TKL TRIANEL Kohlekraftwerk Lünen || Politische Bewertung vs. Faktenlage

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Die JUSOS als Nachwuchsorganisation der SPD versuchen seit längerem dem argumentativen Spagat zwischen erneuerbaren Energien und fossiler Stromerzeugung der großen SPD-Gemeinschaft auf Landes- und Bundesebene zu folgen; in Lünen explizit anhand ihrer positiven Beurteilung des TRIANEL Kohlekraftwerks Lünen (TKL).
Im LK-Beitrag vom 23.05.2014 anlässlich Ihrer Besichtigung von TKL wird festgestellt:

„Die Jusos Lünen bleiben nach dieser Betriebsbesichtigung weiter Unterstützer des Trianel-Kohlekraftwerks“, resümiert Juso-Vorsitzender Wolski.

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Aktuell nach dem letzten Urteil zur BUND-Klage gegen den Betrieb von TKL schwadroniert der JUSO-Vorsitzende am 17.06.2016:

Von nun an ist das Kraftwerk endlich rechtssicher und wird das Stadtbild für viele Jahrzehnte positiv prägen.

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Zur Rechtssicherheit bleibt festzuhalten:

  • Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ist noch die Klage des BUND gegen die wasserrechtliche Genehmigung für das Kraftwerk anhängig.
  • Der BUND hat inzwischen nach Vorlage der Urteilsbegründung eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision angestrengt.

Aber abgesehen vom Streit um die Umweltverträglichkeit des TKL und des in höchsten Tönen gelobten effizienten Wirkungsgrads des Kraftwerkes bleibt noch ein anderer wichtiger Gesichtspunkt des Projektes zu beleuchten: Die Wirtschaftlichkeit.

Kleiner Zwischeneinschub zum Wirkungsgrad.
Wenn ein Wirkungsgrad von um die 46% effizient ist, dann heißt das im Übrigen, dass die Hälfte der verbrannten Kohle ohne Nutzen einfach in die Luft geblasen wird!
Um etwas mehr Effektivität zu gewinnen, bemüht sich TKL um die Akquisition von Fernwärmeabnehmern. Rund 140 MW könnten bereitgestellt werden (das erhöht den Wirkungsgrad auf –
dann gerade einmal- 50%).

Die Stadtwerke Lünen ist inzwischen Fernwärme-Abnehmer von ca. 35 MW. Zur Vermarktung der restlichen Menge bemüht man sich um die Abgabe nach Dortmund.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, die Immissionen bleiben in Lünen, der (Fernwärme-) Nutzen geht nach Dortmund.
Als ein Grund ist festzuhalten, dass die Stadtwerke Lünen (SWL) anscheinend nicht bereit ist einen Ausbau des Fernwärmenetzes in Lünen ins Auge zu fassen.

Eine günstige Möglichkeit wäre z. B. die Versorgung des neu als IHK-Projekt deklarierten Gebietes der Victoria-Siedlung zu entwickeln!
Diesbezügliche Vorschläge der JUSOS oder der SPD-Nord , die dort immer noch eine Mitgliederhochburg hat und deren Vorstandsmitglied Hugo Becker gleichzeitig Aufsichtsratvorsitzender der SWL ist, sind allerdings bislang nicht bekannt!

Zur Wirtschaftlichkeit:

Die TKL-Jahresabschlusszahlen für 2015 wurden mit Spannung erwartet.
Die Publikation der Zahlen ist nun knapp vor Ablauf der gesetzlichen Veröffentlichungsfrist (31.12.) im Bundesanzeiger erfolgt.

Dieses unnötig lange Abwarten der Zahlenpublikation bis zum vorgegeben maximalen Zeitlimit ist übrigens kein Zeichen von Transparenzgebaren und freiwilliger Information des Bürgers.

Noch exzessiver wird diese Praxis von der SWL gelebt.
Auch deren Jahresabschlüsse sind regelmäßig spätestens Mitte des Nachfolgejahres von allen Gremien verabschiedet, werden dann aber auch bis zur letzten Fristmöglichkeit von der Veröffentlichung zurückgehalten (Beispiel Konzern-Abschluss SWL 2013 = Veröffentlichungsdatum 20.03.2015 !!!).
Im übrigen sind die Jahreszahlen auch nicht über den 100%-Gesellschafter Stadt Lünen vorher erhältlich!
Methode?

Die nachfolgenden Zahlen TKL sprechen erst einmal für sich:


MA = Mitarbeiter

Ergänzende Info:
2. HJ 2008 Baubeginn
07/2013 Inbetriebnahme
2014 volles Geschäftsjahr
2015 5 Monate Stillstand wegen Kessselschaden / weitgehende Versicherungsentschädigung

Resumee:

  • 1. auch im störungsfreien Betrieb hoher Verlustausweis.
  • 2. über 120 Mio. EUR aufgehäufter Verlust in 7 Jahren.
  • 3. weit und breit keine versprochenen Gewerbesteuereinnahmen für Lünen absehbar.
  • 4. das (restliche) Eigenkapital in Höhe von ehemals 132 Mio. EUR ist spätestens jetzt in 2016 verbraucht.
  • 5. Bis 2016 mussten die Gesellschafter ihren Beteiligungswert nur abschreiben, ab dann müssen sie weitere Nachschüsse einzahlen.
  • 6. Entwickelt sich der Energiemarkt, wie zu befürchten, weiter gegen den fossilen Sektor, werden die Gesellschafter gegebenenfalls zusätzlich auch zur Kapitaldienstbedienung für die enorme Projektfinanzierung herangezogen werden müssen (2015 noch 1.207 Mio. EUR ).
  • 7. die Stadtwerke Lünen mussten sich 2015 nur mit 0,7 Mio. EUR am Verlust von TKL beteiligen, sind aber natürlich mit im Haftungsverbund für die TKL-Verbindlichkeiten

Die Risikoposition der Gesellschafter von TKL wird durch folgenden Auszug aus dem Jahresabschluss 2015 von TKL verdeutlicht:

Hier wird klar aufgezeigt, dass TRIANEL alle wirtschaftlichen Probleme auf die Gesellschafter, u. a. SWL, verlagert hat!

Die Stadtwerke Aachen AG (einer der "großen" Gesellschafter von TKL) bekundet bereits in ihrem Jahresabschluss 2015 für den Bereich TKL Drohverlustrückstellungen zu bilden!
Ähnliche Risikovorsorge ist in den bislang bis 2014 vorliegenden Jahresabschlüssen der SWL nicht erkennbar!

Um abschließend noch einmal das Zitat der JUSOS von oben aufzugreifen

…wird das Stadtbild für viele Jahrzehnte positiv prägen.

ist nur zu wünschen, dass sich die "positive Prägung" nur auf das (sicherlich auch ambivalente) optische Erscheinungsbild erstreckt und nicht — wie zu befürchten ist — auch auf Dauer die finanzielle Lage von SWL und damit auch des 100%-Gesellschafters Stadt Lünen "prägt"!

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Autor:

Reiner W. Dzuba aus Lünen

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