Peter Dresia (60): Schon sein halbes Leben lang zeigt der Hattinger Wege aus der Sucht

Peter Dresia vor seinem Arbeitsplatz im Café Sprungbrett“ am Steinhagen 19. Der Diplom-Sozialarbeiter, Betriebswirt, Sozialtherapeut und approbierte Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut ist Geschäftsführer vom gemeinnützigen Verein Sprungbrett.   Foto: Römer
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  • Peter Dresia vor seinem Arbeitsplatz im Café Sprungbrett“ am Steinhagen 19. Der Diplom-Sozialarbeiter, Betriebswirt, Sozialtherapeut und approbierte Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut ist Geschäftsführer vom gemeinnützigen Verein Sprungbrett. Foto: Römer
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Peter Dresia ist nicht nur alter Hattinger, sondern auch sonst nicht ohne – bezogen auf seinen Lebenslauf. Vor kurzem ist er nämlich 60 Jahre jung geworden und seit 30 Jahren in der ambulanten Suchthilfe tätig. Mit anderen Worten: Sein halbes Leben hat er damit zugebracht, anderen Menschen zu helfen, einen Weg aus der Sucht heraus zu finden, hat sie auf diesem Weg begleitet und beraten, ihnen dabei geholfen, ein anderes, wieder menschenwürdiges Leben zu führen.

30 Jahre ambulante Suchthilfe: Da weiß ein „alter Hase“ wie Peter Dresia so einiges zu erzählen, der in diesen drei Jahrzehnten bis zu seinem jetzigen Beruf, besser seiner Berufung, als Geschäftsführer des suchtmittelfreien Cafés Sprungbrett am Steinhagen 19 und vor allem der dazu gehörigen Beratungsstelle für Suchtkranke und deren Angehörige so einiges erlebt hat an gesetzlichen und auch sozialen Veränderungen.
Da der Diplom-Sozialarbeiter, Betriebswirt, Sozialtherapeut und approbierte Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut so viel zum Thema zu sagen hat, geben wir ihm dazu in dieser und einer der nächsten Veröffentlichungen auf Lokalkompass.de die Gelegenheit.
Zum Auftakt blickt Peter Dresia zurück auf seine erste Zeit. „Mein letztes Ausbildungsjahr habe ich bei der Caritas hier in Hattingen gemacht“, erinnert er sich und fährt schmunzelnd fort: „und jetzt gehe ich bald hier in Hattingen in Rente. Obwohl ich eigentlich daran noch keinen Gedanken verschwende. Ich werde so lange arbeiten, wie es mir die Gesundheit erlaubt, und würde gerne noch weitere zehn Jahre meines Lebens in die Arbeit hier stecken“

"Verhandlungen über Fördergelder - die schlauchen"

Was ihn allerdings „schlaucht“, das ist „in Verhandlungen über Fördergelder zu treten. Die Arbeit mit Suchtkranken macht mir genauso viel Spaß wie am ersten Tag. Daher führe ich lieber fünf Einzelgespräche mit schwierigen Fällen als einmal Gespräche über Finanzförderung, um unsere Arbeit weiterhin gesichert fortführen zu können.“
Was den 60jährigen seit seinen Berufsanfängen stets gestört hat: „Missbrauch hat immer mit Maßlosigkeit zu tun“, sagt Peter Dresia. „Das findet sich nicht nur im Suchtverhalten wieder, sondern auch in vielen Diskussionen. Das ist man in den Niederlanden lockerer drauf. Beispielsweise gab es bei uns in Deutschland seinerzeit eine Riesen-Diskussion um Methadon. Es gab darüber hier nur ein entweder oder, keinen Mittelweg. Heute stellt niemand mehr Methadon infrage. Gleiches gilt fürs Thema weiche Drogen. Auch hier wird konträr diskutiert. Allerdings habe auch ich nach 30 Jahren immer noch keine feste Meinung dazu, neige aber zur Freigabe, weil man dadurch die Märkte vom Heroin trennt. Andererseits habe ich in der Praxis Fälle erlebt, dass Cannabis mit seinem im Gegensatz zu früher fünfmal so hohen Wirkstoffgehalt zu psychotischen Störungen wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen führt. Daher gibt es wahrscheinlich in der Freigabe keinen Königsweg, sondern nur ein sowohl als auch. Eine Freigabe löst keine Probleme, andererseits haben Jugendliche kein Unrechtsbewusstsein beim Cannabis-Konsum.“

Milliarden für Strafverfolgung, aber kaum Mittel für die Prävention

Daher ärgert Peter Dresia, dass Jahr für Jahr Milliarden Euro in die Strafverfolgung fließen: „Denn in die Prävention gehen viel zu wenig Mittel. Dabei kommen jedes Jahr Unsummen durch die legalen Drogen per Branntweinsteuer und Tabaksteuer ins Steuersäckel. Und das neue Präventionsgesetz kommt zu spät, denn es wäre vor Jahren das Gleiche billiger zu bekommen gewesen.“
Seiner Meinung nach haben Schulen und Kindergärten immer mehr Erziehungsaufgaben aufgebürdet bekommen, was für ihn den Streik der Erzieher nachvollziehbar macht. Gleichzeitig meint er aber auch, dass die Eltern bei Prävention nicht versagt hätten. Es gebe heute immer mehr Alleinerziehende, in unserer Zeit sei das der Hauptgrund für Armut: „Früher haben die Menschen über zu viel Arbeit geklagt und es kam das Burn-Out-Syndrom auf. Heute gibt es viel zu wenig zu tun, weil immer mehr ohne Arbeit sind. Da ist Langeweile idealer Nährboden für eine Sucht, so dass wir heute von einem Bore-Out sprechen.“
In einer der nächsten Veröffentlichungen spricht Peter Dresia über Suchtprophylaxe an Schulen, Einstiegsdrogen und das Phänomen „Sucht im Alter“!

Infos zum Café Sprungbrett, Steinhagen 19, Hattingen

 Der gemeinnützige Verein Sprungbrett wurde 1997 als Förderverein zur Suchtarbeit für Hattingen und Sprockhövel von Betroffenen und deren Angehörigen gegründet.
 Ziel sollte sein, auch anderen Betroffenen gleiche Chancen der Suchtbewältigung zu eröffnen, wie sie ihnen selbst noch offen standen.
 Auch nichtbetroffene Menschen verschiedenster Berufsrichtun­gen gehören inzwischen dem Verein an. Sie haben ebenfalls die gesellschaftspolitische Bedeutung und Notwendigkeit einer gestärkten Suchtarbeit erkannt.
 Förderverein zur Suchtarbeit Sprungbrett e.V.,
Steinhagen 19,
45525 Hattingen, Tel.: 02324-5969711, Fax: 02324-5969722; E-Mail: pdresia@sprungbrett-e-v.de

Lesen Sie zum Thema auch das hier von und überPeter Dresia!

Peter Dresia vor seinem Arbeitsplatz im Café Sprungbrett“ am Steinhagen 19. Der Diplom-Sozialarbeiter, Betriebswirt, Sozialtherapeut und approbierte Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut ist Geschäftsführer vom gemeinnützigen Verein Sprungbrett.   Foto: Römer
Peter Dresia beim Gespräch im suchtmittelfreien „Café Sprungbrett“, Steinhagen 19.  Foto: Römer
Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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