Kimberley (22) will teilhaben: Selbständigkeit ist für mich Lebensqualität

33Bilder

Tönisvorst/Kerken. Dieses natürliche herzerfrischende und lebensfreudige Lachen würde man gerne am Nachbartisch im Eis-Cafe erleben, es würde im Kino 2 Reihen weiter vorne ansteckend wirken. Beim Shopping würde das Gelächter dieser jungen Dame mit ihren Freundinnen zwischen den T-Shirt-Ständern wühlend die Neugier anderer Passanten wecken. Aber es geht nicht, die 22-jährige Kimberley Mitromaras aus Tönisvorst am Niederrhein ist nicht selbständig mobil, sie kann nicht wie Gleichaltrige gesellschaftlich teilhaben.

Traum ging in Erfüllung

Die junge Tönisvorsterin Kimberley Mitromaras, von ihren Freunden kurz nur Kimi genannt, kam als sogenanntes Frühchen zur Welt. Im damals nicht gefederten Brutkasten erlitt sie Hirnblutungen im Zwischenhirn, ihre Lungenflügel platzten durch zu hohe Sauerstoffzufuhr. Die Ärzte rieten zur Nottaufe, Kimi zeigte starken Überlebenswillen. Körperliche und geistige Beeinträchtigungen, sowie Spastiken sind Kimberleys täglichen Begleiter, sie erhält viel Unterstützung bei den Alltagsabläufen. Zu Ostern in diesem Jahr wurde Kimi’s großer Traum war, sie kann endlich in die Augen ihrer Gesprächspartner schauen. Sie erhielt einen medizinisch notwendigen Rollstuhl mit 6 rädrigen Kippschutz und Standlift von der Krankenkasse, der auch die Beinmuskulatur trainiert. Das Erreichen von hochgelegenen Gegenständen und Schränken ist kein Problem mehr, Selbständigkeit und Selbstwertgefühl sind bei Kimi gewachsen. Aber durch die Transportprobleme des schweren Rollstuhls kann Kimi nur im nahen Umfeld bleiben. Integration, oder wie man neuzeitlich bei sozial-politischen Diskussionen lieber von Inklusion und gesellschaftlicher Teilhabe spricht, kann bei Kimi nur schwer stattfinden.

Problematischer Transport

Entsprechend ihrer Altersgruppe sind Kimi‘s Interessen und Wünsche ihre Freizeit z.B. mit Kinobesuchen und Bummeln zu gestalten. Sie würde gerne ihre Oma in Traar oder die Freundinnen in St. Hubert und Köln besuchen, aber öffentliche Verkehrsmittel sind für Kimi alleine nicht erreich- und nutzbar. „Das geht nicht so gut mit der Bahn, ich komme schlecht rein. Man muss vorher immer Bescheid sagen“, erklärt die junge Dame die Schwierigkeiten und die 2-tägige Voranmeldung. Reisen ist mit Strapazen verbunden, so wird es wahrscheinlich ein Traum von Kimi bleiben: „In Urlaub fahren, da wo die Delfine leben.“ Eine Freizeitassistentin unterstützt Kimberley Mitromaras zweimal die Woche für je 3 Stunden: „Mit meiner Freizeitbetreuerin Julia war ich hier beim Oktoberfest, denn ich gehe gerne Tanzen.“ Ihr Aktionsradius ist eingeschränkt, da sie mit dem Rolli und zu Fuß eine dreiviertel Stunde zur nächsten Haltestelle benötigen. Des Weiteren ist die Elektronik des Rollis witterungsanfällig: „Wenn es regnet können wir schlecht nach draußen, der Rollstuhl geht kaputt. Wir stecken dann Bügelperlenbilder.“ Stolz erzählt die 22-Jährige, dass sie ein Trikot mit Autogramm vom ehemaligen Krefeld-Pinguine-Star Alexander Selivanov geschenkt bekommen hat: „ Seine Rückennummer 91 ist auch mein Geburtsjahr.“ Ein Besuch im Krefelder Eisstadion oder ins Kino kostet für Kimi nicht nur die Eintrittskarte, es sind aufwendige Vorplanungen mit ihren Eltern Stefanie und Sven Ruser für die Hin- und Rückfahrt notwendig. An spontanen Aktionen kann Kimi nicht teilnehmen, sie muss mit ihrem 170 Kilo schweren Spezialrollstuhl im Familien-Bulli oder per teuren Krankentransport gefahren werden.

Bulli nicht mehr brauchbar

Der T 4-Bulli der Familie Ruser-Mitromaras ist in die Jahre gekommen, 360.000 km zeigt der Tacho an. Eine notwendige Rampe für den Rollstuhltransport kann nicht bündig in die Schiebetüröffnung gelegt werden, die bisherige Breite der Bodenschienen für die Rolli-Befestigung reicht nicht mehr aus. Die Einstiegshöhe in den Bulli ist für Kimi im neuen Spezialrollstuhl zu niedrig. Ein verkehrssicherer Transport ist nicht mehr gewährleistet. Aus diesen Gründen wird sie von ihrer Mutter mit großer körperlicher Anstrengung aus dem Rolli gehoben und auf den Beifahrersitz gesetzt (siehe Fotos). Ewig wird Stefanie Ruser dieses nicht mehr bewältigen können, Stiefvater Sven ist als Berufskraftfahrer selten zu Hause. Die Beantragung eines neuen Fahrzeuges im Wert von 40.000 € ist vom Landschaftsverband (LVR) abgelehnt worden, beim schwebenden Verfahren vor Gericht wurde bisher noch kein Ortstermin zur Klärung vorgenommen. „Uns reicht ein Gebrauchtfahrzeug mit entsprechendem Umbau, nach unseren Erkundigungen reichen dafür 10.000 €“, erklärt Sven Ruser verständnislos die Haltung des LVR. Seit Mitte November ist Kimi’s Familie selbst tätig geworden, man formulierte einen öffentlichen Spendenaufruf und richtete ein Spendenkonto ein. Als Überschrift für ihre Homepage ( http://hilfe-fuer-kimberley.de/ ) wählte Kimberley aussagekräftig: „Selbständigkeit ist für mich Lebensqualität.“ Vater Sven berichtet glücklich von den schon angelaufenen Spendenaktionen: „Eine Weseler Disco stellte uns 50 Konzertkarten zur Verfügung, die wir für Spenden vergeben konnten. Der Krefelder Dart-Club „Lucky Losers“ will ein Benefizturnier veranstalten.“ „Wir sind tief gerührt über diese Resonanz“, gesteht seine Frau zu dieser Hilfsbereitschaft.

Spenden für Kimberley

Über soziale Netzwerke erfuhr Ralf Zanders aus Kerken von Kimberley’s Problemen ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Der 36-Jährige engagiert sich mit vielen Unterstützern für seine einjährige Nichte Neele, die mit dem seltenen genetischen Defekt „Wolf-Hirschhornsyndrom“ zur Welt kam. Für Zanders selbstverständlich will er nicht nur den Fokus des Engagements seiner Gruppe auf Hilfen für sein Patenkind sondern auch auf weitere Menschen mit Handicaps richten: „Wir versuchen immer nach links und rechts zu gucken. Wir gründen einen Verein für Neele, wollen aber andere Menschen nicht aus dem Auge verlieren.“ So hat der Kerkener mit der Coverband Boobylicious einen Liedtext für Neele umgeschrieben und auf CD gebrannt. Am 1. Weihnachtstag wurden bei einem Auftritt der Band in einer Viersener Disco 200 CD’s mit der Bitte um eine Spende für Kimberley verschenkt. Beim gemeinsamen Öffnen und Zählen der Spendenbox mit Ralf Zanders zeigte Kimberley Mitromaras ihre Dankbarkeit mit dem für sie typischen Lachen. Die knapp 660 Euro stellen einen Sockel für Kimi’s Streben nach mehr Lebensqualität dar.

Mehr über Kimberley Mitromaras:
http://hilfe-fuer-kimberley.de/

Mehr über Ralf Zanders:
http://www.lokalkompass.de/moers/leute/millionaerswahl-der-sieger-der-herzen-d389068.html

Autor:

Christian Voigt aus Moers

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

4 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.