UN-Ausschuss rügt Deutschlands Arbeitmarktpolitik

Der UN-Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat in seiner 46. Sitzung in Genf vom 2. bis 20 Mai 2011 den Einsatz von Langzeitarbeitslosen zu unbezahlter gemeinnütziger Arbeit gerügt.

Im Mittelpunkt der Kritik steht der im Zuge der Hartz IV-Gesetzgebung eingeforderte Zwang „jede zumutbare Arbeit" anzunehmen. In der konsequenten Umsetzung führt dies seit Jahren zu Lohndumping, einem prekären Arbeitmarkt und rechtsmissbräuchlichen Zwangsarbeiten im Ein-Euro-Bereich.

„Die mit Sanktionen bedrohte Verpflichtung nach § 31 SGB II, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, hält der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte für so problematisch, dass er die Bundesrepublik in seiner Sitzung im Mai 2011 öffentlich rügte. Der UN-Ausschuss fordert die Bundesrepublik auf, „sicherzustellen, dass seine Systeme zur Arbeitslosenhilfe die Rechte des Individuums zur freien Annahme einer Beschäftigung seiner oder ihrer Wahl ebenso wie das Recht auf angemessene Entlohnung“ respektieren.

Er bezieht sich dabei auf Art. 6 und 7 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966. Danach sind von den Vertragsstaaten „geeignete Schritte“ zum Schutz des Rechts auf „frei gewählte oder angenommene Arbeit“ zu unternehmen, mit der jede/r einzelne ihren/seinen Lebensunterhalt verdienen kann.

Der Ausschuss ist aus 18 Experten zusammengesetzt, die vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen ernannt werden und die ausdrücklich unabhängig von ihren Herkunftsländern agieren sollen.“
Quelle: http://www.sanktionsmoratorium.de/

Die deutsche Übersetzung des Passage aus dem Ausschuss-Protokoll lautet:
„19. Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass Regelungen im Rahmen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe des Vertragsstaates - einschließlich der Verpflichtung für Empfänger von Arbeitslosengeld, "jede zumutbare Arbeit" anzunehmen, was in der Praxis fast als jede Arbeit interpretiert werden kann - sowie der Einsatz von Langzeitarbeitslosen zu unbezahlter gemeinnütziger Arbeit, zu Vertragsverletzungen in Art. 6 und 7 führen könnten. (Art. 6, 7 und 9)

Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat dazu auf, sicherzustellen, dass seine
Systeme zur Arbeitslosenhilfe die Rechte des Individuums zur freien Annahme einer Beschäftigung seiner oder ihrer Wahl ebenso wie das Recht auf angemessene Entlohnung respektiert.“ (E/C.12/DEU/CO/5)
http://iq130plus.wordpress.com/2011/05/20/economic-and-social-council-20-may-2011/ (engl. Original)
http://www.fraktion.dielinke-chemnitz.de/UN_staatenbericht.pdf

An anderer Stelle heißt es:
„Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat dazu auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine wirksame Anwendung der Vertragsbestimmungen durch nationale Gerichte sicherzustellen, unter anderem durch die Sensibilisierung von Richtern, Rechtsanwälten und anderen an der Strafverfolgung beteiligten Beamten für diese Verpflichtung und die Vertragsbestimmungen. In diesem Zusammenhang verweist der Ausschuss den Vertragsstaat auf seine allgemeinen Bemerkungen Nr. 3 (1990)“

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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