Flüchtlinge: Erstaufnahme in Hattingen und Sprockhövel

Ein Blick in die Erstaufnahme in Hattingen Foto: Pielorz
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Zunächst hat sich die Erstaufnahme der Flüchtlinge auf Städte mit Einwohnern oberhalb der 50.000 bewegt. Hattingen ist schon seit August Erstaufnahmestation des Landes NRW. Nun wird auch Sprockhövel mit 25.000 Einwohner in die Pflicht genommen. Die Sporthalle Haßlinghausen wird Erstaufnahmeeinrichtung.

Die Kreisverwaltung des Ennepe-Ruhr-Kreises wurde von der Bezirksregierung Arnsberg darüber unterrichtet, dass die Einrichtung von weiteren Erstaufnahmeeinrichtungen im Ennepe-Ruhr-Kreis notwendig wird. Im Rahmen der Erstaufnahme ist mit 150 Flüchtlingen zu rechnen.
Aufgrund der bereits vorhandenen Logistik bei der Turnhalle Haßlinghausen und der teilweisen Nutzung des Vorraums hat der Krisenstab bei der Stadtverwaltung aufgrund der gebotenen Eile die Sporthalle Haßlinghausen für die Erstaufnahme bestimmt. Die Schulleitungen der Gesamtschule und des Grundschule sind darüber informiert, dass die Sporthalle ab sofort nicht mehr zur Verfügung steht. Der Stadtsportverband ist gleichfalls darüber informiert worden, dass die Halle nicht mehr genutzt werden kann. Das Weltkindertagfest am Samstag, 19. September, findet in der Sporthalle in der benachbarten Kreissporthalle statt.

Erstaufnahme jetzt auch in Sprockhövel

Für Hattingen ist die Erstaufnahme mindestens Routine, fast schon Alltag, geworden. Seit August ist die Turnhalle an der Talstraße als Erstaufnahmeeinrichtung vorzuhalten und dies zunächst für ein halbes Jahr. Bis zu 190 Menschen finden dort ein Dach über dem Kopf.
Mittlerweile ist auch das angrenzende ehemalige Schulgebäude der Förderschule St. Georg einbezogen worden. „Das wurde notwendig, weil wir auch schon einmal Menschen kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen isolieren mussten“, berichtet Christine Freynik, Leiterin des Fachbereiches Bürgerservice, Rechts- und Ordnungsangelegenheiten.
Das Gelände rund um die Turnhalle in der Talstraße ist abgespert, ein Sicherheitsdienst ist rund um die Uhr vor Ort. das dient allerdings vor allem dem Schutz der Flüchtlinge und der Identität, welche Menschen die Unterkunft betreten und welche sie verlassen. Denn die Flüchtlinge dürfen sich selbstverständlich frei bewegen. Allerdings wird niemand unkontrolliert das Gelände betreten oder verlassen. Alle Bewohner haben nach einem ersten Versuch mit Armbändchen Chipkarten mit ihrem Foto erhalten – das ist einfacher, sie zu identifizieren. Nur zweimal habe man bisher die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen müssen und man wolle, dass dies so bleibt.
In der medizinischen Erstversorgung hat MedCareProfessional zunächst die Arbeit übernommen und wird dies bis Ende September auch weiterhin leisten. Dann übernimmt der Arbeiter-Samariter-Bund Regionalverband Ruhr (ASB), der seit dieser Woche die Leitung der Notunterkunft übernommen hat, auch diesen Bereich. Der ASB wird in Hattingen gemeinsam mit den Wittener Kollegen arbeiten und betreut und leitet in NRW insgesamt Unterkünfte von rund 6000 Flüchtlingen. „Wir waren mit der Arbeit von MedCareProfessional sehr zufrieden, aber wir wollten einen klassischen Betreuungsverband haben. In Witten beispielsweise macht dies das Deutsche Rote Kreuz, doch die Hattinger können diese Logistik nicht vorhalten“, erklärt Personaldezernent Frank Mielke, der auch die Aufgaben des Kämmerers vorläufig übernommen hat. Bekanntlich wechselte Hattingens Kämmerer Dr. Frank Burbulla in eine neue Position nach Herne.
Mit zehn Personen plus ehrenamtliche Helfer ist der ASB jeden Tag rund um die Uhr im Schichtdienst in der Talstraße vertreten. Wichtig ist hier die Zusammenarbeit mit den anderen Organisationen, zum Beispiel einem Reinigungsdienst (der ebenfalls rund um die Uhr arbeitet), einem Cateringunternehmen, dem HAZ und vielen weitere Kräften. Für die Kinder wurde ein Spielzimmer eingerichtet. Die Erwachsenen verbringen ihren Tag oft am Handy, aber auch mit Gesellschaftsspielen oder dem Erlernen der deutschen Sprache. „Wir versuchen, dem Alltag so etwas wie Struktur zu geben“, sagt Thorsten Jung, Geschäftsführer des ASB Regionalverband Ruhr. „Geweckt wird morgens gegen sechs Uhr, zumindest geht dann das Licht an. Es gibt feste Essenszeiten und es kommen immer wieder ehrenamtliche Helfer wie Erzieher oder Dolmetscher.“
Der ASB möchte übrigens lieber von „Gästen“ als von „Flüchtlingen“ sprechen.
„Die meisten Gäste, die nach Hattingen kommen, sind jung und männlich. Sie sind mit einem Schlepper nach Deutschland gekommen und wurden bereits namentlich erfasst. Ihre Familien haben Geld für die Flucht bezahlt und sich aus der Familie denjenigen ausgewählt, der die besten Chancen hat, das Ziel zu erreichen. In Hattingen werden sie zunächst von uns registriert, medizinisch untersucht und versorgt. Im Einsatz sind zusätzlich mobile Einsatzteams der Regierung, die die sogenante „BÜMA“, die „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ vergeben. Dann kommt der Asylsuchende in eine Aufnahmestelle, stellt dort den förmlichen Asylantrag“, beschreibt Christiane Freynik das zu durchlaufende Verfahren. Personaldezernent Frank Mielke geht von weiter steigenden Zahlen aus. „Die Talstraße wird nicht mehr ausreichen. Wir werden dann das leerstehende nahe ehemalige Schulgebäude nutzen. Und wir lassen gerade noch Container anliefern, um beispielsweise dann dort auch mal jemanden isolieren zu können.“
Niemand spricht hier über die Kosten. Die, die durch das Erstaufnahmeverfahren im Rahmen der Amtshilfe entstehen, sollen durch das Land abgedeckt werden. Die Personalkosten der städtischen Mitarbeiter sind noch nicht geklärt – gibt es eine Pauschale? Und vor allem: Wann fließt das Geld? „Ich habe die Hoffnung, dass es schnell geht, denn das geht ja zu Lasten der Liquidität der Stadt. Aber ich habe Signale bekommen, die diese Hoffnung dämpfen“, so Mielke.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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