Kriegerdenkmal
Wilfried Porwol zum Zweiten

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Der Klever Wilfried Porwol hat nach eigenen Angaben am vergangenen Samstag erneut "das Kriegerdenkmal in Kalkar künstlerisch umgestaltet." Bereits im Juli 2019 hatte Porwol das Denkmal besprüht, erhielt danach viele Drohungen. Während Porwol das "Nazi-Kriegerdenkmal" anprangert, sieht Bürgermeisterin Dr. Britta Schulz in dem Denkmal eher "ein Mahnmal gegen die schrecklichen Verbrechen". Solange sich die Politik in Kalkar ledliglich über die Sprühaktionen empört, sind Wiederholungen solcher Aktionen nicht auszuschließen. Ein Mahnmal sieht jedenfalls anders aus.

Hier die Stellungnahme von Porwoll im Wortlaut:

"Erklärung zu meiner erneuten Umgestaltung des Nazi-Kriegerdenkmals in Kalkar zu einem Friedensmahnmal am 9. Mai 2020.

Am 8. Mai, dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, „ehrte“ die Stadt Kalkar weiterhin die Kriegstoten mit einem Hitlerzitat auf der Rückseite des Nazi-Kriegerdenkmal von 1936, gewidmet „UNSEREN HELDEN“ 1914 - 1918, Anfang der 1980er Jahre erweitert durch die Jahreszahlen 1939 - 1945. Eine keinen Tag länger hinzunehmende ungeheure Verhöhnung der Opfer und Glorifizierung des verbrecherischen rassistischen Vernichtungskrieges der deutschen Wehrmacht. Angesichts um sich greifender rassistischer Hetze, Gewalttaten und rechtsterroristischer Morde ist die öffentliche Zurschaustellung von Nazi-Propaganda, auch in Form eines Kriegerdenkmals, unverantwortlich, skandalös und kriminell.
Nachdem bereits im Oktober 2014 der Historiker Dr. Hans Hesse die Kalkarer Verwaltung darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der eingemeißelten Inschrift auf der Rückseite des Nazi-Denkmals um ein Zitat aus Adolf Hitlers „Mein Kampf“ handele, hat sich der Kalkarer Stadtrat 2015 und 2016 mit der Frage beschäftigt, was denn nun mit diesem Nazi-Monument zu geschehen habe. Eine Tafel mit einer historischen Einordnung und klarer Distanzierung von der Aussage solle aufgestellt werden. Passiert war aber nichts bis zum 27. Juli 2019. In den Morgenstunden diesen Tages hatte ich begonnen, das Nazi-Monument künstlerisch zu einem Friedensmahnmal umzugestalten. Ein Polizeieinsatz verhinderte jedoch die Beendigung der Kunstaktion. Das Nazi-Denkmal wurde noch am gleichen Tag auf Anweisung der Kalkarer Bürgermeisterin „gereinigt“ und gegen mich wurde eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gestellt. Erfreulicherweise hatten direkt am nächsten Tag unbekannte Menschen dieses Monstrum wieder mit Friedensbotschaften versehen. Auch diese hatte die Stadt Kalkar im Herbst letzten Jahres wieder entfernen lassen. Doch durch die „inoffiziellen“ Umgestaltungsaktionen und die Resonanz in den Medien kam der Umgang mit diesem Nazi-Denkmal wieder in die Öffentlichkeit und geriet immer mehr zur Peinlichkeit für die Stadt Kalkar. In der Ratssitzung am 26. September letzten Jahres wurde dann nichts anderes beschlossen, als schon drei Jahre zuvor: eine irgendwie erklärende Tafel mit eindeutiger Distanzierung solle jetzt aber wirklich aufgestellt werden. Trotz einer Verlautbarung der Stadt Kalkar auf eine Presseanfrage von Anfang März diesen Jahres, dass man nun an dem Text der beschlossenen Tafel arbeite, die jetzt im Frühjahr aufgestellt werden solle, stand die in Stein gehauene Nazi-Propaganda unkommentiert noch am 8. Mai in Kalkars öffentlicher Parkanlage.
Allerdings nur bis in die frühen Morgenstunden des darauf folgenden Tages. Mit einigen Spraydosen und vorbereiteten Schablonen begann ich im ersten Dämmerlicht des 9. Mai das Nazi-Monument wieder zu einem Friedensmahnmal umzugestalten. Auf dem eingemeißelten Hitlerzitat „Mögen Jahrtausende vergehen, man wird nie von Heldentum reden können, ohne des deutschen Soldaten im Weltkrieg zu gedenken“ prangt nun ein rot durchgestrichener Totenschädel mit Hitlerfrisur und -bart. Rechts und links davon der auffordernde Schriftzug: „WEG DAMIT“.
Auf der Vorderseite habe ich den Korpus des gewaltigen Reichsadlers in pink eingefärbt, vom geliebten martialischen Symbol für alle extremen Rechten zu einer lächerlichen Gestalt. Auf dem linken Flügel nun eine Symbolbild des Pazifismus: ein Stahlhelm als Blumentopf, aus dem eine Blume wächst. Den rechten Flügel ziert nun das Kalkarer Stadtwappen, dessen schildförmiges weißes Feld in der Mitte von mir eine bildliche antifaschistische (dringend benötigte) Ergänzung bekam. Angelehnt an den Schwur der befreiten KZ-Häftlinge von Buchenwald sprühte ich auf das Schwert: NIE WIEDER KRIEG, und darunter: NIE WIEDER NAZIS. Wie schon bei meiner letzten Umgestaltung prangt nun wieder ein riesiges Peace-Zeichen auf dem quaderförmigen Sockel, eingerahmt von dem zeitlos aktuellem Motto der amerikanischen Friedensbewegung seit den 60er Jahren:
MAKE LOVE NOT WAR.
Ich war gerade fertig und brauchte kein unvollendetes Werk zu hinterlassen. Dann erschien die Staatsmacht in Form von zwei höflichen Polizistinnen. Natürlich folgte dann auch eine weitere Anzeige wegen Sachbeschädigung, schließlich war es ihr Job, und für mich ein kalkuliertes Risiko.

Kleve, den 10. 05. 2020

Wilfried Porwol, Kleve

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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