Gabi was: Heinrich Grau im Knast

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In der Nachbarschaft haben's tatsächlich Welche getan: Arme, unschuldige Steine haben die in einen Käfig gesperrt, um eine Mauer aus Drahtsteinen ihr eigen nennen zu können. Bis vor kurzem wußte ich - unbedarft in Sachen Garten-Design - noch nicht, dass Steineeinsperren derzeit der letzte Schrei ist und hab' mich einfach nur gewundert über das merkwürdige Konstrukt. Meine Verwunderung ließ nicht nach.

Sicher, Zeiten ändern sich, und Gartenkultur war, ist und wird immerfort einem stetigen Wandel unterworfen sein: Stiefmütterchen und Gartenzwerge sind Schnee von gestern, neben Buddhas und High-Tech-Grills sind jetzt also sogenannte Gabionen oder Gabionen-Zäune der letzte Schrei.
Der Begriff Gabione - sprich Gabiohne - klingt erstmal toll (oder skurril, je nachdem, wie's betont wird). Ähnlich wohlklingend wie Zabaione. Lässt an Sonne, Pasta Vino - Urlaub eben - denken. Drahtschotterkasten klingt da schon nüchterner und holt Einen auf den Boden der Tatsachen. Und streng genommen sprechen wir hier von: Steinmauern hinter Drahtgestellen. Sozusagen von Steinkäfigen. Ich machte mich schlau im Internet und siehe da: Neben der Mauervariante - sogar in geschwungener Form - gibt es den Trend noch in Würfel-, Zylinder-, Kugel-, Kegel-, Schnecken- und Trapezausführung. Bei den Steinbrocken-Varianten hat man die Wahl zwischen: Heinrich Grau, Barbarossa Gelb und Augustus der Schwarze. Es gibt sogar Gabione-Grills. Sie verheißen eine "tolle Atmosphäre". Aha.

Was heißt aber eigentlich "Gabione" und wie kommt man darauf, sich so etwas im (Vor-)Garten installieren zu lassen? Der Begriff ist abgeleitet aus dem Italienischen Gabbione, was einen großen Käfig bezeichnet (sagt Wikipedia). Andere Begriffe dafür: Steinkorb, Schüttkorb, Mauersteinkorb oder eben Drahtschotterkasten. Aha.

Im Mittelalter: Schanzkörbe für Schießpulver

Ursprünglich wurden dieserart Konstruktionen etwa eingesetzt: Im Wasser-, Straßen und Wegebau zum Aufbau von Wällen, zur Errichtung von Sicht- oder Lärmschutzanlagen, zur Böschungsbefestigungen und als Stützmauer. Im Mittelalter wurden sie - aus Weiden geflochten - als Schanzkörbe bezeichnet und man verwendete sie seit der Einführung des Schießpulvers vor allem im Festungskrieg. Klingt vernünftig. Aber als Schmuck und Verschönerung für den heimischen Garten? Na, ich weiss nicht. Oder ist dieser Trend einfach total überflüssig und dient dazu, die entprechende Industrie am Leben zu halten?

Wollen Leute, die auf so etwas stehen, mit den Dingern ihr Grundstück - einer Festung gleich - gegen das des Nachbarn absichern? Überhaupt: Was sagt es über den Eigentümer aus, wie er seinen (Vor-)Garten gestaltet? Spannendes Thema. Hierzu ein interessantes Interview mit Udo Weilacher, Professor für Landschaftsarchitektur vom 7. April in der Zeit: "Das Stiefmütterchen wird diffamiert" Zitat: "Wir leben in einer Überflussgesellschaft, die sich das Luxusprodukt Garten leisten kann." Das stimmt nachdenklich. Finde ich.

Frage: Wer, als leidenschaftlicher Gabioniker - outet sich? Wäre interessant, einen Fürsprecher zu hören.

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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