Sozialleistungsbetrug durch Sozialbehörden
Banden betrügen Staat bei Hartz IV um 50 Millionen Euro – Jobcenter betrügen Leistungsberechtigte

„Durch falsche Angaben bei den Job-Centern der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben kriminelle Banden im vergangenen Jahr zu Unrecht Hartz-IV-Leistungen im Umfang von mindestens 50 Millionen Euro bezogen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, die der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag) vorliegt. "Die BA schätzt auf der Grundlage der stichprobenartigen Erhebungen, dass durch bandenmäßigen Leistungsmissbrauch ein Vermögensschaden von rund 50 Millionen Euro entstanden ist", heißt es in der Antwort.“

Am 26.10.2018 übersandte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Pascal Kober u. a. und der Fraktion der FDP betreffend „Leistungsmissbrauch im Sozialgesetzbuch II", BT-Drs. 19/4649

Die Anfrage suggeriert in der Vorbemerkung der Fragesteller ein berechtigtes Interesse an den Leistungsberechtigten:

„§14 Absatz 4 SGB II und §7 BHO verpflichtet die Jobcenter bei der Leistungsgewährung die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten, denn eine missbräuchliche Aneignung von Leistungen der Grundsicherung schadet allen und insbesondere den Schwächsten. Sozialbetrug - sei es durch Hinterziehung von Beitrags oder Steuerzahlungen, sei es durch das unrechtmäßige Beziehen von Leistungen - ist Diebstahl an den Armen. Wo Mittel des Sozialstaates vorenthalten, missbräuchlich verwendet oder durch Nachlässigkeit verloren gehen, fehlen sie am Ende den Bedürftigen.“

Dies verliert sich jedoch schnell in den Fragen und Antworten. Die Fragestellung fokussiert bereits ein Tätermuster, das den wirklichen Straftatbestand verstümmelt.

Jobcenter betrügen Sozialleistungsberechtigte

Der weitaus größere „Sozialleistungsbetrug“ wird vermutlich durch die Jobcenter selbst ausgeführt. Mitarbeiter werden angewiesen die Kunden mit falschen Informationen irre zu leiten, Außendienstmitarbeiter verfremden Berichte und auch falsche Zeugenaussagen vor Gericht sind beweisbar.

Der Märkische Kreis hat z.B. in der Zeit von 2005-2013 Tausende von Leistungsberechtigten unter Vortäuschung rechtsverbindlicher Mietobergrenzen um Zehn- oder sogar Hunderttausende Euro betrogen und darüber hinaus unverhältnismäßig und rechtswidrig mit weiteren Folgekosten  überzogen. In dieser Zeit hat es nie rechtsverbindliche Mietkostenvorgaben gegeben.

Selbst für den Zeitraum 2014-2017 gibt es noch immer keine gerichtsfesten Vorgaben. Mit dem Wegfall der Mietpreisbindung haben einige Immobilienkonzerne (Vonovia, LEG u.a.) erhebliche Mieterhöhungen vorgenommen, die die Mietpreise maßgeblich beeinflussen. Aber sowohl das Jobcenter Märkischer Kreis als auch die Firma „Analyse & Konzepte“ verweigern die Herausgabe des Rohdatenmaterials und entziehen sich somit der gerichtlichen Überprüfung durch das Landessozialgericht NWR Essen in dem Verfahren LSG NRW, L 6 AS 120/17.

Auswirkungen für die Betroffenen

Mehr als 10.000 Mietsenkungsverfahren hat das Jobcenter Märkischer Kreis in den Jahren 2005-2017 eingeleitet, weil die Mieten angeblich unverhältnismäßig hoch und die Leistungsberechtigten aufgefordert, „die Mieten zu senken“. Dabei waren die „Überschreitungen“ der Vorgaben teilweise lächerlich gering. Mir liegen Rückmeldungen vor in denen bei „überteuerten Mieten“ ab 0,25 €, 5,89 €, 6,50 €, 7,00 €, 14,00 €, 14,25 €, 15,50 €, 20,00 €, 22,30 €, 23,48 €, 28,27 € Aufforderungen zum Wohnungswechsel zugestellt wurden. Zu keinem Zeitpunkt hat es gerichtsfeste Mietobergrenzen gegeben. 

Textbaustein:
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II fordere ich Sie daher auf, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten Ihre Aufwendungen für die Unterkunft bis zum xx.xx.xxxx auf das angemessene Maß zu senken. Dies kann durch einen Umzug in eine kostengünstigere Wohnung, durch Untervermietung oder auf andere Weise geschehen.

Sollten Sie bis zum oben genannten Termin Ihre Unterkunftskosten nicht auf das angemessene Maßgesenkt haben, weise ich schon jetzt darauf hin, dass ab dem xx.xx.xxxx bei der Berechnung der zustehenden Leistung nach dem SGB II nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 383,50 € berücksichtigt werden. Dies bedeutet auch, dass eine ab diesem Zeitpunkt entstehende Nebenkostennachzahlung ebenfalls nicht mehr übernommen werden kann.

Es steht Ihnen selbstverständlich frei, den Differenzbetrag zwischen der tatsächlichen und der angemessenen Miete, im Rahmen Ihrer Dispositionsfreiheit, aus dem Regelsatz zu finanzieren und in Ihrer Wohnung zu verbleiben.

Soweit Sie innerhalb der gesetzten Frist eine angemessene Wohnung beziehen, mache ich Sie schon jetzt darauf aufmerksam, dass eine Übernahme von Umzugskosten oder ggf. einer erforderlichen Mietkaution nach § 22 Abs. 4 SGB II nur dann in Betracht kommt, wenn Sie vor Abschluss des Mietvertrages für die neue Wohnung die Zusicherung des zuständigen Leistungsträgers zu den neuen Kosten der Unterkunft einholen. Wenden Sie sich diesbezüglich bitte rechtzeitig vor der Anmietung einer neuen Wohnung an Ihren persönlichen Ansprechpartner.

Wuppertaler Zustände: wie das Jobcenter in Wuppertal mit Erwerbslosen umgeht

Der Wuppertaler Verein Tacheles e.V. hat in Zusammenarbeit mit den Linken Zahlen recherchiert:
„Es wurden zwischen Januar 2013 bis März 2017 rechtswidrig deutlich zu geringe Unterkunftskosten vom JC Wuppertal gezahlt. Dieser Zeitraum sind vier Jahre und drei Monate = 51 Monate x 340.000 EUR/mtl.

Das ergibt eine Gesamtsumme von rd. 17,34 Mio. EUR, die das Wuppertaler Jobcenter durch vorsätzlich rechtswidriges Handeln nicht gezahlt hat.“

Sozial-Rechtsprechung als Mittel zur Rechtsbeugung

Das Landessozialgericht NRW verschleppt vermutlich mit Vorsatz die Entscheidung über das „Schlüssige Konzept 2014-2017“ für den Märkischen Kreis. Aufgrund fehlender Mitwirkung von Jobcenter und Analyse & Konzepte hätte längst ein für die Betroffenen positives Urteil gefällt werden können.

Mit Ende des Jahres 2018 erlöschen die Ansprüche für das Jahr 2017. Nach dem Willen des Gesetzgebers wurde die rechtliche Überprüfung bestandskräftig gewordener Bescheide von einer 4-Jahres-Frist auf nur noch ein Jahr zurückgesetzt.

An die Stelle von sozialer Gerechtigkeit tritt dann eine juristisch verklausulierte „Rechtskraft der Ungerechtigkeit“. Pfui, Teufel!

Jedem einzelnen Leistungsbezieher aus dem Märkischen Kreis, der Mietanteile, Neben- oder Heizkostenanteile aus dem eigenen Regelsatz zugezahlt hat, ist dringend zu raten Überprüfungsanträge für das komplette Jahr 2017 zu stellen, um die schwindenden Rechte auf Nachzahlung zu sichern.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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