Überleben wäre schön: Nachhaltigkeit

Ulrich Grober lebt mit seiner Familie in Marl. Foto: privat | Foto: Foto: privat
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Viele - ob Politiker, Werbefachmann oder Vorsitzender eines Hobbyvereins - führen den Begriff „Nachhaltigkeit“ im Munde. Was bedeutet er eigentlich? Nach Ulrich Grobers Recherchen ist es ein altes Konzept, weil es philosophische, wirtschaftliche und soziale Forderungen bündelt. Für ein besseres Leben.

Stadtspiegel: Herr Grober, wenn man den Begriff „Nachhaltigkeit“ in Suchmaschinen eingibt, erhält man 100 Millionen Treffer. Ist der Begriff inzwischen verbraucht?
Ulrich Grober: Erstmal lese ich daran ab, dass der Begriff im globalen Dorf angekommen ist. Nachhaltigkeit gilt weltweit als Schlüssel zum Überleben der Menschheit. Das ist gut so. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass Begriffe „gekapert“ und entkernt werden. Dagegen hilft die Rückbesinnung auf ihre Essenz.

2011 war das Jahr der Katastrophen und Krisen, ob wirtschaftlich, politisch oder ökologisch. Erkennen Sie überhaupt Ansätze positiven Umdenkens? Und wenn ja, wo?
Nehmen Sie die Energiewende. Ein Kraftakt sondergleichen. Aber sie führt uns auf einen guten Weg. Vor allem, weil sie von der Gesellschaft getragen wird. Wenn ich mit dem Fahrrad statt mit dem Auto Brötchen holen fahre, bin ich schon mitten im großen Spiel. Muskelkraft ist auch eine erneuerbare Energie.

Gehört Nachhaltigkeit als Unterrichtsfach in die Schulen?
Wahrscheinlich ist es wirksamer, wenn die Idee alle Fächer durchdringt - vom Chemieunterricht bis zur Philosophie. Wichtig wird dann das lebenslange Lernen. Die Halde Hoheward in Herten halte ich für einen wunderbaren Lernort für nachhaltiges Denken vor unserer Haustür.

Inwieweit trifft sich das philosophische, soziale und wirtschaftliche Konzept der Nachhaltigkeit mit der christlichen Vorstellung von Schöpfungsbewahrung?
Ein Kapitel in meinem Buch ist dem gewidmet. „Bewahrung der Schöpfung“ gehört für mich zu den Urtexten unseres modernen Nachhaltigkeitsdenkens. Mein Kronzeuge ist Franziskus von Assisi. In Zeiten von Wachstumswahn und Konsumzwang hat er uns einiges zu sagen.

Blicken wir mal nicht zum Raubbau am Regenwald oder nach Fukushima in Japan: Was läuft bei uns in Marl, in unserer Region, aus Ihrer Sicht ökologisch aus dem Ruder?
Marl ist ein riesiger Chemie-Standort. Was tut sich da eigentlich? In der Wissenschaft gibt es faszinierende Lösungsansätze, um chemische Produkte so zu entwickeln, dass sie von der Wiege bis zur Bahre umweltverträglich sind. Ist das im Chemiepark und seiner Forschung im Fokus? Ich bin skeptisch.

Gibt es neue Buch-Pläne?
„Die Entdeckung der Nachhaltigkeit“ erscheint im Sommer auf Englisch, in einem britischen und einem US-Verlag. Die Zuarbeit für den Übersetzer hält mich neben den Lesereisen im Moment noch in Atem.

Schätzen Sie den Kontakt zum Publikum, den Vortrag und die direkte Diskussion mit Ihren Lesern?
Bei diesem Thema ist jeder nur Teil der großen Suchbewegung. Der Dialog ist ganz entscheidend.

Steckbrief:
Ulrich Grober (Jahrgang 1949) hat Germanistik und Anglizistik studiert.
Er lebt als Journalist und Buchautor in Marl.
1975-1985 Patchwork-Karriere als Bergmann, Hausmann, Sprachlehrer und Barfuß-Histortiker.
Grober schreibt Beiträge für die Reiseblätter von taz, DIE ZEIT, FAZ, Neue Züricher Zeitung und den Deutschlandfunk („Sonntagsspaziergang“)
Aktuelles Buch: Die Entdeckung der Nachhaltigkeit - Kulturgeschichte eines Begriffs, Verlag Antje Kunstmann, 298 Seiten, ISBN 978-3-88897-648-3

Termin-Tipp: Mittwoch, 1. Februar, 19 Uhr, insel-Bibliothek, Bergstraße 230 in Marl: Der AK Agenda 21 lädt alle Interessierten zur Lesung mit Vortrag und anschließender Diskussionsrunde ein. Der Eintritt ist frei.

Ulrich Grober lebt mit seiner Familie in Marl. Foto: privat | Foto: Foto: privat
Was tut sich eigentlich an Innovation im Chemiepark Marl, fragt sich Ulrich Grober. Foto: Bianca Munker/Stadtspiegel
Autor:

Kerstin Halstenbach aus Emmerich am Rhein

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