Florian Kralani spielte für die deutsche Nationalelf bei der Gehörlosen-EM

Mit dem deutschen Bundesadler auf Brust: Florian Kralani holte bei der EuroDeaf 2015, der Fußballeuropameisterschaft der Gehörlosen, den fünften Platz.
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Als junger Fußballer begann Florian Kralani beim VfB Lünen, wechselte zum Lüner SV und spielt seit einem Jahr für den BV Brambauer. So weit eine ganz normale Lüner Fußballgeschichte. Doch Florian ist seit seiner Geburt gehörlos und im Gehörlosenfußball erreichte er bemerkenswerte Erfolge: Mit Düsseldorf wurde er Deutscher Meister und im Juni trug er bei der Europameisterschaft das DFB-Trikot.

Im Alltag kommt der Lüner mit seinem „Cochlea-Implantat“ gut zurecht. Diese Hörhilfe kostet rund 9.000 Euro und er trägt sie seit seinem neunten Lebensjahr. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten. „Es war am Anfang schwierig, die Hörstärke musste immer wieder angepasst werden. Aber es wurde immer besser, auch meine Sprache“, blickt Kralani zurück. Er musste das Hören völlig neu erlernen im Alter von neun Jahren. Florian kann aber auch Gebärdensprache und von den Lippen lesen.

Deutscher Meister mit GSV Düsseldorf

Wie Florian zum Gehörlosenfußball und später sogar zur Nationalmannschaft kam? Vor rund drei Jahren kontaktierte ihn ein Trainer vom GSV (Gehörlosen-Sportverein) Düsseldorf und fragte nach, ob Florian in der Gehörlosenliga spielen wolle. „Die Liga kannte ich bis dahin gar nicht“, so Kralani. Denn die Liga wird nicht vom DFB, sondern vom Deutschen Gehörlosen Sportverband gemanagt.
Florian lief ab da regelmäßig für die Rheinländer auf, die Spiele finden am Samstag statt, damit man nicht mit der Amateurliga am Sonntag kollidiert.
Spielt er beim BV Brambauer kann er theoretisch sein Implantat tragen, doch im Gehörlosensport ist die Hörhilfe tabu. Damit für alle die gleichen Bedingungen herrschen.

Deshalb hat der Schiedsrichter dort neben seiner Pfeife auch extra eine Fahne, um Regelverstöße anzuzeigen. „Es kann aber dann natürlich auch sein, dass man die Fahne nicht sieht und die Teams noch mehrere Sekunden weiterspielen, bis man merkt, dass der Schiedsrichter unterbrochen hat“, erläutert der 19-Jährige. Da der Hörsinn im Spiel fehlt, muss Kralani umso mehr mit den Augen arbeiten. Ein Vorteil, was die Spielübersicht des offensiven Mittelfeldspielers betrifft.
Am 30. Mai wurde Florian mit Düsseldorf sogar Deutscher Meister. Im Finale in Frankfurt schlug man GSG Stuttgart mit 4:2. „Auf jeden Fall war das vom Erfolg her einer meiner schönsten Momente im Fußball“, so Florian Kralani.

Ein weiterer besonderer Moment: Mit der U21-NRW-Auswahl wurde er Meister beim Turnier in Hamburg. Ein weiteres Highlight folgte vor wenigen Wochen: Über seine guten Leistungen im Düsseldorfer Team berief Nationalcoach Frank Zürn den Lüner ins deutsche Team.

„Meine Familie kommt ursprünglich aus dem Kosovo. Aber ich bin hier aufgewachsen. Das ist für mich der Grund für Deutschland zu spielen. Und auch eine Ehre.“ Bereits im letzten Jahr sollte er für das Nationalteam beim Vier-Nationen-Turnier spielen. Ein Kreuzbandriss machte ihm ein Strich durch die Rechnung.

Bei der EM, 16 Nationen waren dabei, holte Florian mit der DFB-Elf den fünften Platz. Im Viertefinale unterlag man dem späteren Vizemeister Russland mit 1:2. „Wir haben unverdient verloren“, so Kralanis Fazit. Der 19-Jährige wurde im Turnier vier Mal eingewechselt und absolvierte ein Spiel komplett.
Weltmeister wurde die Türkei, die gegen Russland mit 4:0 gewann. Für Florian war es auf alle Fälle ein besonderes Erlebnis. Voll motiviert, aber auch ein bisschen aufgeregt ging er in den internationalen Vergleich. Das Niveau des Nationalteams vergleicht der Lüner mit guter Landes- oder Westfalenliga. Das Turnier hatte ein olympisches Flair. Beim Treffen verschiedener Nationen kommt ein großer Vorteil der Gehörlosen zum Tragen. „Die Gebärdensprache ist international, in der ganzen Welt fast gleich. So kann man sich einfach verständigen“, so Kralani.
Und wie geht es für Florian weiter? Im nächsten Jahr stehen die U-21 EM in Polen und die Weltmeisterschaft in Italien an. Da hat der Youngster wieder sehr gute Chancen mit an Bord zu sein.

Gebärdensprache ist in der Welt fast gleich

Ach ja und mit dem BV Brambauer vielleicht den Wiederaufstieg schaffen, das wäre auch ein Ziel. „Wobei das sehr schwer wird, die Bezirksliga ist sehr stark“, so Kralani.

Ansonsten bastelt der sympathische Kicker gerade an seinem Abitur an einem Essener Berufskolleg. Beruflich will er etwas im Metallbereich machen. In seiner Freizeit steht nicht nur Fußball hoch im Kurs, auch Schwimmen und Fitness stehen auf dem Programm, ebenso wie Freunde treffen.

Hier geht's zu einem interessanten Video des DFB zur Gehörlosen-EM in Hannover. In Minute 2:46 ist auch Florian Kralani kurz zu sehen.

Autor:

Holger Schmälzger aus Dortmund-Süd

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