der Gestapo beobachtet und verhört. Er stand auf der Liste derjenigen, die nach Kriegsende erschossen werden sollten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Karl Vaupel als Lehrer und Kulturschaffender von den Engländern anderthalb Jahre in ihrem Lager in Recklinghausen interniert. Er bildete sich philosophisch und sozilogisch weiter. 1947 erfolgte seine Rehabilitierung durch die Entnazifizierungskommission und er trat wieder sein Amt in der Schule an, das er seit 1937 in der zweiklassigen Schule Ketteltasche in Nierenhof ausgeübt hatte. Diese Schule war 1932 aus der Evangelischen Schule Niederwenigern und der Evangelischen Schule Balkhauser Tal hervorgegangen. Karl Vaupel leitete diese Schule von 1937 bis 1962.
Die Regierung gab ihre Zustimmung zu seiner Bitte, die dreiklassige Schule als Versuchsschule im Sinne des „Gesamtunterrichts“ umzugestalten. Sie wurde dann mit geldlicher Unterstützung des Landes NRW für diese Unterrichtsform ausgebaut. Es entstanden Gruppen-, Turn-, Bade-, Lese-, Werk-, Foto- und Lehrmittelräume, ein Lehrerzimmer und eine Schülerbücherei. Ehemalige Schüler erinnern sich an Gruppentische, die dort erstmalig erprobt wurden. Es standen Blumen auf den Tischen und es gab die ersten Drehstühle.
Während dieser Zeit schuf Karl Vaupel auf Vorschlag der Regierung in Arnsberg sein Literarpädagogisches Lesewerk, das in einer gegenwartsnahen und der jeweiligen Altersstufe angemessenen Sprache das Sachwissen und die Persönlichkeitsbildung der jungen Leser gleichermaßen fördern sollte. Die beiden ersten Bände dieses Lesewerkes, das den Titel „Lesen und Lauschen" erhielt, erschienen 1959. Bis 1961 lag dann das Gesamtwerk vor.
Im Jahre 1956 wurde der Reformpädagoge Vaupel in den „Deutschen Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen“ berufen. Er gehörte ihm bis 1965 an. Während dieser Zeit war er wesentlich an dem „Rahmenplan zur Umgestaltung und Vereinheitlichung des allgemeinbildenden öffentlichen Schulwesens“ beteiligt.
1962 beendete er seine schulische Tätigkeit als Hauptlehrer der Versuchsschule Ketteltasche in Niederbonsfeld. Er starb am 30. Juli 1968 in Essen.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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