Weihnachten 900 Meter unter Tage

Gruppenbild unter Tage: „Der Elektriker machte das Foto“, so Günther Krüger.
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„Es war der krüppeligste Baum an dem Verkaufsstand“, blickt der ehemalige Bergmann Günther Krüger zurück an ein Weihnachten vor rund 60 Jahren. Das fast unverkäufliche Exemplar eines Christbaums kam dann aber doch zu besonderen Ehren. Für den Baum ging es 900 Meter unter Tage. Dort wurde er von den Kumpels geschmückt.

Krüger war damals gerade18 Jahre jung und aus der Lüneburger Heide nach Lünen gekommen. In der Zeche Klöckner in Werne fand er schnell eine Arbeit.

Kurz vor Weihnachten hatte Krüger Mittagsschicht im Schacht 3 in Rünthe. „Dann haben wir den Baum gesehen, rumgealbert und gesagt: Den nehmen wir mit nach unten.“ Gesagt getan, der Baum wurde unter Tage einfach aufgestellt.
Und der Baum schmückte sich fast wie von selbst. Kumpels, die vorbeigingen, hängten einfach etwas in die Tanne. „Prisepullen und Watte, überall war was dran“, erinnert sich Krüger. Schnell war auch ein Schild „Frohes Fest“ gefunden. Weihnachtsbaumkugeln und weiterer Schmuck kamen Tage später auch noch hinzu.

Weitere Verbesserungen erhielt der Baum dann von den Bergmännern mittels Bohrmaschine. In gebohrte Löcher im Stamm setzten die Kumpels weitere Zweige. Der Baum war ein echtes Schmuckstück in der sonnenlichtlosen Welt geworden. Ein Elektriker machte dann ein tolles Erinnerungsfoto. „Wir hatten wohl den tiefsten Weihnachtsbaum, den es weit und breit gab“, so Günther Krüger.

Den Heiligabend selbst verbrachte er aber nicht unter Tage. „Ganz ruhig“ wurde das Fest mit ein paar Kumpels im Ledigenheim, in dem er damals untergebracht war, gefeiert. Zu den damaligen Zeiten „war Weihnachten auf der Straße gar nichts los. Alles war zu“, erinnert sich der Bergmann. So gab es für ihn auch keine Möglichkeit, zu seinen Brüdern nach Lünen zu fahren.

An die Zeit unter Tage mit seinen Kumpels erinnert sich der 78-Jährige gerne zurück. „Da hatten wir noch die schweren Handlampen, nur der Steiger hatte eine Blitzerlampe. Dazu arbeiteten zwei Pferde unter Tage. In ihrer Freizeit weideten sie auf den Lippewiesen“, so Krüger. Der Weihnachtsbaum jedenfalls stand damals noch ungefähr vier Wochen so im Schacht.

Autor:

Holger Schmälzger aus Dortmund-Süd

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