Sie singen nicht mehr

Der Männergesangverein Kalkar blickt auf eine wechselvolle Geschichte mit vielen persönlichen Erinnerungen zurück. Jetzt wurde der verein aufgelöst.
  • Der Männergesangverein Kalkar blickt auf eine wechselvolle Geschichte mit vielen persönlichen Erinnerungen zurück. Jetzt wurde der verein aufgelöst.
  • hochgeladen von Annette Henseler

Kalkar. Das war ein trauriges Ereignis, als Hans Wilhelm Müller verkünden musste: Den Männergesangverein in Kalkar wird es künftig nicht mehr geben. „Wir hatten keinen Nachwuchs mehr - die jungen Menschen zieht es nicht in einen Männergesangverein“, sagt Hans-Wilhelm Müller. Er war bis vor Kurzem erster Vorsitzender der musikalischen Männertruppe, seine Ehefrau, Brigitte, führte die Geschäfte. „Meine Frau hatte damals, als wir das 125-jährige Jubiläum feierten, alles vorbereitet - deshalb kannte sie sich prima aus und konnte die Geschäftsführung übernehmen“, so Hans-Wilhelm Müller.

Paul Koenen, Notenwart: „Es gab irgendwann nicht mehr genügend Stimmen - wir konnten nicht mehr proben.“ Zum Schluss habe es nur mehr 14 Aktive gegeben, und das, obwohl die Herren sich mächtig ins Zeug gelegt hatten, um neue Mitstreiter zu finden, Plakate hatten sie entworfen, sich beim Stadtfest stark gemacht. „Aber wenn ein junger Mensch in einen Verein kommt mit einem Altersdurchschnitt von 75...“, wirft Friedhelm Gwiasda, ehemals Kassierer, ein. Eins lassen sich die Herren aber nicht nehmen: „Wir haben immer Spaß gehabt“, sind sie sich einig.

Gegründet wurde der Verein im Jahr 1883, hatte nach dem Zweiten Weltkrieg großen Anteil am Wiederaufbau des kulturellen Lebens in der Nicolaistadt. Paul Koenen erinnert sich natürlich noch genau, wie es war, als er damals dem Verein beitrat. Damals - 1954 - gab es einen in Kalkar sehr beliebten Volksschulleherer. „Herrn Heidbüchel“, sagt Paul Koenen. Der unterrichtete den damals jungen Mann im Maschinenschreiben. „Und dann hat er mich verdonnert, dem Männergesangverein beizutreten“, so Koenen. 61 Jahre sei er im Verein gewesen. Das Singen am Freitagabend vermisse er. Heinz Heidbüchel war übrigens viele Jahre Dirigent des Vereins. Noch heute schwärmen die Sänger von der Persönlichkeit. Mit einer kleinen Einschränkung: „Wenn er eine Laudatio halten sollte, dann musste man ihm ein Zeitfenster geben, das er aber bis zur letzten Sekunde ausnutzte.“ Als Heinz Heidbüchel in Xanten seinen 85sten Geburtstag feierte, waren natürlich auch seine Sänger mit dabei - ein Erlebnis, an das sich die drei Herren am Esstisch bis heute gerne erinnern. „Da haben wir noch vierstimmig gesungen - als die Mitgliederzahl immer weiter schwand, mussten wir auf dreistimmig umstellen.“

Neben den gemeinsamen Gesangsabenden gab es Vieles, was die Vereinsmitglieder gemeinsam unternahmen. „Den Nikolausabend haben wir immer gemeinsam gefeiert - mit Essen und Tombola und allem Drum und Dran“, sagt Hans-Wilhelm Müller. Schiffstouren gab es und eine Reise nach Berlin, bei der die Besucher vom Niederrhein für einen kleinen Stau in der Kuppel des Reichstages sorgten: „Wir haben dort gesungen - die Akustik war einmalig“, so Koenen.

Alte Akten, die Vereinsgeschichte - alles wurde ans Stadtarchiv übergeben. Nur die Fahne führt im Moment ein tristes Dasein. Wie alt die Fahne ist, weiß niemand, nur, dass es sie schon vor dem Zweiten Weltkrieg gegeben haben muss. Im Lauf der Jahre ist sie rissig geworden. „Die Reparatur kostet 5000 Euro, die haben wir nicht. Vielleicht findet sich ja ein Sponsor?“, hoffen die vier Vorstandsmitglieder. Kontakt gibts unter Tel. 02824/28 67.
AnH

Autor:

Annette Henseler aus Kleve

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