Die Herdecker Grünen in den Anfangsjahren: "Wie in einem Wolfsrudel"

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Von Jens Holsteg

Mit ihren witzig-frechen Slogans brachten die Grünen in den 80ern frischen Wind in die meist lahme und langweilige Wahlwerbung der etablierten Parteien. Noch heute unvergessen der Slogan „Sonne statt Reagan“. Und in Herdecke?

An einen konkreten lokalen Spruch kann sich Klaus Reuter nicht mehr erinnern. „Wir haben damals auf die Plakate vom Landes- und Bundesverband zurückgegriffen, das hatte natürlich auch finanzielle Gründe.“ Im Gedächtnis geblieben ist allerdings die Parodie der Grünen auf das Herdecker Stadtwappen: In der alternativen Version thront auf dem linken Turm der Mauerkrone ein rauchender Schlot – so kann man auch gegen den Cuno-Turm demonstrieren...
Apropos Plakate: „Was uns Grüne ausgemacht hat, war ja auch der Umstand, dass wir sehr lange Zeit keine Köpfe auf den Wahlplakaten hatten. Ich glaube, der erste Kopf, den ich geklebt habe, war der von Bärbel Höhn.“ Der erste Wahlkampf, erinnert sich Klaus Reuter, war allerdings alles andere als ein großer Spaß: „Wir haben ja nicht mit Pauken und Trompeten 20 Prozent geholt, sondern sind 1984 knapp über die Fünf-Prozent-Hürde gekommen.“
Und die Stimmung war zwischenzeitlich sehr aufgeladen: „Als wir an einem Infostand in der Innnenstadt Wahlkampf machten, standen uns 200 Mark E-Leute gegenüber, eine ungemütliche Atmosphäre.“ Und persönlich wurde es dann auch: „Die SPD hatte eine Art Flyer damals, auf dem die ersten Reihen des großen Demonstrationszugs zum Cuno-Kraftwerk abgebildet war mit dem Spruch: Wollen Sie von diesen Leuten regiert werden?“
Nun, bis zum Regieren sollte es noch eine Weile dauern, aber bei der Kommunalwahl 1984 gelang zumindest schon einmal der Sprung in den Rat. Aller Anfang ist schwer, das mussten die drei Ratsvertreter der Grünen schnell erkennen. „Wir hatten ja keinerlei Ahnung vom parlamentarischen Prozess.“ Wie sind die Abläufe im Ausschuss, was ist eine Ratsvorlage – das ABC der Kommunalpolitik musste erst gelernt werden.
Der frische, unverbrauchte Wind von außen, der nun den Rat durchströmte, kam bei den übrigen Ratsvertretern allerdings nicht gut an, wie sich Klaus Reuter erinnert: „Wir hatten keinerlei Chance, mit unseren Themen durchzudringen. Das war, etwa von Seiten des Bürgermeisters Hugo Knauer, ein geradezu unsägliches Demokratieverständnis. Die haben uns regelrecht gehasst – weil wir im Rat waren und weil wir Themen aufgebracht haben, mit denen sich die anderen Fraktionen nicht beschäftigen wollten. Da fühlte man sich fast wie in einem Wolfsrudel.“
15 Jahre hartnäckiger Arbeit waren erforderlich bis zum „schönsten Moment“ in 30 Jahren Parteigeschichte, so Klaus Reuter: „Als wir bei der Kommunalwahl 1999 die absolute Mehrheit der SPD gebrochen haben. Da saßen wir zusammen und haben nur gedacht: Geschafft!“
So wie die Grünen nun seit drei Jahrzehnten das politische Geschehen in Herdecke begleiten, so sind auch einige ihrer Themen nach wie vor erstaunlich aktuell. Einige bringen die Grünen dabei gekonnt selbst ins Spiel, wie den Vorschlag des aktuellen Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Rat, Peter Gerigk, der den Abriss oder zumindest eine andere Nutzung des Cuno-Turms fordert.
Ein anderes Thema tauchte in den zurückliegenden 30 Jahren immer mal wieder auf, um dann im Jubiläumsjahr wieder frisch auf der Matte zu stehen, wie Gerigk Anfang des Jahres erfreut in der Presse kommentierte: „Endlich wird das Wirklichkeit, was die Herdecker Grünen seit ihrem Einzug in den Rat 1984 und mit ihrem ersten Antrag gefordert haben: die Anbindung der Busse an den Bahnhof.“ Beharrlichkeit lohnt sich, manchmal dauert es halt nur länger...
Die politische Zeit Revue passieren lassen und sein 30-jähriges Bestehen feiert der Ortsverband Herdecke von Bündnis 90/Die Grünen heute mit geladenen Gästen in den Bleichsteinterrassen in Herdecke.

Autor:

Melanie Giese aus Recklinghausen

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