Hartz 4 kann man nicht kaufen.

Der Begriff Hartz 4 (Arbeitslosengeld 2) ist für viele Menschen etwas Unbekanntes, weil sie davon nicht betroffen sind und sie erliegen diesen menschenverachtenden Äußerungen von den Leuten, die schon immer schlauer waren als die anderen. Manche haben damit beruflich zu tun und finden es in Ordnung, diese staatlich verordnete Menschenhetze mitzumachen.

Ich möchte mit dieser Geschichte die Sinne der Menschen schärfen und auch aufzeigen, dass Hartz 4 Empfänger keine „faulen Schweine“ sind. Das wird oft genug von den besonders Schlauen kundgetan. Deshalb sage ich auch, ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber wissen die anderen, dass sie gar nichts wissen. Na ich weiß nicht und deshalb lerne ich gerne was dazu, sodass ich was weiß.

Hartz 4, was ist das? Das kann man verstehen. Denn wer Arbeit hat, kommt nicht in die Spirale der Menschenverachtung. Da haben wir die Berufstätigen, die jeden Tag zu ihrer Arbeitsstätte pilgern und von ihrem Verdienst gut oder sogar sehr gut leben können. Sie finden die Leute ganz schön blöd, die für weit weniger Geld arbeiten gehen. Manche müssen noch Unterstützung, Aufstockung (Grundsicherung) wird das auch genannt, vom Jobcenter bekommen um überhaupt überleben zu können und Hartz 4 ist doch sowieso nur was für arbeitsscheues Gesindel.

Diese Leute meinen, ihnen kann nichts passieren. Der Firma geht es gut, die Knete kommt pünktlich auf das gut gefüllte Konto. Der nächste Urlaub ist in Afrika, 70000 Euro für ein neues Auto aber welches nur, mein Posten ist so sicher und ohne mich geht die Firma überhaupt nicht. Doch auf einmal heißt es, der Firma geht es schlecht, die Arbeitsplätze sind gefährdet. Jetzt nimmt man, wenn man es begriffen hat, die Nachrichten im Fernsehen mit anderen Augen auf. Wenn man sieht, wie berühmte alte Firmen die deutsche Geschichte geschrieben haben, von der Bildfläche verschwinden. Die Firma von nebenan, wo seine Schwester arbeitet, wird zu gemacht. Man versteht es nicht, so eine Weltfirma. Sie sind alle ganz einfach pleitegegangen. Gründe dafür gibt es viele. Vielleicht kommen dann diese Menschen einmal ins Nachdenken.

Nach einiger Zeit ist es dann soweit und die so sichere Arbeitsstelle gibt es nicht mehr und der so sichere Mitarbeiter ist arbeitslos. Aber das ist auch nicht so schlimm, denn jetzt bekomme ich erst einmal Arbeitslosengeld 1 und ich habe ganz schnell wieder so einen gut bezahlten Job. Doch die Bewerbungen zeigen keine Wirkung und so viele Stellenangebote gibt es auch nicht. Man ist schon was älter und vielleicht haben sich noch so einige gesundheitliche Störungen entwickelt, die man nicht verheimlichen kann. Dann kommen noch die Sklavenfirmen ins Spiel, die man auch Zeitarbeitsfirmen nennt und die Vermittler sind die Sklaventreiber. Alles wie früher, nur eben etwas moderner. Die Leute arbeiten unter den Preisen, weil unser Staat das so will und deshalb werden die gerne eingestellt. Exorbitant kostengünstig sind diese modernen Sklaven, diese Gesetzlosen.

So kommt es dann, dass die Zeit der Arbeitslosigkeit mit viel Arbeitslosengeld 1 schnell vorbei ist und man hat keinen Job bekommen. Jetzt bekommt der so sichere Mitarbeiter die Aufforderung einen Hartz 4 Antrag zu stellen, weil der Bezug von Arbeitslosengeld 1 ausläuft. Da kommt aber Freude auf, als er den Antrag studiert und feststellen muss, dass er die Hose runterlassen muss, wie bei einem Offenbarungseid vor Gericht. Alles muss angegeben werden und vieles muss gekündigt werden, auch mit Verlusten und Rücklagen für das Alter werden auch als anrechenbares Vermögen berechnet. Was der Staat damals empfohlen hat wie die Riester-Rente und andere heiße Tipps, sind nur noch zum Abfurzen. Wut, Empörung, Resignation und psychische Probleme folgen noch.

Der so sichere Mitarbeiter bekommt jetzt Hartz 4 (Arbeitslosengeld 2) und ist gar nicht mehr so begeistert, dass er sein Leben mit 391€ bestreiten muss. Manche können sich oder wollen sich nicht an damals erinnern, als sie große Töne spuckten über die Hartz 4 Empfänger. Abfällige Bemerkungen haben sie losgelassen und jetzt das hier, sie sind selbst betroffen.

Doch unser so sichere Mitarbeiter lernt jetzt auch noch das Jobcenter kennen. Beleidigungen, Diskriminierung, Diffamierung, Verarschung, unfähige Sachbearbeiter, Lügengeschichten und pure Menschenverachtung sind jetzt sein Begleiter. Wie wird das weiter gehen mit ihm. Er versteht die Welt nicht mehr, denn er will doch nur arbeiten. Er hat nicht gesagt, Chef schmeiß mich raus, ich will Hartz 4 haben. Die Verachtung, die er jetzt erfährt, wird ihn krankmachen. Vielleicht packt ihn das Grausen, wenn er Post vom Jobcenter im Briefkasten hat und mit schwitziger Stirn öffnet er den Brief. Mal sehen, was für abartige Jobangebote wieder da drin sind. Er wird fast alles verlieren, was er mal besaß. Auto, Geld, Urlaub, das gute Leben, Anerkennung, Menschlichkeit und auch Freunde. Ja genau, auch Freunde, denn haste nichts dann bist du nichts und was soll man dann mit dem.

Doch er wird es nicht für möglich halten das ihm die Leute, auf die er früher verächtlich reagiert hat, mit Informationen und persönlicher Hilfe unterstützen. Der Verein „aufRECHT e. v.“ gehört jetzt zu seinen bekannten Größen und er wird staunen, was für tolle Leute er unter den Hartz 4 Empfängern kennenlernt, aber auch Elend und traurige Geschichten. Er wird jemand kennenlernen, dem unsere Regierung schriftlich versprochen hat, bei Verlust seines Arbeitsplatzes, einen Job bei ihnen zu bekommen. Alles nur eine gigantische Lüge von Leuten, die vom Volk mehr oder weniger gewählt wurden. Die haben auch geschworen, zum Wohle des Volkes zu handeln.

Ein Wandel wird mit ihm geschehen und er wird verdammt sauer werden, wenn einer lautstark behauptet das Hartz 4 Empfänger keine Wurst auf dem Brot brauchen. Jeden Tag Rübenkraut wäre völlig ausreichend. Ich glaube, dass dieser so sichere Mitarbeiter einen Wandel mit sich selbst erlebt hat, den er sein Leben lang nicht vergessen wird. Die Bescheidenheit ist eine neue und auch sehr lehrreiche Erfahrung, die ihn weiter begleiten wird.

Viele Menschen begreifen die Sache erst, wenn sie persönlich davon betroffen sind und dann schreien sie am lautesten.

Autor:

Rolf-Jochen Reimann aus Iserlohn

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