Kinderorthopädie: Hüftschnupfen und verbogene Wirbel

Dr. Holger Lohmann Foto: Praxis AMC-Klinik
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Dr. Holger Lohmann ist Kinderorthopäde. Das ist ein Spezialgebiet der Orthopädie, das sich mit angeborenen und erworbenen Deformitäten und Erkrankungen des Bewegungsapparates bei Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Dabei nutzt man das bestehende Wachstumspotenzial bewusst aus. Im Rahmen der Elternreihe „Hattingen hat interessierte Eltern“ erklärte der Arzt, worauf man achten muss und welche Erkrankungen besonders oft vorkommen.

„Zunächst einmal muss man sagen, dass vieles normal ist. Aber von der Normalität gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Viele Eltern kann ich in der Beratung beruhigen, aber manchmal gibt es eben Handlungsbedarf.“ Drei Bereiche machen den Großteil von Deformitäten aus: Probleme mit der Hüfte, mit dem Fuß und mit dem Rücken. In allen Bereichen gibt es viele verschiedene Erkrankungen, die in unterschiedliche Schweregrade eingeteilt werden und individuell behandelt werden müssen.
Bei der Hüfte ist es die Hüftdysplasie, deren Untersuchung ein Bestandteil der kindlichen Vorsorgeuntersuchungen (U 3) ist. Sie kann aber auch schon früher stattfinden. Dazu rät der Arzt, denn sollte eine Behandlung notwendig sein, ist diese umso besser durchzuführen, je jünger das Kind ist. Probleme macht auch der sogenannte „Hüftschnupfen“, der in der Anfangsphase oft mit Morbus Perthes verwechselt werden kann. Der „Hüftschnupfen“ ist eine keimfreie Entzündung des Hüftgelenkes und äußert sich durch Humpeln und Knieschmerzen. Er kann durch einen grippalen Infekt ausgelöst werden und ist nach wenigen Wochen meistens verschwunden. Nicht zu verwechseln ist er mit Morbus Perthes. Die Symptome sind ähnlich, aber hier stirbt Knochengewebe im Hüftkopf ab. Ursache ist meistens eine Durchblutungsstörung und diese Krankheit muss behandelt werden, um eine Hüftarthrose schon in jungen Jahren zu verhindern. Manchmal ist auch eine Operation nötig.

Hüfe, Fuß und Rücken

Fußdeformitäten zählen zur zweiten großen Gruppe der Patienten. „Viele Eltern kommen mit Kindern, die einen Knick-Senkfuß haben. Die Ferse knickt nach innen weg, die Fußsohle liegt ganz auf, die Füße zeigen beim Gehen nach außen. In vielen Fällen baut sich diese Störung oder Verzögerung der Fußreifung selbst wieder zurück. Es gibt bestimmte Wachstumsschübe, in denen das geschieht. Das muss meistens nicht behandelt werden“, zeigt Dr. Holger Lohmann an Bildern.
Er verweist auf einen einfachen Test, der zur weiteren Diagnose in der kinderorthopädischen Praxis durchgeführt wird. Wussten Sie übrigens, dass Kinderschuhe immer zwischen 12 und 17 mm länger sein sollten als die Kinderfüße?
Der dritte große Bereich, der vor allem, ähnlich wie bei der Hüfte, mehr Mädchen als Jungen betrifft, ist die Skoliose, also die fixierte seitliche Verbiegung der Wirbelsäule, die größer als zehn Grad ist. „Wenn junge Mädchen zu mir in die Praxis kommen, frage ich in diesem Zusammenhang nach der ersten Regelblutung. Sie ist ein Zeichen dafür, wie lange die Wirbelsäule noch wachsen wird und damit die Chance einer Verkrümmung besteht. In der Regel wächst die Wirbelsäule zwei Jahre nach der ersten Regelblutung nach. Aber nicht jede Krümmung ist auch eine Skoliose.“
Sollte diese doch festgestellt werden, ist die Therapie abhängig vom Grad der Verkrümmung. In leichten Fällen reicht eine spezielle Krankengymnastik aus, in Fällen zwischen zwanzig und 25 Grad muss mit einem Korsett therapiert werden, welches bis zu 23 Stunden am Tag getragen werden muss. Der Zeitraum ist unterschiedlich, es kann mehrere Jahre dauern. Bei einer Verbiegung von vierzig Grad und mehr kann nur noch eine Operation helfen, die allerdings im Krümmungsbereich mit Hilfe von Schrauben und Stangen zu einer lebenslänglichen Versteifung führt. Die Operation ist auch nicht ohne Risiko, denn das Rückenmark kann verletzt werden und der Patient dadurch sein Gehvermögen einbüßen. In der Regel wird während der OP ein sogenannter Aufwachtest durchgeführt, das bedeutet ein kurzes Aufwachen des Patienten und das Feststellen, ob die Beine bewegt werden können. Wenn nicht, müssen die Operateure sofort korrigieren, bevor sie den Rücken wieder verschließen. Woher eine Skoliose kommt, weiß man nicht genau. Genetische Vorbelastungen werden angenommen, aber genaue Informationen hat die Medizin noch nicht.
Deshalb ist es wichtig, junge Menschen regelmäßig kontrollieren zu lassen und auch bei von Vorsorgeuntersuchungen durch die Kinderärzte gezielt nachzufragen. In unsicheren Fällen oder bei Vorbelastungen sollte ein Gang zum Kinderorthopäden folgen.

Kontakt: AMC-Klinik, August-Bebel-Straße 8-10, 45525 Hattingen, Telefon 02324/92590; Kinderorthopädische Sprechstunde dienstags 16 bis 18 Uhr sowie freitags 8 bis 9 Uhr (nach Terminvergabe).

Dr. Holger Lohmann Foto: Praxis AMC-Klinik
Beim Vortrag im Alten Rathaus. Foto: Pielorz
Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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