Er - ist - weg !

Da stand er und seine Gefährten, mitten in der Innenstadt.
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  • Da stand er und seine Gefährten, mitten in der Innenstadt.
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Kamp-Lintfort, 19. Dez. 2010, 11:00 Uhr.
Es hat geklappt, es hat gezündet, es hat geknallt, es hat gestaubt und er ist weg, end-gül-tig weg! Der letzte der 3 ungeliebten Türme, oder „weißen Riesen“, im Herzen von Kamp-Lintfort, ist wie in einem lauten Urknall am 4. Advent untergegangen. So, wie damals, in den 70er Jahren, fast zwei Häuserblocks schmucker und intakter Bergarbeiterhäuser zwischen Friedrichstraße und Maxstraße, Stück für Stück von Baggern weg gefressen wurden zum „Wohl des modernen Wohnungsbaus“, der uns heute, Gott sei dank, als Schotterschrott zu Füßen liegt!
Danke!
Derweil steht die restliche, 100 Jahre alte Zechensiedlung immer noch, ist schöner denn je und die größte zusammenhängende Bergarbeitersiedlung des Ruhrgebiets. Sie wäre mit den abgerissenen Häusern wahrlich noch imposanter!
Er ist weg! Gut so, Glücksgefühl, Jubel, keinerlei Trauer.
Aber es ist auch eine Geschichte des kleinen E., der damals in den 50er Jahren den Kindergarten an der Ringstraße, gegenüber dem Haus von Dr. van Elsbergen besuchte.
Jeden Morgen wurde er von seiner Mutter liebevoll mit einem fetten Kuss auf die Stirn und der Sorge, dass unterwegs etwas passieren könnte, mit seinem rehbraunen Butterbrottäschchen mit Drehverschluss um den Hals auf den Weg zum Kindergarten geschickt.
"Und wenn Du über die Straße gehst, dann schau vorher schön nach rechts und links ob auch der O-Bus nicht kommt und gehe nicht mit fremden Leuten mit", mahnte damals seine Mutter immer.
Und der kleine E. fand den langen Weg nach anfänglicher Begleitung seiner Mutter auch schnell allein über die Auguststraße, Albertstraße, Ebertstraße und Christianastraße zu seinem Kindergarten, wo er und die anderen Kinder bereits von den „Kindergartenschwestern“ erwartet wurden. Und E. fühlte sich wohl dort.
Er verbrachte damals eine unbeschwerte Zeit mit Spielen im Haus oder bei gutem Wetter im großen Gartenspielplatz, der zur Christianastraße hin durch Garten und riesigen Pyramidenpappeln begrenzt wurde. Mit seinem wibbeligen Freund W. G. erlebte E. damals eine ereignisreiche Kindergartenzeit.
Und er erinnert sich an Weihnachtsgeschenke, die seine Eltern seinerzeit vor den Festtagen abends in diesem Kindergarten für ihn gebastelt hatten. Es waren damals die schönsten Weihnachtsgeschenke der Welt!
Doch nachdem er schon lange aus dem Kindergarten raus war und seinem Job nachging, wurden in den 70er Jahren 2 Häuserblocks und auch sein Kindergarten abgerissen, von Baggern, Haus für Haus, Pappel für Pappel. Auch die Christianastraße wurde ausgelöscht und es entstanden Wohntürme dort, Wohntürme mitten im Zentrum der Bergarbeiterstadt!? Aber jetzt, nach bald 40 Jahren, ist endlich der letzte Turm gefallen, genau auf den ehemaligen Spielplatz seines Kindergartens ist er gestürzt.
Rummms!
Das bringt E. zwar nicht den Kindergarten und die alten Zechenhäuser zurück, aber er freut sich trotzdem darüber.
Kamp-Lintfort, 19. Dez. 2010, 11:00 Uhr - und er ist weg – und E. war da!

Autor:

Elmar Begerau aus Kamp-Lintfort

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