Weihnachten
Wie meine Eltern mit den besten Absichten unseren Heiligabend ruinierten

Familientraditionen leben von Ritualen und der Gewohnheit – alles muss so sein wie immer. Wenn plötzlich alles anders ist, geht es auf jeden Fall gründlich schief. Da bildet Weihnachten keine Ausnahme.

Seit ich mich erinnere, war Heiligabend in meiner Familie eine wunderbar glitzernde Schneekugel, in der sich immer wieder die gleichen Bilder abspielten: Baum schmücken, Kevin allein zu Haus, Kirche, Bescherung und natürlich Braten mit Bohnen und Kartoffelbrei. Ach, was war das für ein leckerer Braten! Alle Jahre wieder, und dann noch köstliche Bohnen dabei und den besten Kartoffelbrei, den man sich nur wünschen kann.

Etwas Neues probieren

Aber dann kam Weihnachten 2001. Ich war jetzt 14 und meine Eltern hatten entschieden, dass dieses Jahr etwas radikal Neues probiert werden sollte. Statt Kevin und Kirche bei 15 Grad und Regen stand auf einmal Schneespaziergang in einer bajuwarischen Winterwelt auf der Agenda. Ein Traumidyll aus dem Reisekatalog, für mich trotzdem ein Debakel. Eine waschechte Weihnachtskatastrophe, die ihren traurigen Höhepunkt mit dem Abendessen erreichte.

Viel zu exquisite Speisen

Das Hotel, eine renommierte Adresse in den Bergen, servierte nämlich für teures Geld ein hochfestliches Drei-Gänge-Menü, garniert mit den edelsten Speisen, die mir völlig gaga vorkamen. Ich erinnere mich an geschäumtes Zucchini-Eis, urwüchsige Salatblätter und drei arme Wachteln, die aus ihren toten Augen zu mir heraufglotzten und ihre kleinen Füßchen von sich streckten. Also nichts, das meinem geliebten Weihnachtsmahl im Ansatz ähnelte. Was für ein Mist! Die einzige Alternative, die das Hotel mir anbot, nahm ich dankend an, natürlich ohne zu wissen, was ich da bestellte. Das Gericht bestand maßgeblich aus gräulichen Stücken und war auf der Karte als "Bregen vom Kalb" ausgewiesen.

Wem das nichts sagt: Googelt ruhig mal, was das ist! Ich kann euch versichern: Nichts, was man einem 14-Jährigen auftischt, der sich schon vor den toten Wachteln geekelt hat. Und schon gar kein Braten mit Bohnen und Kartoffelbrei.

Autor:

Jens Steinmann aus Herne

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