TTIP – CETA – was spricht dagegen Vol. 1

Am 10.10.2015 fand in Berlin mit der Anti-TTIP Demo eine der größten Demonstrationen seit den 90ern statt. Nach Angaben der Polizei waren es 150.000 Teilnehmer, während die Organisatoren sogar von bis zu 250.000 Teilnehmern ausgingen. Das zeigt eindrucksvoll, wie wichtig das Thema den Menschen ist.

Und auch wenn die Befürworter dieses Freihandelsabkommens jegliche Kritik als überzogen und irrational darstellen wollen, so zeigt eine im Auftrag von Campact und Foodwatch von Emnid durchgeführte Studie, dass bei den Bundesbürgern die Zustimmung zu TTIP weiter sinkt.
Einem Bericht auf SPIEGEL ONLINE zufolge halten inzwischen 46 % der Bürger TTIP für "eine schlechte Sache", dagegen nur noch 34 % für "eine gute Sache". Im Februar 2014 sah das noch ganz anders: 55 % dafür und 25 % dagegen. Zwischenzeitlich wurde die Umfrage insgesamt 6 Mal durchgeführt, immer mit identischer Fragestellung, um die Veränderung in der Haltung der Bundesbürger gegenüber dem Abkommen festzustellen.
69 % der Befragten sind darüber hinaus der Ansicht, dass sich der Umwelt-u. Verbraucherschutz verschlechtern wird, 62 % sehen die Arbeitnehmerrechte gefährdet und 73 % glauben, dass TTIP dem Datenschutz schadet.

Es wird zwar in den Medien gern so dargestellt, dass TTIP-Gegner gegen den Freihandel schlechthin sind. Das ist so aber nicht richtig. Ginge es nur um die Harmonisierung von Standards auf dem jeweils höchsten Niveau und den Wegfall von Zöllen, wäre die Zustimmung weitaus größer.
Die Kritik an TTIP und CETA basiert auf der Intransparenz (nicht einmal unsere Bundestagsabgeordneten können die Unterlagen einsehen, EU-Parlamentarier eine Stunde lang in einem abgeschlossenen Raum) und strikter Geheimhaltung. Hier vermutet der Bundesbürger meiner Ansicht nach zurecht, dass etwas ausgekungelt wird zum Nutzen der Großkonzerne und zum Schaden der Menschen und der Umwelt.

Liest man die Studie der Arbeitskammer Wien zum Thema 'öffentliche Dienstleistungen in TTIP und CETA', die kürzlich veröffentlicht wurde, so sind die Proteste der TTIP-Gegner absolut gerechtfertigt.

Um nur einige Stichpunkte aus der Zusammenfassung zu nennen:

- Beeinflussung der Verhandlungen durch Lobbygruppen wie BusinessEurope und European Services Forum (Lobbyorganisation, die Unternehmensverbände der Dienstleistungsbranche und Großkonzerne wie British Telecommunications und Deutsche Bank vereint)

- Liberalisierungsverpflichtungen für Dienstleistungen nach dem Modell der „Negativliste“. D.h. grundsätzlich müssen alle Dienstleistungen liberalisiert werden, es sei denn sie werden ausdrücklich ausgenommen. Das bedeutet aber auch, dass alle künftigen Dienstleistungen, die sich noch im Zusammenhang mit der fortschreitenden Technologieentwicklung ergeben, bereits heute Bestandteil des Vertrags werden. Denn was man heute noch nicht kennt, kann man schlecht als Ausnahme benennen. Laut der Studie drängt die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten, das Prinzip der Negativliste zu akzeptieren „und so den Forderungen der Wirtschaftslobby nachzukommen.

- Gesundheits – und Sozialdienste sollen künftig in 11 Staaten liberalisiert werden. In CETA und in den jüngsten Entwürfen zu TTIP ist die Langzeitpflege für ältere Menschen in stationären Einrichtungen betroffen. Der pflegebedürftige Mensch als Ware, so weit darf es nicht kommen.
Und weiter: „ So möchte das US-Unternehmen Home Instead (führender Anbieter häuslicher Pflegedienste mit Partnerbetrieben in der EU) Arbeitsregelungen wie bezahlten Urlaub für Teilzeitkräfte abgeschafft wissen.

- Einschränkung der Freiheit öffentlicher Versorger, Energie entsprechend den Interessen der Allgemeinheit zu erzeugen und zu verteilen.
Dazu heute ein Artikel auf SPIEGEL ONLINE: Regierung will Direktvergabe von Energienetzen blockieren - Empfindlicher Rückschlag für Kommunen, die ihre Energienetze in Eigenregie betreiben wollen: Ein Referentenentwurf des Wirtschaftsministeriums soll die Direktvergabe von Konzessionen an Stadtwerke verhindern.
Dabei geht es vor allem um die Rekommunalisierung von Strom- und Gasnetzen. Besonders pikant: „Seit Jahren versuchen deutsche Kommunen, die Strom und Gasversorgung wieder in die eigene Hand zu bekommen. Doch immer, wenn Städte in der Vergangenheit den Betrieb der Gas- und Stromnetze an ihre Stadtwerke vergaben, stießen sie auf den Widerstand der großen Energiekonzerne, die sich das lukrative Geschäft nicht wegnehmen lassen wollten. Durch die unklare Rechtslage bekamen sie meistens auch vor Gericht Recht“.
Tja, noch so ein kleiner Vorgeschmack, was uns da mit TTIP und CETA noch alles blüht.

Wer sich mit der Studie aus Wien näher beschäftigen möchte, der kann die Zusammenfassung unter http://corporateeurope.org/sites/default/files/attachments/de-summary-public-services.pdf finden. Ich kann nur sagen: es lohnt sich!

Außerdem möchte ich noch folgenden, sehr schön gemachten Erklärfilm zu TTIP empfehlen:

(mit freundlicher Genehmigung von Stiftfilm, Dipl. Designer & Illustrator Jonas Kramer)

Die PIRATEN in Lünen planen einen neuen Termin für einen Info-Stand und hoffen, mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen.

Im nächsten Teil möchte ich versuchen, die Brisanz des Abkommens anhand konkreter Beispiele zu erläutern.

Autor:

Friederike Wachter aus Lünen

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