Luca Alexander Kuckmanns (21) steiniger Weg zum glücklichen Mann: ein Moerser über seine Transsexualität
"Das war einfach nicht ich"

Luca Alexander Kuckmann Luca Alexander Kuckmann nach einer seiner Operationen. Ihm zur Seite stand und steht sein Betreuer, "meine größte Unterstützung". Wahrscheinlich nur mit seiner Hilfe habe der Moerser den ganzen Prozess geschafft. | Foto: Kuckmann
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  • Luca Alexander Kuckmann Luca Alexander Kuckmann nach einer seiner Operationen. Ihm zur Seite stand und steht sein Betreuer, "meine größte Unterstützung". Wahrscheinlich nur mit seiner Hilfe habe der Moerser den ganzen Prozess geschafft.
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Wie führt man ein Interview, wenn die Fragen, die eigentlich nahe lägen, besser nicht gestellt würden?

"Wann wusstest du, dass du im falschen Körper geboren bist?", wäre so eine Frage, die man Luca Alexander Kuckmann wohl als Erstes stellen würde. Luca ist 21 Jahre jung, wohnt in Moers, holt derzeit seinen Abschluss an der VHS nach - und war, zumindest biologisch gesehen, eine Frau. Die Frage nach dem falschen Körper oder dem Moment, in dem er gemerkt habe, dass er lieber ein Mann sein möchte, sei einfach falsch formuliert. Schließlich stecke nicht seine Seele im falschen Körper, einzig wäre sein Körper "mit den falschen Geschlechtsmerkmalen geboren" worden.

Luca versuchte, dem Klischee eines Mädchens zu entsprechen

Und doch: Die Frage, wann er denn gemerkt habe, dass irgendwie etwas anders sei, lässt er gelten. "Ich hatte das die ganze Zeit im Gefühl." Dennoch habe Luca versucht, dem Klischee eines typischen Mädchens zu entsprechen, und habe alles ausprobiert. "Ich habe mich mal geschminkt, ich sah aus wie ein Clown. Das war einfach nicht ich."

Mit 14 Jahren hat sich der Moerser in sozialen Netzwerken als lesbisch geoutet, kurz danach als transsexuell. "Ich wusste nichts über Transsexualität, musste mich erst einmal einlesen. Aber dann war es wie ein Faustschlag und mir war klar: Ich bin transsexuell." So erleichtert der 21-Jährige war, so wenig Verständnis zeigte sein Umfeld. "Meine Schulzeit war eine sehr, sehr schlimme Zeit. Ich musste viel einstecken." Bis auf wenige Ausnahmen hätten ihn weder seine Mitschüler noch seine Lehrer unterstützt. Anstatt aufzuklären, wurde gemobbt.

Reaktionen seiner Familie eher durchwachsen

Als eher durchwachsen könnte man auch die Reaktionen innerhalb der Familie bezeichnen. Unabhängig vom Alter hätten die einen seinen Wunsch, auch biologisch ein Mann zu sein, sehr gut aufgenommen, die anderen dagegen überhaupt nicht. Manche würden ihn sogar weiterhin mit seinem alten Vornamen ansprechen.

Dabei war Luca noch nie Frau. Höchstens biologisch. "Mit 17 habe ich das erste Mal Testosteron bekommen. Die Hormone haben mich ganz schön durcheinander gebracht. Es war, als würde ich eine zweite Pubertät erleben." Es folgten eine Mastektomie (Abnahme der weiblichen Brust) mit anschließendem Aufbau einer männlichen Brust sowie eine Kombi-OP, in der unter anderem alle weiblichen Organe entnommen wurden. Zudem hat der Moerser einen Antrag auf Personenstands- und Vornamenänderung gestellt. Neun Monate und "teils echt diskriminierende" Befragungen später durfte sich der Schüler ganz offiziell Luca Alexander nennen. Voraussichtlich Ende des Jahres steht ihm in München der Aufbau eines Penoids (Aufbau eines Penis aus körpereigenem Gewebe) bevor. "Wahrscheinlich sind für den Aufbau drei Operationen und womöglich die eine oder andere Korrektur nötig." Hinzu kommt eine Korrektur von der Mastektomie. Der Weg "vom Mann zur Frau" sei einfacher, erklärt Luca. Normalerweise reichten dafür zwei Operationen aus. Umgekehrt sind in der Regel sechs bis acht Eingriffe vonnöten.

"Als mir ein Kilo Brust abgenommen wurden, bekam ich eine Tonne Selbstbewusstsein dazu."

Trotz der Risiken sind die geschlechtsangleichenden Operationen für den 21- Jährigen ein Muss. "Erst dann ist endlich alles so, wie es sein soll und bin ich endlich da, wo ich hin will." Früher habe er überhaupt kein Selbstbewusstsein gehabt. "Als mir ein Kilo Brust abgenommen wurden, bekam ich eine Tonne Selbstbewusstsein dazu."

Anfangs noch habe er mit seiner Situation gehadert, sich gefragt, warum er nicht einfach ein Mann sein könne. "Der Weg war schwierig", gibt Luca zu. "Wäre ich ihn nicht gegangen, wäre ich nicht der, der ich jetzt bin."

"Das ist mein Traum, seit ich ein Kind war."

Was er sich für die Zukunft wünscht? "Es wäre schön, eine Partnerin zu haben, mit der ich meinen Weg gemeinsam gehen kann." Und mit der er vielleicht auch irgendwann einmal eine Familie gründen könnte. Erst einmal soll jetzt aber der Abschluss her. "Danach würde ich gern ein freies ökologisches Jahr machen, anschließend eine Ausbildung zum Tierpfleger. Später würde ich Zoologie studieren wollen." Und reisen möchte der 21-Jährige - unbedingt nach Island. "Das ist mein Traum, seit ich ein Kind war."

"Ich muss nur ein bisschen mehr dafür kämpfen, um die Person im Spiegel zu werden, die ich in meinem Kopf schon immer war." 

  • Ganz besonders geholfen haben Luca Alexander Kuckmann die Mitglieder in der Facebook-Gruppe "Transgender Germany".
  • Darüber hinaus ist der 21-Jährige gern selbst Anlaufstelle für alle, die Fragen haben. Wer mit dem Moerser in Kontakt treten möchte, kann sich über seinen Instagram-Account @bindungsphobiker an ihn wenden.
Autor:

Lisa Peltzer aus Oberhausen

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