Hochprozentig
Herdecker Wirt Nathaniel Stott macht aus Craft-Bier Bierbrand

Bierbrand reift in den oberen kleineren Holzfässern im Stollen der Märkischen Spezialitätenbrauerei in Hagen.  | Foto: Nathaniel Stott
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  • Bierbrand reift in den oberen kleineren Holzfässern im Stollen der Märkischen Spezialitätenbrauerei in Hagen.
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Mehrere Hundert Liter Bier musste Nathaniel Stott (52) wegkippen, als im vergangenen Frühjahr alle Kneipen und Restaurants wegen der Corona-Pandemie geschlossen bleiben mussten. Das tat dem Wirt des Herdecker Pub „The Shakespeare“ und dem Miteigentümer der Waldstadtbrauerei Iserlohn, für den Bier mehr als nur ein Getränk ist, richtig weh. Als es im Herbst 2020 zur erneuten Schließung kam, suchte er nach einer Lösung: Er produziert nun Bierbrand.

Von Vera Demuth

Neben bekannten Biermarken wie Guinness und Kilkenny bietet Nathaniel Stott, der im September 2015 den Pub „The Shakespeare“ übernommen hat, seinen Gästen vor allem Craft-Bier aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und den USA. Das alles floss im Frühjahr 2020 in den Ausguss, bevor der 52-jährige Brite aus Totnes in Devon im Sommer wieder seine Gäste empfangen durfte und sein Lager auffüllte.
"Beim zweiten Lockdown wären es 600 Liter Bier gewesen, die ich wegkippen hätte müssen", berichtet Stott. Stattdessen machte er daraus mit weiteren 1.400 Litern Bier aus der Waldstadtbrauerei einen Bierbrand. In zwei Destillationsschritten wurde um den Jahreswechsel herum aus dem schalen Bier, nachdem das Gas entwichen war, in einem großen Behälter zunächst Raubrand, dann Feinbrand.

Reifen im Holzfass

"Bierbrand ist ein klarer Brand", erläutert Nathaniel Stott. Ein Drittel davon hat er direkt als reinen Edelbrand in Flaschen abgefüllt. Die beiden weiteren Drittel lagern in zwei verschiedenen ehemaligen Bourbon-Fässern in einem Stollen der Märkischen Spezialitätenbrennerei in Hagen-Dahl. "Der Stollen ist optimal, weil er eine konstante Temperatur hat, feucht und dunkel ist", so Stott. Noch etwa zwei Monate werden diese beiden Editionen des Herdecker Bierbrands in den Holzfässern reifen, damit ihr Geschmack rauchiger wird.
Aus den 2.000 Litern Bier hat Nathaniel Stott, der in Liverpool Biochemie studierte und 2014 ein Masterstudium in Brauen und Destillation in Edinburgh begonnen hat, 66 Liter 89-prozentigen Alkohol gewonnen. "Die Alkoholmenge hängt von der Stärke des Bieres ab", weiß er. Mit Wasser verdünnt hat der fertige Bierbrand dann um die 40 Prozent Alkoholgehalt.

10.000 weitere Liter Bier

Bei den 2.000 Litern an verarbeitetem Bier wird es nicht bleiben. In den vergangenen Wochen hatte Stott Kontakt zu Großhändlern, und so kamen weitere 10.000 Liter an Craft-Bier zusammen. Knapp die Hälfte davon hat er bereits in Angriff genommen, um daraus einen reinen IPA-Edelbrand zu kreieren. "Er wird eine fruchtige Note haben, weil die Biere sehr hopfig waren", erklärt der Biersommelier. Aus den restlichen Litern soll bald ebenfalls noch Bierbrand entstehen.
Die finanziellen Einbußen, die Nathaniel Stott durch die monatelange Schließung seines Pubs „The Shakespeare“, für den er den Pachtvertrag im Dezember um weitere fünf Jahre verlängerte, erlitten hat, gleicht seine neue Geschäftsidee allerdings nicht aus. "Das ist eine nette Aktivität nebenbei", erzählt er. "Wenn ich die gesamten 12.000 Liter verkaufe, ist das ein netter Umsatz, aber kein Ersatz."
Ob der Engländer über die 12.000 Liter hinaus noch weiteres Bier zu Bierbrand verarbeiten wird, weiß er noch nicht. "Durch den Lockdown ist Bier verfügbar. Ich schließe es nicht aus." Ebenso hat er noch nicht entschieden, ob er den Bierbrand auch über die Zeit der Corona-Pandemie hinaus als laufendes Produkt in sein Sortiment aufnehmen wird. Das wird Nathaniel Stott davon abhängig machen, wie gut sein Bierbrand bei der Kundschaft ankommt.

Definition: Bierbrand

Als Bierbrand wird eine Spirituose bezeichnet, die ausschließlich durch unmittelbare Destillation von frischem Bier gewonnen wurde. Sie muss so destilliert werden, dass das Erzeugnis die geschmacklichen Merkmale von Bier aufweist und einen Alkoholgehalt von mindestens 38 Volumenprozent, jedoch höchstens 86 Volumenprozent beträgt. Es darf weder Alkohol zugesetzt noch aromatisiert werden. (Quelle: Wikipedia)

Bierbrand reift in den oberen kleineren Holzfässern im Stollen der Märkischen Spezialitätenbrauerei in Hagen.  | Foto: Nathaniel Stott
Nathaniel Stott vom Pub "The Shakespeare" in Herdecke produziert jetzt Bierbrand.  | Foto: Thomas Spannagel
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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