Rede des Bürgerbegehren „Rathaussanierung stoppen!“ im Haupt und Finanzausschuss der Stadt Marl

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Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Werte Damen und Herren,
wir sind davon ausgegangen, diese Erklärung vor dem Rat der Stadt Marl als das entscheidende Gremium der Stadt abgeben zu können, was sie uns jedoch nicht erlaubt haben, möchten uns aber dennoch für die Möglichkeit bedanken, Ihnen, den Mitgliedern des Haupt-und Finanzausschusses, unsere Gedanken und Intentionen zum Thema Rathaussanierung und unseres Bürgerbegehrens unterbreiten zu dürfen. Dennoch fordern wir gemäß §26 Gemeindeordnung unser Rederecht für die Ratssitzung am11.04.2019 ein, und wir mochten,
dass diese Forderung mit zu Protokoll genommen wird.

die Gesamtsituation

Nun möchte ich aber mit meinen Ausführungen starten:
Zum besseren Verständnis werde ich zunächst die Gesamtsituation kurz schildern. In 2015 gab es die Ratsentscheidung im Rahmen einer komplexen Entscheidungsvorlage für die Sanierung des Rathauses. Ausschlaggebend dafür waren die wirtschaftlicheren Daten gegenüber dem Neubau. 39 Millionen € für die Sanierung zu 50,6 Millionen für einen Neubau
incl. Indexierung und Risikozuschläge. Selbst die NRW-Finanzverwaltung, der das Vorhaben in dem Zeitraum vorgestellt wurde, sprach eine Empfehlung für die Sanierung aufgrund deutlich wirtschaftlicher Vorteile aus. In diesem Zusammenhang wurde die Paketvergabe gegenüber der Eigenrealisierung aufgrund erheblicher Effizienzvorteile empfohlen. Nebenbei sei erwähnt, dass
die Betrachtung der Varianten auch damals nach der heute üblichen Methode des Ressourcenverbrauchs nach NKF und der Berücksichtigung von Bilanzeffekten durchgeführt wurde.

neue Erkenntnisse

Nun sind von 2015 bis 2018 drei Jahre vergangen in denen offensichtlich neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Die Sanierungskosten belaufen sich inzwischen auf 70,25 Millionen € und dabei sind die Außenanlagen Creiler Platz (Bereich 5b der Planung) gegenüber den Kosten von 2015 noch gar nicht enthalten. Im September 2018 wurden dem Rat der Stadt Marl diese neuen
Erkenntnisse mitgeteilt, die Mehrkosten begründet und zur Entscheidung vorgelegt. Sie werden die Diskussionen und Redebeiträge dazu sicherlich noch in Erinnerung haben. Daher möchte ich gar nicht näher darauf eingehen. Aber die Mehrheit des Rates, wenn auch so mancher mit großen Bauchschmerzen, hat den Beschluss zur Rathaussanierung mit getragen
Einer aus Ihrem Kreis, gab in seinen Ausführungen u.a. folgenden Satz zum Besten:
„Natürlich habe das Rathaus einen gewissen historischen und auch einen
emotionalen Wert für die Bürgerinnen und Bürger. Es wäre doch schön gewesen, wenn man die Bürgerinnen und Bürger hätte entscheiden lassen, ob man nun saniere, oder neu baue. Aber auch dafür hätte die Zeit nicht gereicht. Dies sei sehr bedauerlich.“ (Zitat Ende)

Der Ansatz war nicht schlecht, und wir sind der Meinung, nach den Unterschriften die das Bürgerbegehren erzielt hat, sollten wir uns nun genau diese Zeit nehmen, die Bürgerinnen und Bürger entscheiden zu lassen, also uns Zeit nehmen für einen Bürgerentscheid.

Die Kosten steigen und steigen

Neben dem Kostenanstieg für die Sanierung, der begründet wurde mit zusätzlichen Auflagen, neuen Erkenntnissen und dem sozialen Rathaus, sind aber auch die Neubaukosten seit 2015 explodiert. Waren seinerzeit noch 50,6 Millionen Basis der Entscheidung, sind diese Kosten inzwischen auf 89,3 Millionen € nach Kostenschätzung der Stadt Marl vom 18.12.2018
angestiegen.

Tiefgarage mit 500 Stellplätzen

Darin enthalten ist
- ein Neubau für 600 Beschäftigte, woher auch immer diese Zahl kommt,
- eine Tiefgarage mit 500 Stellplätzen, neben der Tatsache, dass eine Tiefgarage
kostenmäßig der völlig falsche Ansatz ist, fragten wir uns, wozu 500 zusätzliche
Parkplätze benötigt werden. Zudem weist ein Planungspapier, dass bereits in der HuFa- Sitzung am 04.07.2017 zur Verkehrsführung der Jozefa-Lazuga-Str. vorgestellt wurde, da gab es noch kein Bürgerbegehren, bereits eine Tiefgarage an genau dieser Stelle aus.
Sollten da wohl Kosten Richtung Neubau verschoben werden?
- die Verkehrssicherungsmaßnahme für das alte Rathaus,
- die Sanierung des Sitzungstraktes und
- das soziale Rathaus
- Grundstückskosten für das stadteigene Grundstück als entgangener Gewinn.
Welcher von diesen Punkten sinnvoll bzw. notwendig ist, welche abzuändern sind oder sogar ganz entfallen können überlasse ich zunächst Ihrer Fantasie und möglicherweise auch dem Kostenrahmen, trotz aller Zuschüsse, in dem eine Stadt wie Marl sich zukünftig bewegen darf.

Standort für den Neubau

Als Standort für den Neubau hat die Verwaltung den Bereich vor Wohnen-Ost an der Josefa-Lazuga-Allee vorgeschlagen. Wir waren entsetzt, sowohl über die bewusst zu hoch gegriffene Kostenrechnung, zu der wir einen Einspruch eingelegt haben, als auch über die Wahl des Standortes. Dennoch mussten und sind wir mit genau diesen Informationen an die Öffentlichkeit
gegangen, haben die Unterschriften gesammelt und dabei auch die Meinung der Marler Bürgerschaft eingefangen.

Gespräche mit den Marlerinnen und Marlern

Zu unserer Überraschung wurde es, nachdem die Aktion einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hatte, sozusagen zu einem Selbstläufer. Wir sind uns sicher,
bei etwas weniger Vorbehalte persönliche Daten mit der Unterschrift abgeben zu müssen, etwas besseren Witterungsbedingungen und weniger Feiertagen, wir hatten Weihnachten und den Jahreswechsel, wären wir leicht auf die doppelte Anzahl Unterschriften gekommen. Wichtig waren uns aber auch die Gespräche mit den Marlerinnen und Marlern am Rande der Sammlung.
Natürlich gibt es auch die Fraktion, die das Rathaus erhalten möchte. Diese war jedoch deutlich in der Minderheit.

Die da oben

Dann gibt es diejenigen die bereits resigniert haben, mit der Aussage: „ Die da
oben, die Politiker machen ja doch was sie wollen.“ Das sollte uns und ihnen zu denken geben. Und als dritte Gruppe waren diejenigen vertreten, die uns zwar im Kern der Sache zustimmten, jedoch aufgrund des Denkmalschutzes ihre Unterschrift nicht setzten, da sie den Neubau damit für aussichtslos hielten.
Die meisten Bürgerinnen und Bürger halten jedoch den Abriss für die einzige logische Konsequenz.

Der bauliche Zustand der Türme


Bevor ich aber auf das Thema Denkmalschutz eingehe, lassen sie mich, verehrte Damen und Herren, noch einige Worte zu einer möglichen Sanierung der Rathaustürme sagen. Der bauliche Zustand der Türme, und das betrifft sowohl die Statik, als auch die Möglichkeiten, derartige Bauten zukunftsträchtig zu gestalten, lässt im Falle einer Sanierung nur wenig Gestaltungsfreiraum.

Präsentation Stadt Marl

Ich zitiere ganz kurz und nur auszugsweise aus der Präsentation Stadt Marl-HPP Punkt 7.
Tragwerk-Statische Untersuchungen-Türme 1 und 2: Die angesetzten Einwirkungen in der statischen Berechnung weisen keinerlei Reserven auf.
Damit kam die kostengünstigste Variante 1a mit folgendem Inhalt zum Zug: (auszugsweise)
-

Kosmetische Sanierung der Balkenköpfe

- Erhalt der inneren Aufhängung
Mit folgenden Konsequenzen:
- Lebensdauer von Beschichtungen max. 20 Jahre
- Einschränkungen im Raumprogramm
- Einschränkungen im Schallschutz
- Einschränkungen auf eine geplante Sanierung in Bezug auf Lasteneinschränkung
Das verstehen wir unter wenig zukunftsträchtig und wenig Gestaltungsfreiraum. Aus statischen Gründen kann keine, heute übliche, dreifach-Verglasung eingebaut werden. Aus statischen Gründen wird die Heizung von der Wand unter die Decke verlegt. Wie mit der wärme- und
schalltechn. Außenisolierung umgegangen wird, wurde uns noch nicht eindeutig beantwortet.

nicht  zukunftsorientierter Ansatz

Und wie das Raumwunder, lassen sie es mich mal ein wenig sarkastisch sagen, zukünftig insgesamt 600 Arbeitsplätze aufnehmen soll, so wie es für den Neubau angesetzt wurde, ist uns ebenfalls ein Rätsel. Es soll auf jeden Fall eine Arbeitsplatzverdichtung stattfinden ist uns mitgeteilt worden.
Das ganze halten wir nicht für einen zukunftsorientierten Ansatz, und daher auch unser Protest.

Denkmalschutz

Nun zum Thema Denkmalschutz, meine Damen und Herren,
dass der Rat der Stadt Marl nicht glücklich ist über den Denkmalschutz, der über das Rathaus verhängt wurde zeigte er bereits in seinem Abstimmungsverhalten, als er sich nämlich bereits dreimal dagegen entschieden hat. Ungeachtet der Tatsache, ob nun eine Sanierung ansteht, oder so wie wir, für einen Neubau plädieren, der Denkmalschutz wird der Stadt Marl zusätzliches Geld kosten, welches uns an anderer Stelle fehlt. Daher sollten wir gemeinsam gesteigerten Wert darauf legen, eine Entscheidung herbeizuführen, ob der Denkmalschutz überhaupt gerechtfertigt ist.

Ministerentscheid

Wir haben in unseren Diskussionen immer wieder darauf hingewiesen, dass
die Oberste Denkmalbehörde, sprich das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW letztlich noch den Denkmalschutz aufheben kann. Man muss es nur wollen, so wie es die Stadt Ahlen bei einem ähnlich gelagerten Fall, praktiziert hat, und am
06.03.2019 durch genau diese Instanz, der Obersten Denkmalbehörde, der Denkmalschutz für das Ahlener Rathaus aufgehoben wurde. Auch dieser Vorgang wird sich bereits herumgesprochen haben, und ich überlasse es nun Ihnen, die entsprechenden Schritte dazu einzuleiten.

Zukunft für unseren Kindern und Enkelkindern

Sehr verehrte Damen und Herren,
ich komme nun zum Schluss meiner Ausführungen, hoffe Ihnen einige Informationen zu unserem Anliegen geliefert zu haben, hoffe weiterhin Argumente dargelegt zu haben, über die es sich lohnt noch einmal nachzudenken und hoffe zum Dritten, dass wir für die Zukunft von Marl,
unseren Kindern und Enkelkindern jetzt die richtigen Entscheidungen auf den Weg bringen.
Wie sagte der Bürgermeister letztens noch? Jedes Jahr Verzögerung kostet Millionen und ein Rechtsstreit könnte zu Verzögerungen führen. Obwohl die Situation mit dem Bergrecht auch bereits zu unerwarteten Verzögerungen in beträchtlicher Größenordnung führt. Jetzt liegt es auch in Ihrer Hand sich für  gelebte Demokratie, sprich für einen Bürgerentscheid zu entscheiden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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