Wittmunder Torfbrand-Klinker in Nenndorf bei Westerholt/Ostfriesland

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März 2017

Jahrelang fahre ich nun schon nach Neuharlingersiel. Bei meinen Urlaubsvorbereitungen finde ich immer etwas, was ich dort noch nicht gesehen habe (im Umkreis von ca. 35 km), und diesmal war es die Torfbrand-Klinker-Firma in der Nähe von Eversmeer. Dort habe ich mich mit dem Technischen Leiter Hermann Gerken unterhalten. Dieser hat mir erlaubt, Fotos zu machen - und Herr Fischer führte mich durch den Betrieb, was mich sehr gefreut hat. Im Moment wird das Gebäude wieder aufgebaut, denn dieses fiel 2015 einem Brand zum Opfer. Zum Glück ist der Ringofen nicht abgebrannt. Das besondere daran ist aber: Eine Stahlblechhalle steht über das abgebrannte Gebäude. So kann bei Wind und Wetter, Stein auf Stein, das Gebäude wieder aufgebaut werden. Der ganze Betrieb steht unter Denkmalschutz. Am 1. Mai d. J. müssen die Aufbauarbeiten abgeschlossen sein, so sagte mir Herr Fischer.

Steine in Perfektion herstellen – das ist Anspruch und Philosophie des Wittmunder Torfbrand-Klinkerwerks J. B. Kaufmann in Nenndorf. Die im Herzen Ostfrieslands gelegene Manufaktur befindet sich seit ihrer Gründung 1904 im Besitz der Familie Kaufmann/Matthes.
Einzigartig: Jeder Stein ist ein Unikat
.
Wittmunder Architekturklinker werden im von Hand befeuerten Ringofen
gebrannt. Das auf Erfahrung und handwerkliches Geschick beruhende Herstellungsprinzip verleiht jedem einzelnen Stein seine individuellen – in industrieller Massenfertigung nicht reproduzierbaren – Merkmale.
Der Produktionsablauf:

Die Rohstoffanfuhr

Der Rohstoff "Lehm" wird per Lkw in die Vorratshalle oder nach alter Methode mit einer Lok und 6 Loren in die Sumpfhalle transportiert. Hierbei erfolgt bereits eine Separierung des Rohstoffes nach ihrer Güte.

Die Aufbereitung

In diesem Bereich kommt der Lehm zunächst in den „Kollergang“ und wird dort nochmals vermischt, um eine homogene (gleichmäßig verteilte) Masse zu erhalten. Kleine Findlinge werden dort ggf. zermahlen.
Danach kommt das Material in ein „Feinwalzwerk“ um eine noch gleichmäßigere Mischung zu erhalten.

Die Formgebung

Der nun aufbereitete Lehm wird über einen „Doppelwellenmischer“ dann der Presse dosiert zugeführt.
Durch das Mundstück dieser Vakuumpresse wird neben dem Steintyp (Vollstein für Pflasterungen oder Lochstein für Mauerwerke) zudem auch die äußere Form des Lehmstranges (Länge und Tiefe) bestimmt.
Am „Abschneider“ erfolgt der Schnitt auf die Steinstärke. In diesem Werk wird neben dem Oldenburger- und Hamburger-Format noch das Dünnformat hergestellt.

Die Trocknung

Die produzierten „plastischen Rohlinge“ werden automatisch auf Holzlatten gesetzt und dann mittels der elektrischen „Schiebebühne“ in den „Trocken-kammern“ verbracht.
In diesen Kammern werden die Rohlinge durch die Abwärme des Ringofens getrocknet. Die Trocknungsdauer ist abhängig vom produzierten Format und Steintyp.

Die Ofenarbeit - Einbringen

Nach dem Trocknen bezeichnet man die Rohlinge auch als Grünlinge. Diese werden dann mit Hilfe von Plateauwagen durch den „Zuschieber“ in den „Hoffmann´schen Ringofen“ transportiert.
Im Ringofen werden die Grünlinge dann per Hand durch zwei „Einbringer“ treppenförmig aufgesetzt. Die zum Fortgang des Feuers notwendigen Züge werden hierbei frei gehalten.

Der Brennvorgang

Der aus dem Raum Wiesmoor und Brockzetel angelieferte Brenntorf wird über Förderbänder oberhalb des „Ringofens“ verteilt und zunächst zur Nachtrocknung gelagert.
Der „Brenner“ befüllt die einzelnen „Schüttlöcher“ nach Vorgabe und seinem Erfahrungswert mit dem Brenntorf. Diese Tätigkeit erfolgt rund um die Uhr - zu jeder vollen Stunde.

Die Ofenarbeit - Ausbringen

Etwa zwei Wochen nach dem Ofenbesatz, sind die „Ausbringer“ erneut am selbigen Punkt des Ringofens angelangt. Die Steine werden dann wieder per Hand herausgeholt.
Die zwei „Ausbringer“ laden den gebrannten „Original-Torfbrandklinker“ auf „Ausbringerloren“. Zum Teil müssen hierbei die Steine auch mit Brechstangen gelöst werden.

Die Sortierung und Verpackung

Die Klinker werden von drei „Sortierern“ nach der Rustikalität sowie dem Farbspiel, von hellrot nuanciert bis Blauviolett, unterschieden und auf Ziegelpaletten verpackt.
Die oftmals im Schüttlochbereich stark verschmolzenen Klinker werden zunächst separat gesammelt. Sie werden später getrennt und aufsortiert oder als Gartenbrocken verkauft.

Vielen Dank an die Herren Gerken und Fischer für die vielen Informationen und die Führung.

Autor:

Sabine Schlücking aus Menden (Sauerland)

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