Ruhrfestspiele: Maike Deichsel kann zaubern

Hat nicht Schiller, sondern vor allem den Schalk im Nacken: Maike Deichsel, Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros der Ruhrfestspiele. Foto: Stadtspiegel
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  • Hat nicht Schiller, sondern vor allem den Schalk im Nacken: Maike Deichsel, Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros der Ruhrfestspiele. Foto: Stadtspiegel
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Mit gerade mal 25 Jahren steht Maike Deichsel in den Startlöchern für eine tolle Karriere: Sie leitet das „Künstlerische Betriebsbüro“ der Ruhrfestspiele Recklinghausen. Ein Traumjob? Jedenfalls ein Beruf, der Belastungen und Belohnungen bereithält.

Maike sitzt seit Februar an einer wichtigen Schaltstelle auf dem riesigen Kulturdampfer namens Ruhrfestspiele Recklinghausen, den nur eine Handvoll Mitarbeiter auf Kurs halten. Täglich hat sie Kontakt zu Menschen, auf die andere stundenlang geduldig warten, nur um von ihnen ein Autogramm zu ergattern.

Was muss Maike Deichsel an einem „typischen“ Arbeitstag erledigen? Die Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros braucht nicht lange zu überlegen. Und die Liste dessen, was es - oft unter Zeitdruck - herbeizuzaubern oder umzusetzen gilt, nötigt Respekt ab. Maike erinnert sich einen einen der ersten Tage: „Später Samstagnachmittag. Wir brauchen eine Trockenhaube, für sämtliche Perücken aus einem Stück. Ein Star möchte unbedingt frischen Ingwer, für seinen Tee. Und ich muss auf die Schnelle neue Hotelzimmer finden. Für zehn Künstler. “

Taufrische 25 Jahre alt ist Maike Deichsel, von Beruf Diplom-Betriebswirtin, und doch hat sie schon eine Menge erlebt, gelernt und erfahren.
Eine Kurz-Vorstellung: Aktuell wohnt sie (wieder) in Dorsten, „nachdem ich praktisch drei Jahre lang aus dem Koffer gelebt habe“. Ein Jahr lang hat sie in vollen Zügen Australien genossen und sich damit einen Traum erfüllt, den sie schon als Siebenjährige hegte. Ein halbes Jahr lang jobbte sie in Sydney, danach hatte sie weitere sechs Monate Zeit und das dazu notwenige Geld selbst verdient, um „Down under“ zu bereisen.

Andere „Bag-Packer“ bringen T-Shirts mit Känguru-Motiven als Souvenirs mit, Maike dagegen entwickelte eine zündende Idee, die ihr für ihre Diplom-Arbeit nützte. „Ich habe den Unterschied der Kulturfinanzierung im Vergleich Australien-Deutschland untersucht. Ich finde es sehr interessant, dass in Australien viel mehr kulturelle Projekte durch private Spenden realisiert werden als bei uns in Deutschland.“

Maike hat ihr Abitur am Gymnasium St. Ursula in Dorsten gemacht hat. Ihre „Alma Mater“ ist die Fachhochschule Gelsenkirchen. „Kultur-, Medien- und Freizeitmanagement waren die Schwerpunkte meines Betriebswirtschaftsstudiums. Die Ruhrfestspiele als Arbeitgeber sind daher für mich so ähnlich wie ein Lottogewinn. Es ist ein echter Traumjob, und auch noch so nahe an meinem Zuhause.“

Nach ihrer Australien-Erfahrung war‘s ein Klacks, die Diplom-Arbeit auf englisch zu schreiben. Auch bei ihrer Arbeit für die Ruhrfestspiele sind ihre Sprachkenntnisse ein Pfund, mit dem Maike täglich wuchern kann: „Ich schreibe die Verträge mit den Künstlern auch auf englisch. Nur bei Verträgen auf französisch hole ich mir Hilfe.“

Man muss sich vorstellen: Kaum sechs Stunden hatte sich die Dorstenerin erst wieder auf deutschem Boden befunden, als die Nachricht kam, sie möge sich persönlich beim ältesten und größten deutschen Theaterfestival, den Ruhrfestspielen Recklinghausen, vorstellen. Nun ist sie Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros, mit befristeter Festanstellung. Eine sehr beachtliche Position für eine so junge Frau, auch wenn sie so gut ausgebildet ist wie Maike Deichsel.

Eine junge Frau mit Schalk im Nacken. „Meine Kollegen sagen schon ,Hühnerstall‘ zu meinem Büro, weil wir so oft lachen, Die Arbeit macht ja auch ungeheuer viel Spaß. Man denkt nach einem Tag voller Überraschung: Mehr geht nicht. Und es geht, es geht immer wieder.“

Maike sorgt auch für die Unterbringung der Mitwirkenden und Mitarbeiter, kümmert sich um Reiseverbindungen bis ins kleinste Detail, organisiert Transfers zu Bahnhöfen und Flughäfen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Der hautnahe Kontakt zu Künstlern fällt der 25-Jährigen leicht. „Die meisten sind überaus nett und normal, richtig freundlich. Und sie wollen wie normale Menschen behandelt werden.“ Heißt: Man rückt ihnen nicht unverschämt auf die Pelle und nutzt den Job, um beispielsweise Autogramme zu ergattern. Maike Deichsel: „Finde ich schlimm, richtig unprofessionell. Ist mir zu groupiemäßig.“

Beispiele: Für John Malkovich, der unter einer Knieverletzung litt und dem man das auf der Bühne nun wirklich nicht anmerkte, musste ständig ein Shuttle-Fahrzeug bereitstehen. „Malkovich ist witzig und hat eine ganz trockene, wunderbare Art von Humor. Auch Andrea Sawatzki war mir sympathisch. Wir haben alles direkt am Telefon ausgehandelt. Bei anderen Künstlern hat man es meistens mit Agenturen zu tun.“

Während des laufenden Festivals kann Maike morgens um 10 Uhr anfangen, sonst muss sie um 9 Uhr antreten. Vor Mitternacht hat sie selten Feierabend. „Ich arbeite, schlafe, esse, vor allem aber arbeite ich.“
Und Spaß macht es ihr offensichtlich, denn sie strahlt dabei übers ganze Gesicht. „Das Team ist klein, aber prima. Wir halten echt zusammen.“

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Herten

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