Bücherkompass: Max Monnehay DORF DER IDIOTEN

ES IST VOLLBRACHT! Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, Satz für Satz, Seite für Seite habe ich mich durch dieses Buch gekämpft, durch 250 Seiten volle...nun ja, Buchstaben, in meiner ewigen Queste nach der finalen Rezension... ständig bemüht nicht dem Wahn anheimzufallen um als sabbernder Idiot mein Dasein zwischen den Seiten dieses Buchs zu frissten.
Es gibt Bücher die sind B Ö S E (Hab ihr mal Die Mächte des Wahnsinns gesehem? Dann wißt ihr, was ich meine). Ich habe Konsaliks Arztromane überlebt, den ganzen Ulysses gelesen (an EINEM Tag, wenn schon, denn schon), Naked Lunch und Rosamunde Pilcher konnten mich nicht schrecken, hab mich in Alan Ginsbergs Lyrik gewühlt und Alfred Döblins Berge, Meere und Giganten überstanden, selbst Heinrich v. Kleists ultimativem Ringen um die Ein-Satz-Novelle konnte ich widerstehen und bin immer noch bei klarem Verstand... Aber DORF DER IDIOTEN hätte mich beinahe geschafft!

Spaß beiseite, Folks... als das Buch bei mir eintraf, war ich voller Vorfreude. Der Klappentext versprach eine wunderbare Geschichte voller Ironie und Humor, mitfühlend, floot und frech erzählt:
Ein durch Erbschaft reich gewordener Idiot namens Pierrot (sic!) kauft ein abgelegenes Dorf in Frankreich, um dort all den Dorftrottel, Deppen, Idioten, den Ausgegrenzten ein Leben nach ihren eigenen Masstäbenm zu ermöglichen, fernab vom Hohn und Spott, von den Quälereien der "Normalen". Auf einer absurden Tour de France sammelt er sie alle ein, ständiges Thema in den Medien. Hier finden sie ihr Glück und leben zufrieden und friedlich miteinander, jeder wie er/sie mag. Doch Glück weckt immer den Neid der anderen und so versuchen die Normalen, als Idioten getarnt, in Scharen in das Dorf zu gelangen um jenseits von Stress und Konventionen an dieser Enklave der Gelassenheit teilzuhaben. Natürlich werden alle entlarvt...

Klingt verlockend, nicht wahr? Soviel zum Thema Erwartungshaltungen.

Was hätte aus der Story alles werden können...!
Denn bedauerlicherweise erzählt Monnehay diese Geschichte gar nicht, bestenfalls am Rande. Der komplette Handlungsstrang findet sich im Klappentext und das wars, nur das am Schluß alles tragisch endet und fast alle tot sind wird nicht erwähnt. Nichts von diesem 2rosa Fädlein" wird eingehender beschrieben, die Tour dauert erzähltechnisch vieleicht drei Seiten, das Leben im Dorf vieleicht zwei und ein wirklicher Grund, warum die "Normalen" plötzlich Idioten sein wollen, wird nicht genannt. Überhaupt ist das ganze Verhalten der Personen irgendwie völlig Motivationslos. All die erwarteten kleinen Geschichten, Anedoten, lustigen Begebenheiten, sarkastischen Seitenhiebe finden einfach mal nicht statt. Eine nähere Charakterisierung der Personen hat sich die Autorin auch gespart und so dem Leser großteils jeglicheIdentifikationsmöglichkeit genommen (Irgendwie fühlt man sich als Zuschauer bei einer RTL Daily Soap, nur nicht so lustig.). Statt dessen erzählt Monnehay hauptsächlich die (Er)lebens und Liebesgeschichte des namenlosen Ich-Erzählers, allerdings auf eine Art, das man nur noch wünscht, sie würde ganz was anderes tun. Dazu springt sie munter durch sämtliche Zeit- und Erzählperspektiven, die ihr grad so einfallen [So weiß man nach 20 Seiten praktisch schon, wie die Geschichte ausgeht obwohl der schwer verletzt im Krankenhaus liegende Ich-Erzähler etwa das halbe Buch in kryptischen Andeutungen schwelgt. Das ist natürlich enorm Spannungs- und Lesefluß fördernd.] und pulverisiert nebenbei noch jegliche Handlungslinie, an der der Leser sich vieleicht doch noch in die Geschichte hätte hangeln können. Wem das immer noch nicht den Rest gegeben hat, den erfreut die Autorin mit einem zwischen Pseudointellektuell überdrechselten Sätzen und handfesten Oszönitäten wechselnden Sprachstil [So erfahren wir z.b. recht detalliert, das Idioten grausliche Liebhaber sind, aber Weltmeister im Wichsen (Wollte ich doch immer schon wissen)]. Ein herrliches Beispiel für Monnehays wunderbare Gedankenwelt ist auch der Untergang der fröhlichen Idiotengemeinde: Der Bäckeridiot, der an Rattenphobie leidet, vergiftet die meisten Bewohner beim Dorffest mit Rattengiftverfeinertem Mehl, den Rest erledigt er mit nem Flammenwerfer (womit er sich auch gleich selbst in die Luft jagt). Das macht er einfach mal so, ohne besonderen Grund oder Anlass, ist halt ein Depp, der depperte Idiot.
[Es geht das Gerücht, Kritiker würde diese Art Bücher besonders lieben, da K. von Natur aus bösartig seien und Leser hassen und sie genau wissen, das es genügend Leute gibt, die sich auf ihre Kritik hin das Buch kaufen, während die K. vor Lachen vom Stuhl fallen]

Ganz ehrlich? Das Buch ist gequirltes Stoffwechselendprodukt. Ja, hin und wieder gibt es Momente, die zeigen das Monnehay es wirklich draufhaben könnte, die machens aber nur schlimmer. Ich kann jedem nur abraten.
Eine Note gibt es diesmal nicht, das Werk fällt glatt aus meiner Wertungsskala.

Natürlich freue ich mich sehr auf Manus Folgerezension.... Muhahahaha

Autor:

Thorsten Ottofrickenstein aus Menden (Sauerland)

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