Auf der Spur der lautlosen Jäger - Abendliche Fledermaus-Kartierung

Der sogenannte „Bat-Detektor“ ist Meike Hötzels wichtigstes Hilfsmittel bei einer Fledermaus-Kartierung.
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Aus der Tiefe der heraufziehenden Nacht tauchen sie plötzlich auf. „Das sind Zwergfledermäuse auf Nahrungssuche“, vermutet Diplom-Biologin Meike Hötzel. Der „Bat-Detektor“ bestätigt dies im nächsten Moment. Er macht die normalerweise für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbaren Ultraschalllaute der nächtlichen Jäger hörbar. Umgehend wird die Beobachtung notiert, denn die Mitarbeiterin des Essener Landschaftsplanungsbüros „Ökoplan“ kartiert die lautlosen Jäger im Auftrag der Stadt Hemer.

Hintergrund der Fledermaus-Kartierungen, die derzeit an mehreren Stellen auf Hemeraner Stadtgebiet durchgeführt werden, sind die geplanten Ausweisungen von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen.
„Faunistische Erhebungen von planungsrelevanten Tierarten schaffen die Grundlagen für eine Berücksichtigung des gesetzlich geregelten Artenschutzes und sind somit Voraussetzung für die Genehmigung einer Errichtung von Windkraftanlagen“, erklärt Meike Hötzel, die zusammen mit einem Kollegen am heutigen Abend zwei Potenzialflächen im Südwesten von Hemer untersucht, „neben Fledermäusen kartieren wir auch noch Brut- und Zugvögel auf diesen Flächen.“

Echo-Ortungs- und Sozialrufe "in the box"

Doch zurück zu den lautlosen nächtlichen Insektenjägern, denen an diesem Abend die ganze Aufmerksamkeit der Diplom-Biologin gilt.
Bevor Meike Hötzel zu den rund 12 bis 14 Kilometern festgelegter Kartierstrecke aufbricht, wollen zunächst noch die beiden sogenannten Horchboxen „in Stellung gebracht“ und aktiviert werden. „Mit Hilfe der Horchboxen, von denen wir eine in einem Laubwaldhabitat und die andere auf einer Windwurffläche platzieren, sind wir in der Lage, über einen festgelegten Zeitraum zwischen acht und zehn Stunden alle Echoortungs- und Sozialrufe der Fledermäuse rund um die Box aufzunehmen.“
Nachdem die beiden äußerlich unscheinbaren Horchboxen in Gebüschen versteckt worden sind, wird die eigentliche Kartierung vorbereitet. Unverzichtbare Hilfsmittel für die Ökoplan-Mitarbeiterin sind dabei eine Stirnlampe, eine Geländekarte, ein Aufnahmegerät, ein GPS-Gerät („das hilft im Notfall gegen das Verlaufen“, schmunzelt Meike Hötzel) und natürlich der Fledermaus- oder Bat-Detektor. Der schlägt nach wenigen hundert Metern bereits das nächste Mal an. „Wieder ein Zwerg (Anm. der Red.: Zwergfledermaus) “, bemerkt die Ökoplan-Kartiererin und trägt den Fund gleich in ihre Karte ein. Durch den Bat-Detektor werden die eigentlich in einer für den Menschen nicht hörbaren Frequenz abgegebenen Fledermauslaute wahrnehmbar.

"plip-plip-plip" oder "tak-tak-tak"?

„Die Experten unterscheiden dabei zwischen ,nassen‘ und ,trockenen‘ Lauten“, erläutert die Expertin mit einem leichten Schmunzeln. Während sich die „nassen“ Laute eher nach „plip-plip-plip“ anhörten und von Zwerg- und Rauhhautfledermäusen benutzt wurden, seien die eher „trockenen“ „tak-tak-tak“-Laute charakteristisch für die Gattung Myotis, zu der u.a. Fransen- und Wasserfledermäuse gehören. Auf den nächsten Kilometern der an diesem Abend abzugehenden Transekte hört man dank des Detektors immer wieder die „galoppierenden“ Laute bei einer Hauptfrequenz von circa 45 Kiloherz. „Das war zu erwarten“, urteilt Meike Hötzel, „schließlich sind in dieser Gegend die Zwergfledermäuse die am häufigsten anzutreffende Art.“ Das eine oder andere Mal erscheinen die dank ihrer Echoortung auch in völliger Dunkelheit geschickt manövrierenden Gesellen für einen kurzen Moment im Lichtkegel der Stirnlampe. „Gerade die ,Zwerge‘ sind neugierig und fliegen einen auch schon mal direkt an.“
Nur einmal gibt der Detektor andersklingende Laute preis. Da sich auch die Dipl.-Biologin nicht ganz sicher ist, um welche Art es sich handelt, wird der Ruf kurzerhand digital aufgenommen und später am Computer analysiert und bestimmt. Dabei sollte sich herausstellen, dass eine Art der Gattung Myotis den Weg der Kartiererin gekreuzt hatte.

"Bange machen gilt nicht"

Nach der Rückkehr hat Meike Hötzel an diesem Abend 21 Markierungen in ihre Karte eingetragen. Am Ende der vorgesehenen zehn Einzelkartierungen wird sich dann hoffentlich ein umfassendes Bild der Fledermausaktivitäten auf den verschiedenen Potenzialflächen ergeben, das ein wichtiges Puzzlestück in der Gesamtbeurteilung der Flächen sein wird. Doch bis dahin sind noch einige „Nachtwanderungen“ der Diplom-Biologin notwendig.
Bliebe abschließend noch eine weitere, nicht direkt zum Thema Fledermauskartierung gehörende Frage, die sich sicherlich der eine oder andere Leser stellt. „Hat man da denn überhaupt keine Angst, alleine und in völliger Dunkelheit im unbekannten Wald?“ „Ab und zu bekommt man schon mal ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, wenn irgendwo plötzlich ein Zweig oder Ast knackt“, gibt die 37-Jährige unumwunden zu, aber Bangemachen gelte nicht. Das sei halt ihr Job. Das Gefährlichste seien auch keine anderen Menschen, sondern z. B. Wildschweine, obwohl sie im Vorfeld ihrer nächtlichen Besuche in Hemers Wäldern (aber nicht nur dort) auch den jeweiligen Jägern schon mal lieber kurz Bescheid gebe.....

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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