Für Elke Kotthoff lassen sich Homeoffice und Homeschooling nicht miteinander verbinden
"Beides zusammen geht nicht"

Elke Kotthoff ist Leiterin des Fachdienstes Schule beim Caritasverband Kleve. Foto: Caritasverband Kleve
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  • hochgeladen von Christian Schmithuysen

KLEVE. Wenn Elke Kotthoff die Worte "Homeoffice" und "Homeschooling" in einem Zusammenhang hört, dann sträuben sich ihr die Haare. Ihrer Meinung nach passen die Begriffe nicht überein. „Im Homeoffice erledige ich meinen eigentlichen Arbeitsauftrag – nur an einem anderen Ort, in anderen Räumlichkeiten. Homeschooling implementiert, dass der schulische Vormittag zu Hause stattfindet. Beides zusammen, zur gleichen Zeit geht einfach nicht“, meint Elke Kotthoff.

Warum? Weil Eltern sich nicht aufteilen können. Sie können nicht ihre Arbeit verrichten und parallel dazu Kinder betreuen und beschulen. Die Folge: Eltern sind gestresst, geraten unter Druck, weil sie weder das eine noch das andere richtig gut erledigen können, sie suchen sich Zeitfenster, frühmorgens, spätabends. „Eltern sind seit Wochen,on fire‘.

Das merken auch die Kinder. Sie nehmen die Anspannung, die mangelnde Zeit, Störungsquellen wie Telefonate und E-Mails zu jeder Tages- und Nachtzeit wahr. Denn mal ehrlich: Homeoffice bedeutet bei vielen auch eine dauernde Erreichbarkeit“, sagt Kotthoff. Erwartet werde das alles aber schon, also Homeoffice gepaart mit Homeschooling. „Die Leidtragenden sind die Kinder, auch sie sind Verlierer der Pandemie.“

Elke Kotthoff ist Pädagogin, systemische Beraterin und Leiterin des Fachdienstes Schule beim Caritasverband Kleve. Dazu gehören die Integrationshilfen, der Offene Ganztag und die Schulsozialarbeit. Alles Bereiche, die vom Lockdown betroffen sind. Und sie ist Mutter. „Vielen Eltern fällt es schwer, die Rolle der Lehrer zu übernehmen“, berichtet Elke Kotthoff.

Dabei nimmt sie sich selbst nicht aus. Schließlich sei der Lernort Schule nicht einfach eins zu eins auf das Elternhaus zu übertragen. „Das fängt bei den Räumlichkeiten und der Umgebung an und hört beim sozialen Miteinander im Klassenkontext und bei eigenen didaktischen Fähigkeiten auf. Und es bedarf eben auch Ruhe und Gelassenheit. Mit Blick auf das Arbeitshandy kann man schlecht den eigenen Kindern die Schulaufgaben altersgerecht vermitteln“, sagt Kotthoff, die weitere Herausforderungen aufzeigt. So hätten Eltern nicht die Autorität eines Lehrers, einer Lehrerein, manche sogar Angst, etwas falsch zu machen.

Andere wiederum seien nicht in der Lage, ihren Kindern bestimmte Inhalte zu vermitteln. „Diese Eltern und Kinder haben es momentan doppelt so schwer. Ehrlich gesagt, ich befürchte, dass die Bildungsschere durch Corona und Homeschooling eher größer statt kleiner wird. Dabei haben alle Kinder ein Recht auf Bildung.“

Recht auf Bildung sei das eine, Recht auf Teilhabe das andere. Elke Kotthoff hat in den vergangenen Wochen von vielen zurückgezogenen und antriebslosen Kindern erfahren. Was fehlt, sei die Struktur. „Kinder sind normalerweise einen ganz anderen Alltag gewohnt. Sie gehen zur Schule, ihre Eltern zur Arbeit. Wenn beide wieder aufeinandertreffen, ist Familie und Freizeit angesagt“, berichtet Kotthoff und ergänzt: „Die jetzige Situation ist vollkommen verdreht und diametral.“ Schule und Job werden eins. Dazu kommen Verbote und Kontaktbeschränkungen. „Gerade Kinder aber brauchen Gesellschaft, sie wollen spielen, albern sein, sich austauschen“, so Kotthoff.

Schule sei so viel mehr als nur ein reiner Ort des Lernens. Schule bedeute Struktur und Alltag, soziales Miteinander und Freundschaften. Auch der Drang sich zu bewegen – sei es im Sportverein oder im öffentlichen Raum – spiele eine wesentliche Rolle bei der kindlichen Entwicklung. „Da greifen die aktuellen Maßnahmen zu kurz. All das lässt sich nicht zu Hause auffangen, schon gar nicht über mehrere Wochen.“

Licht im Dunkeln

Für ein wenig Licht im Dunkeln sorgt zumindest die Tatsache, dass die aufsuchende Kinder- und Jugendhilfe weiterhin gewährleistet wird. So bieten die Integrationshilfen des Caritasverbandes Kleve mittlerweile die Schulbegleitung zu Hause an. „Das kommt nicht nur den Kindern zu Gute, das ist auch für die Eltern eine wahre Entlastung“, sagt Kotthoff. Auch die Erziehungsbeistandsschaften, die Einzelfallhilfe für Kinder und Jugendliche, verrichten weiterhin unter den gebotenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen ihren Dienst.

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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