"Fichte ist Geschichte"
Iserlohner Forstverwaltung hat vor Borkenkäfer kapituliert - Naturverjüngung als Chance?
"So traurig es auch für viele von uns sein mag, aber wir müssen uns damit abfinden, dass in den heimischen Wäldern die Fichte in ein bis zwei Jahren Geschichte ist", machte Iserlohns Stadtförsterin Julia Borghoff beim "Waldspaziergang" mit einigen SPD-Politikern unmissverständlich klar.
Dabei stieß die Gruppe im Bereich des Mühlenbergs immer wieder auf große, braune Flächen von abgestorbenen Fichten bzw. bereits von den beauftragten Unternehmen gerodeten Flächen. Überall entlang der Waldwege stapelt sich dabei das geschnittene Stammholz.
"Die sind schon tot, sie wissen es nur noch nicht."
Stadtförsterin Julia Borghoff mit Blick auf eine noch grüne Fichtenfläche
Schuld an diesem "Endzeit-Szenario" ist dabei ein nur wenige Millimeter großes Insekt - der gefürchtete Borkenkäfer. Insbesondere der Buchdrucker sorgt dabei für die immensen Schäden. Während der Käfer in "normalen Zeiten" nur vereinzelt bereits geschwächte Fichten befällt, ist es in den vergangenen zwei bis drei außergewöhnlich trockenen Sommern zu einer explosionsartigen Vermehrung des Schädlings gekommen. "Ein einzelnes Borkenkäferpaar kann in einem Jahr bis zu einer Million Nachkommen produzieren, und es gibt bei dieser Käferart bis zu zehn Reproduktionszyklen pro Jahr", erklärte die Forstexpertin den staunenden Politikern, "und nur 200 bis 300 Exemplare der flugfähigen Käfer reichen aus, um eine Fichte innerhalb von wenigen Wochen zum Absterben zu bringen." Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass die Iserlohner Forstverwaltung diesem tierischen Feind längst machtlos gegenübersteht. "Die Plage wird erst dann wieder aufhören, wenn der Borkenkäfer nichts mehr zu fressen findet und es keine Fichten mehr gibt." Erschreckend ist nach Julia Borghoffs Aussage zudem, das zunehmend auch andere heimische Nadelgehölze wie Lärchen und Kiefern befallen werden.
Zunehmend auch Laubbäume geschädigt
Und es sind zunehmend auch Laubbäume geschädigt, diese allerdings nicht durch den Käfer, sondern die zunehmende Trockenheit der letzten Jahre. "Wir haben inzwischen enorme Abgänge auch von Buchen, Ahorn und Eschen", so Julia Borghoff.
Alles in allem also große Herausforderungen, vor denen die Iserlohner Forstverwaltung mit Julia Borghoff und ihrem Mitarbeiter-Team steht. Gefragt nach den Maßnahmen zur Wiederaufforstung, entgegnet Iserlohns Stadtförsterin: "Zum einen werden wir mit unterschiedlichsten trockenheitsresistenteren Baumarten wie Walnuss, Esskastanie oder Douglasie experimentieren, zum anderen setzen wir aber auch viel auf einfache Naturverjüngung." Bereits nach dem verheerenden Orkan Kyrill habe man viele der Flächen einfach sich selbst überlassen - durchaus erfolgreich. Das zeigt sich zum Beispiel im südlichen Bereich des Mühlenbergs, wo sich in den vergangenen 10 bis 15 Jahren ein erstaunlicher durchmischter "Vorwald" mit Weiden, Ebereschen, Birken oder Faulbäumen entwickelt hat. "Wir haben dort lediglich punktuell Douglasien und entlang des Waldweges mit einigen Wildkirschen zur optischen Attraktivierung gepflanzt", berichtet Julia Borghoff. Das Ergebnis kann sich bereits jetzt sehen lassen und könne auf langfristige Sicht auch wirtschaftlich genutzt werden - am Ende ein Zeichen der Hoffnung in einer mehr als schwierigen Zeit für die Waldstadt Iserlohn. Stadtförsterin Julia Borghoff mit Blick auf eine noch grüne Fichtenfläche "Die sind schon tot, sie wissen es nur noch nicht."
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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