Rheticus-Versuchsanlage im Chemiepark Marl nutzt Kohlendioxid und Wasser zur Herstellung von Chemikalien

Rheticus Versuchsanlage in Marl. Copyright: Evonik Industries AG
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Evonik und Siemens Energy haben am Montag eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Versuchsanlage in Betrieb genommen, die Kohlendioxid und Wasser zur Herstellung von Chemikalien nutzt. Die notwendige Energie liefert Strom aus erneuerbaren Quellen. Die Versuchsanlage steht in Marl im nördlichen Ruhrgebiet und soll mit ihrer innovativen Technologie der künstlichen Photosynthese zum Gelingen der Energiewende beitragen. Sie ist wesentlicher Teil der Forschungsprojekte Rheticus I und II, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 6,3 Millionen Euro gefördert werden.

Rheticus

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagte anlässlich der Inbetriebnahme in Marl: „Ich freue mich, dass wir heute in Marl den Startschuss für eine neue Versuchsanlage auf allerhöchstem Niveau gegeben haben.Mit Rheticus zeigen wir, wie wir Produktionsprozesse in der Chemie klimafreundlich aufstellen und gleichzeitig neue innovative Produkte herstellen können. Und dies funktioniert nicht nur bei uns in Deutschland, sondern potenziell auf der ganzen Welt. Dies eröffnet uns vielversprechende Möglichkeiten für Technologieexporte. Wir wollen wirksamen Klimaschutz voranbringen und auch künftig einen starken Industriestandort Deutschland haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass uns beides gelingen kann. Ich freue mich, dass mein Ministerium mit diesem Ziel vor Augen nun insgesamt 6,3 Millionen Euro in die neue Versuchsanlage in Marl investiert und wünsche allen Beteiligten viel Erfolg.“

Grüner Wasserstoff

Stefan Kaufmann MdB, Innovationsbeauftragter Grüner Wasserstoff, stellt fest: „Der heutige Start der Rheticus-Versuchsanlage zur Erzeugung von Spezialchemikalien ist eine echte Pionierleistung. Denn nur mit innovativen Technologien gelingt im Innovationsland Deutschland eine Grüne Wasserstoffwirtschaft. Dafür braucht es Mut und Forschergeist. Das stellen die Projektpartner bei Rheticus vorbildlich unter Beweis.“

Lösungen für die Energiewende

Harald Schwager, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes von Evonik und zuständig für das Thema Innovation, sagte: „Klimaschutz geht nicht ohne Chemie. Denn unsere Branche liefert und entwickelt die Lösungen für die Energiewende. Forschungsprojekte wie Rheticus sind Motivations- und Innovationsmotor für eine nachhaltige Gesellschaft.“ Er mahnte zugleich beim Ausstieg aus fossiler Energieversorgung Sorgfalt vor Geschwindigkeit an. „Versorgungssicherheit und Verlässlichkeit in den politischen Entscheidungen setzen den Rahmen, in dem Neues entsteht.“

innovative Technologien

Christian Bruch, Vorstandsvorsitzender von Siemens Energy: „Unser Ziel ist es, mit innovativen Technologien neue, nachhaltigere Lösungen zu ermöglichen. Mit unserer Wasserstoff- und CO-Elektrolyse schlagen wir die Brücke von grünem Strom zu nachhaltigen stofflichen Anwendungen. Dazu ist der Schulterschluss zwischen Politik, Wissenschaft und Wirtschaftspartnern wie Evonik ein wichtiger Schritt.“ Das Forschungsprojekt Rheticus ist eine Ausgründung aus den Kopernikus-Projekten, einer der größten Forschungsinitiativen der Bundesregierung zur Energiewende. Rheticus belegt, wie es gelingen kann, die Power-to-X-Idee in die Anwendung zu bringen.

künstliche Photosynthese

Für die Idee der künstlichen Photosynthese, die hinter der Rheticus-Versuchsanlage steht, haben die Forscher sich die Natur zum Vorbild genommen. So wie Pflanzen Sonnenenergie nutzen, um über mehrere Schritte aus Kohlendioxid (CO2) und Wasser zum Beispiel Zucker herzustellen, nutzt die künstliche Photosynthese erneuerbare Energien, um über die Elektrolyse mit Hilfe von Bakterien wertvolle Chemikalien aus CO2 und Wasser zu erzeugen. Diese Art künstlicher Photosynthese kann so als Energiespeicher dienen und dazu beitragen, den Kohlenstoffkreislauf zu schließen und die Kohlendioxidbelastung der Atmosphäre zu reduzieren.

Chemiepark Marl

Die Versuchsanlage ist in Marl, am größten Standort von Evonik, in Betrieb gegangen. Sie besteht aus einem CO-Elektrolyseur, entwickelt von Siemens Energy, einem Wasserelektrolyseur und dem Bioreaktor mit dem Knowhow von Evonik. In den Elektrolyseuren werden in einem ersten Schritt Kohlendioxid und Wasser mit Strom in Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) umgewandelt. Dieses Synthesegas nutzen spezielle Mikroorganismen, um daraus, zunächst zu Forschungszwecken, Spezialchemikalien zu erzeugen. Diese sind Ausgangsstoffe zum Beispiel für Spezialkunststoffe oder Nahrungsergänzungsmittel.
In den nächsten Wochen werden die Zusammensetzung des Synthesegases und das Zusammenspiel von Elektrolyse und Fermentation weiter optimiert. Zusätzlich entsteht eine Einheit zur Aufbereitung der Flüssigkeit aus dem Bioreaktor, um die reinen Chemikalien zu erhalten.
Nach erfolgreichem Abschluss der aktuellen Rheticus-Projektphase (Rheticus II) werden Evonik und Siemens Energy eine einzigartige Plattformtechnologie zur Verfügung haben, die energie- und werthaltige Stoffe wie Spezialchemikalien oder künstliche Treibstoffe aus CO2 herstellen kann – modular und flexibel.

INFORMATIONEN ZU BMBF-AKTIVITÄTEN IM BEREICH „POWER-TO-X“

Das BMBF hat im Jahr 2019 über 500 Millionen Euro zur Förderung der Energieforschung bereitgestellt. Power-to-X Technologien sind ein zentraler Bereich der BMBF-Aktivitäten in der Energieforschung. Kernelement ist hierbei das BMBF Kopernikus-Projekt „P2X“, aus dem auch das Projekt „Rheticus“ ausgegründet wurde. Das Projekt „P2X“ untersucht die Herstellung und den Transport von Grünem Wasserstoff (Power-to-Gas) sowie die Wasserstoff-Nutzung in Tankstellen, Heizöfen (Power-to-Heat), Chemikalien (Power-to-Chem) und der Kunststoffherstellung (Power-to-Plastics). Daneben arbeitet „P2X“ an der Herstellung synthetischer und klimafreundlicher Kraftstoffe mithilfe von Synthesegas (Power-to-Liquid). Dabei setzt P2X in seinen Wertschöpfungsketten CO2 gezielt als Rohstoff ein. Daneben entwickelt das Projekt „Carbon2Chem“ Verfahren, wie die bei der Stahlproduktion anfallenden klimaschädlichen Abgase als Rohstoff genutzt werden können. Schließlich sollen Vorläufer für Dünger, Kunst- und Kraftstoff als Produkt erzeugt werden. Weil es dafür zusätzlichen Wasserstoff braucht, betreibt das Projektkonsortium einen Elektrolyseur.
Dies sind nur zwei Beispiele der BMBF-Förderung zu Power-to-X-Technologien.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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