Der Gethmannsche Garten in Blankenstein: einmalige Topografie durch hohe Vegetation entwertet

Peter Grote an den vom Heimatverein vor einigen Jahren im Gethmannschen Garten neu hergerichteten „Steinernen Tischen“ mit einer Postkartenansicht von vor gut 100 Jahren mit der Burgruine. Damals waren Burg und Ortskern sowie das Ruhrtal sehr gut zu sehen. Heute sind diese Sehenswürdigkeit (teilweise) hinter hohen Bäumen verborgen.  Foto: Römer
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  • Peter Grote an den vom Heimatverein vor einigen Jahren im Gethmannschen Garten neu hergerichteten „Steinernen Tischen“ mit einer Postkartenansicht von vor gut 100 Jahren mit der Burgruine. Damals waren Burg und Ortskern sowie das Ruhrtal sehr gut zu sehen. Heute sind diese Sehenswürdigkeit (teilweise) hinter hohen Bäumen verborgen. Foto: Römer
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Kleine Quizfrage: Sagen Ihnen Friedrichsberg, Obstbaumallee, Wilhelmshöhe, Tannenallee, Belvedere, Königsplatz, Eremitage oder gar Gertrudengrotte etwas? Wenn ja, dann sind Sie in Sachen Heimatkunde überdurchschnittlich bewandert, bei einem Nein bringt auch der flotte Blick in den Hattinger Stadtplan nichts.

All diese Orte nämlich sind bei einem Rundgang durch den Gethmannschen Garten in Blankenstein buchstäblich zu entdecken. Denn nicht alles ist dort mehr so zu sehen, wie es einst der Blankensteiner Tuchhändler, Bergwerksbesitzer und Schiffsreeder Carl Friedrich Gethmann (1777-1865) hat gestalten lassen.
„Heute sind die Menschen mit dem Gethmannschen Garten so zufrieden, wie sie ihn hier vorfinden“, sagt der Blankensteiner Heimatforscher und Ansichtskartensammler Peter Grote.
„Allerdings müssen wir uns bewusst machen, dass wir alle das Herausragende, die Besonderheit dieses Landschaftsgartens ja gar nicht kennen. Erst durch meine Karten mit alten Ansichten dieses touristischen Anziehungspunktes bis ins 20. Jahrhundert weit über Blankenstein hinaus habe ich erkannt, welches Kleinod wir eigentlich vor der Haustür haben. Denn das wirklich Besondere am Gethmannschen Garten ist seine höchst interessante Höhengliederung, seine Topografie, und auch seine Sichtachsen.“
Die allerdings sind heutzutage nahezu alle verschwunden: zugewuchert oder zugewachsen durch teilweise 30 Meter hohe Bäume.
„Früher“, bringt Peter Grote in Erinnerung, „früher hat man von hier aus sogar die Herrmannshütte, 21 Kilometer Luftlinie entfernt in Dortmund gelegen, mit ihren prägnanten vier Schornsteinen erkennen können. Heute liegt dort der Phönixsee.“
Der Heimatkundler verweist auf alte Zeichnungen und Foto-Aufnahmen: „Auf einer 1880 skizzierten Ansicht von Blankenstein sehen wir die drei hohen Lärchen unterhalb des Friedrichsbergs neben den steinernen Tischen im Gethmannschen Garten. Auch der fast höchste Punkt in Blankenstein befindet sich dort: die mittlerweile nahezu völlig zugewachsene Wilhelmshöhe mit 166,4 Metern, der Turm der heutigen Burg Blankenstein misst nur 1,6 Meter mehr. Die Gartenfläche ist rundum erhöht in einer herrlichen Höhenlage und die ist dem Ruhrtal leicht ,zugeneigt‘. Die ursprüngliche bewusst angelegte niedrige Vegetation lässt sogar zu, dass die große Wiese von der Ruhr aus zu sehen ist. Der Gethmannschen Garten ist überwiegend offen gestaltet und verbindet sich mit dem weiten hügeligen Umland, ist sozusagen dort eingebettet. Hier gibt es demzufolge rundum fantastische Panoramasichten in die angrenzende Ruhrlandschaft. Die einfache, aber erfolgreiche Handlungsdevise von Carl Friedrich Gethmann beim Anlegen seines Landschaftsgartens lautete: Die einzigartige Topographie mit einer niedrigen Vegetation für die freien Sichten voll auszuschöpfen. Früher konnte man sogar vom Belvedere aus die Burg sehen.“

Heute ein besserer Wald mit einer großen Wiese

Daher bemängelt Peter Grote: „Der Gethmannsche Garten ist zu einem besseren Wald mit einer großen Wiese geworden. Ein Wald aber ist kein Landschaftsgarten mehr. Bäume waren früher hier natürlich auch vorhanden, sie stellten aber Gestaltungselemente dar wie Obstbaumallee, Tannenallee, Grünes Zimmer, Buchengang, Kastanienlaube, Tannenlauben, drei Lärchen auf dem Lärchenplatz sowie Einzelbäume. Die Standorte dieser Bäume wurden im Hinblick auf die Topographie hinsichtlich optimaler Sichtverhältnisse ausgewählt. Heute ist vom Burgturm Blankenstein aus das Ausmaß der Verwaldung gut zu erkennen. Im 19. Jahrhundert gab es dieses Pro­blem nicht, denn es wurde viel Brennholz zum Heizen und Kochen verbraucht. Die einmalige Topographie vom Gethmannschen Garten wird durch die hohe Vegetation entwertet. Der Wald isoliert den Garten, widerspricht regelrecht dem Wesen eines Landschaftsgartens. Er hat dadurch nur noch eine geringe Bedeutung und touristische Anziehungskraft.“
Seit September 2008 ist der Gethmannsche Garten als schutzwürdiges Kulturdenkmal anerkannt. Heute wird die Parkanlage von der Stadt Hattingen unterhalten, ohne dass besondere, auf den Erhalt des kulturhistorischen Wertes der Anlage abzielende Maßnahmen erfolgen. Zur Zeit werden nur Arbeiten wie Rasen- und Gehölzschnitt durch städtische Gärtner durchgeführt. Diese eingeschränkte Pflege des Gartens macht im Jahr rund 15.000 Euro im Stadtsäckel aus, die jedoch bei weitem nicht ausreichen, um den Gethmannschen Garten wieder in einen annähernd ursprünglichen Zustand zu versetzen, stellt die Stadt in einer Verwaltungsvorlage noch in diesem Jahr fest.

"Gepflegten Grundzustand der Gartenanlage erreichen"

Oberstes Ziel sollte es sein, heißt es darin weiter, wieder einen gepflegten Grundzustand der Gartenanlage zu erreichen und dieses Niveau zu halten. Angestrebt wird die Erhaltung und Instandsetzung des historischen Bestandes und die weit mögliche Entfernung störender Veränderungen. Durch Fällung einiger Koniferen, auch auf Privatgrundstücken, sei zumindest der Blick auf Burg Blankenstein wieder erlebbar.
Zur Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen soll als erster Schritt ein entsprechendes Konzept unter Berücksichtigung der Gartendenkmalpflege durch ein Planungsbüro erstellt werden. Die dafür notwendigen Mittel von geschätzt 40.000 Euro werden für den Haushalt 2016 durch die Verwaltung angemeldet. Des weiteren wird sie prüfen, inwieweit es Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Fördermitteln für bauliche Maßnahmen gibt. Insgesamt schätzt die Stadt die Kosten für eine Sanierung des Gethmannschen Gartens auf rund 300.000 Euro.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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