Blaues Kreuz Marl: Leben ist mehr als Überleben - Hilfe für Alkoholkranke

Karola Wohlfarth (50) und Jürgen Leskien (60) engagieren sich im Blauen Kreuz. Absolute Verschwiegenheit gehört zu den obersten Regeln der Gruppe.
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Wer zu den Blauen-Kreuz-Gruppen in Marl kommt, schleppt meistens ein ganzes Bündel an Problemen mit sich herum: Die Gesundheit ist schwer angeschlagen. Bei vielen droht die Ehe zu zerbrechen. Bei einigen ist schon die ganze Familie kaputt gegangen an der Sucht und deren Folgen.

„Wir können keinen heilen. Alkoholkrank bleibt man. Aber man kann aufhören zu trinken und wieder richtig leben.“ Das sagen Karola Wohlfarth und Jürgen Leskien. Sie setzen sich (nach eigenen schlimmen Erfahrungen) unermüdlich für andere ein und engagieren sich für das Blaue Kreuz in der Evangelischen Kirche (BKE) in Marl.
Wie man es von den Anonymen Alkoholikern vor allem aus Filmen kennt, wenn sie im Kreis sitzen und jeder aufgefordert wird, was zu sagen, läuft es beim Blauen Kreuz nicht ab. Vor allem nicht anonym: Man kennt sich und kann auf absolute Verschwiegenheit vertrauen.

Beratung in Schulklassen, Firmen und Behörden

Jürgen Leskien (60) ist Vorsitzender der in Marl 1972 gegründeten Blaukreuzler. „Ich bin seit 14 Jahren trocken. Davor hat mich meine Alkoholerkrankung alles gekostet: Die Ehe, den Job, das Haus. Eben das volle Programm.“
Die Aktiven im Blauen Kreuz helfen konkret. Sie begleiten neue Mitglieder zum Arztermin und bei Behördengängen, Sie packen bei Umzügen an und unterstützen Alkoholerkrankte, wenn sie zum Schuldnerberater gehen. Leskien: „Wir haben auch Einladungen, in Schulklassen Vorträge zu halten. Firmen und Verwaltungen holen uns, um sie zu beraten.“ Leskien ist zertifizierter Suchtberater. Merke: Alkoholkrank können Abiturierten, Bauarbeiter, Polizeibeamte, Krankenschwestern und Lehrer sein. Oder Rentner, die zur Flasche greifen. Karola Wohlfarth hat ihre eigenen Erfahrungen in einem Bericht zusammengefasst. Die Geschichte verteilt sie als Ausdruck beispielsweise in Krankenhäusern. Sie schafft es, anderen Mut zu machen, gegen die Sucht anzugehen.
„Als ich trocken war, hatte ich plötzlich so viel Zeit. Ich wusste gar nichts mit mir anzufangen.“ Darum gibt es beim BKE nicht nur Gesprächsgruppen, sondern auch kreative (für alle offene) Angebote. Karola Wohlfarth: „Wir haben so viel Spaß. Wenn meine Familie Fotos oder Videos von unseren Freizeittreffen sieht, sagen meine Angehörigen immer: ,Bei euch wird ja nur gelacht.‘“

Kreativer Spaß und schonungslose Offenheit

Zum BKE gehört auch schonungslose Offenheit. Beispielsweise das Wissen, dass die Folgen der Sucht vorzeitig zum Tod führen können. Karola Wohlfarth: „Viele freuen sich, wenn ihre Leberwerte gut sind. Dabei sind Leberschädigungen nur eine mögliche Folge. Bei alkoholkranken Frauen steigt sogar das Risisko, an Brustkrebs zu erkranken.“

Gruppen-Treffen im Überblick

- Alle Treffen der Gruppen innerhalb des Blauen Kreuzes finden im Gemeindehaus der Auferstehungskirche, Westfalenstraße 90, in 45770 Marl-Drewer statt.

- Gruppentreffen dienstags und donnerstags von 18.30 bis 20.30 Uhr. Infos: Jürgen Leskien, 02365/ 20 521 17.

- Frauengruppe: mittwochs in den geraden Wochen von 18.30 bis 20.30 Uhr, Infos: Karola Wohlfarth, 0178/ 80 800 49.

- Angehörigengruppe: mittwochs in den ungeraden Wochen von 18.30 bis 20.30 Uhr, Infos: Jürgen Leskien, 02365/ 20 521 17.

- Offene Kreativgruppe, nicht nur für Erkrankte: Jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr, Infos: 0177/ 96 19 740

Kontakt BKE Marl:
Jürgen Leskien, Vorsitzender, E-Mail: juergen-leskien@gmz.de

Verband:
BKE: Selbsthilfeorganisation in der Suchtkrankenhilfe. Egal ob Alkohol, Tabletten, Glücksspiel, Nikotin, Medien, illegale Drogen oder Essen das Problem sind. Infos im Netz: bke-suchtselbsthilfe.de

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Emmerich am Rhein

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