(Wethmar Ost Vol. I ) Bürgervertreter lehnen Nahversorgungsstandort in Wethmar ab

Nahversorgung Wethmar Ost

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In der Ausschusssitzung Stadtentwicklung am 11.09.2018 wurde als TOP 1 der Bürgerantrag der Siedlergemeinschaft Wethmar Mark e.V. (SGM) beraten.

Um was ging es:

In Wethmar Ost zwischen Dorfstr. und Oststr. ist eine neue Wohnsiedlung in Planung. Konzipiert sind ca. 150 Wohneinheiten für ca. 375 Einwohner.

In der vorlaufenden Planung wurde die Ansiedlung von Nahversorgung in diesem Plangebiet geprüft.
Ein solches Vorhaben entspricht allen Kriterien des bestehenden Nahversorgungskonzeptes der Stadt Lünen.

Seit dem Jahr 2000 warten die Anwohner der Wethmar Mark und die anderen Wethmaraner Bürger händeringend auf eine wohnnahe Versorgungsmöglichkeit und offenbar schien jetzt nach 18 Jahren die Schließung der Versorgungslücke denkbar.

Doch weit gefehlt!

Es existiert ein Gutachten des offensichtlichen Auftragsgebers Wohnungsbaugenossenschaft Lünen eG.
Darin kommt das Gutachterbüro anhand von Schätzungen, Kaufkraftkennziffern und statistischen Zahlenmaterials (offenbar aus bundesweiten Erhebungen) zu dem Schluss, das durch ein Nahversorgungsstützpunkt in Wethmar ggfs. der NETTO-Markt an der Münsterstr. In der Existenz gefährdet sei.
Derzeit sollen bis zu 15% des Umsatzes von gesamt 4,1 Mio. EUR Käufer aus Wethmar beisteuern.
Das führt dann gemäß der Vorgaben des Landesentwicklungsplans NRW und dem Ziel 6.5-3 (Beeinträchtigungsverbot) zu der Schlussfolgerung der Stadtverwaltung:
Keine Nahversorgung in Wethmar.

Gegen diese theoretischen Berechnungen wandte sich die Siedlergemeinschaft Wethmar Mark e.V. mit ihrem Antrag (hier lesbar).

Sie stellte bei Hervorhebung der besonderen Struktur und Gegebenheiten des NETTO-Marktes die kleinräumige Quartiersbetrachtung in den Vordergrund.
Danach sind aus fachlicher Sicht des Städtebaus die theoretischen Gutachten-Angaben nicht belastbar.
Die Annahme einer Umsatzverlagerung vom NETTO-Markt nach Wethmar von 15% des Umsatzes ist vollkommen überzogen.

Das Fazit der Siedlergemeinschaft Wethmar Mark e.V. ist:

  • Ein neuer Versorgungsstandort in Wethmar-Ost ist vollständig konform mit den Handlungsempfehlungen des Nahversorgungskonzeptes der Stadt Lünen.

  • Die grundlegende Feststellung der Gefährdung des Standortes des NETTO-Marktes Münsterstraße durch eine Nahversorgung in Wethmar-Ost ist nicht realitätsbezogen und belastbar und kann insoweit nicht maßgeblich für eine Ablehnung des Standortes sein.
  • Für den Fall einer nicht auszuschließende Aufgabe des NETTO-Marktes in der Zukunft aus unternehmensbezogenen Gründen (zu kleine Verkaufsfläche) ist die Nahversorgung Münsterstraße / Wethmar ohne eine Versorgungsansiedlung in Wethmar nicht mehr gegeben.
  • Die Nachfrage potenter Lebensmittelhändler mit vertretbarer Grundfläche, wie z. B. Penny und Norma, an einem Standort in Wethmar-Ost ist vorhanden und realisierbar.
  • Der hohe Jugendquotient des Stadtteils Wethmar spricht explizit für die Ansiedlung einer kurzläufigen Nahversorgung.
  • Die Ablehnung eines Versorgungsstandortes in Wethmar-Ost ist zukunftsorientiert aufgrund dann mangelnder Flächen eine nicht wieder zu behebende Fehlplanung der Stadtteilentwicklung.

Der Ablauf der Sitzung:
Die Stadtverwaltung sieht das (für die Wohnungsbaugenossenschaft Lünen eG ) erstellte theoretisch basierte Gutachten als das Maß der Dinge (die Stellungnahme mit den Gutachten-Eckdaten hier).

Die Anregung der SGM zu vergleichbar geringen Kosten eine Befragung durchzuführen und festzustellen aus welchem Einzugsbereich sich die Käuferströme tatsächlich rekrutieren, wurde mit der Begründung abgelehnt "damit sind keine validen Ergebnisse erzielbar".

Das ist insofern bemerkenswert, da bei zwei nachfolgenden TOP`s, nämlich
bei der Frage "Wie viel Parkplätze müssen für die Schüler des Berufskolleg geschaffen werden, 200 oder 400?"
und bei dem Thema "Von wie vielen PKW und Fahrradfahrern wird die im Zusammenhang mit der neuen Siedlung zu sanierende Dorfstraße/Im Brok  genutzt?"
gleichwohl Bürgerbefragungen zur Schaffung valider Ergebnisse vorgesehen sind!

Vollkommen unverständlich in dem Zusammenhang war die Abkanzelung des Antrags der Siedlergemeinschaft Wethmar Mark e.V. als "rechtlich und fachlich nicht ordentlich" durch den Abteilungsleiter Stadtentwicklung, Thomas Berger.
HALLO…müssen Antragsteller den qualifizierten Abschluss eines Stadtentwicklers durchlaufen haben…oder sollten Bürgeranträge nicht genau in diesen fachlichen und rechtlichen Dingen durch die Stadtverwaltung aufbereitet und unterstützt werden?

Vorschlag der Stadtverwaltung somit:
Ablehnung des Nahversorgungsstützpunktes in Wethmar.

Die von den Bürgern gewählten Vertreter der Ratsfraktionen äußerten sich folgendermaßen dazu (nach Gedächtnisprotokoll):

SPD-Ratsfrau Mendrina (Vertreterin des SPD in der Barbarasiedlung):
Wir schließen uns dem Vorschlag der Stadtverwaltung an. Zudem stellt der NETTO-Markt ein Kommunikationstreffpunkt der Anwohner dar (Anm. d. Verf.: da könnte den Wethmaranern ein Nahversorgungsmarkt auch hilfreich sein, nachdem Tischer`s Bude als Treffpunkt nach der Schliessung eine Lücke hinterlassen hat).

CDU-Ratsherr Feller:
ebenso.

Grünen-Ratsherr Matthee:
Die Grünen haben prinzipiell mit dem Gesamtbebauungsplan Probleme, deshalb auch mit der Nahversorgung.

GFL-Ratsherr Prof. Hofnagel:
Die GFL kann zu 50% die Begründungen der Stadtverwaltung nachvollziehen und zu 50% die der SGM. Deshalb keine 100% Ablehnung, vielleicht wäre noch weitere Aufarbeitung angebracht.

Stimmen der anderen Fraktionen (FDP, sowie die auch durch den Architekten Fuhrmann vertretenen FWL) meldeten sich erst gar nicht zu Wort.

Abstimmungsbeschluß:
• Keine Befürworter
• Keine Stimmenenthaltungen
• Damit einstimmige Ablehnung der Nahversorgungsplanung!


Nun stellt sich natürlich die Frage:

Warum wenden sich alle Entscheider, Stadtverwaltung und von Bürgern gewählte Ratsvertreter, rundweg gegen eine Überprüfung des theoretisch basierten Gutachtens, das ursächlich für die Ablehnung der Nahversorgung in Wethmar steht?
Die GFL z. B. hat sich bei Anforderungen der Überprüfung von Gutachten —Bauzustand Salford-Brücke / Fußgängerbrücke Kurt-Schumacher-Str.—
jedenfalls bislang nicht zurückgehalten.

  • Spielt dabei der Auftraggeber des Gutachtens, die Wohnungsbaugenossenschaft Lünen eG, eine Rolle?

  • Haben einfach die möglichen Erlöse für die durch eine Nahversorgungsumsetzung wegfallenden vermarktbaren Einzelgrundstücke die höhere Priorität vor den Belangen der angesiedelten Allgemeinheit?

  • Sind die, gerüchteweise, nachdrücklich vorgetragenen Einwände jetziger einzelner Grundstückseigentümer für die etablierten Parteien bei der Entscheidungsfindung entscheidend?


Wahrscheinlich sind bei längerem Nachdenken noch weitere Überlegungen vorstellbar!

Fakt bleibt:
Bei unveränderter Haltung der Stadt und der gewählten Bürgervertreter ist weiterhin für die nächsten 20 Jahre mit einer kurzläufigen Nahversorgung für Wethmar nicht zu rechnen.

Das erinnert fatal an die heutige Situation Gahmens.
Im Rahmen des mit Millionen Beträgen forcierten Projektes "Soziale Stadt Gahmen" wurde das vorhandene Einzelhandelskonzept durch die begleitende Fachabteilung nicht konsequent umgesetzt
Die Auswirkungen sind bekannt.
Gahmen hat alle Versorger verloren. Im Nachgang ist es dann zur Schließung der Sparkassenfiliale gekommen.
Die Konsequenz somit " Keine Lebensmittel mehr vor Ort, kein Bargeld mehr vor Ort…ein mit Millionenbeträgen gefördertes Trabantenstadtteilviertel, deren Bewohner sich ja "ohne Probleme" in den umliegenden Stadtvierteln (Lünen-Süd, Derne, Stadtmitte) mit allem Notwendigen per PKW und ÖPNV versorgen können!

Vielleicht wäre noch eine Situation zur Informationsgewinnung vorstellbar, in dem man die angekündigte Bürgerveranstaltung zur Feststellung der Nutzerfrequenz durch PKW und Fahrräder der Dorfstr. in Wethmar Ost erweitert um die im Rahmen der Siedlungsneuplanung Wethmar-Ost aufgeworfenen Fragestellungen zu einem Nahversorgungsstützpunkt!

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Autor:

Reiner W. Dzuba aus Lünen

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