"Nichts schlägt so stark, wie das Herz eines Freiwilligen"

Magdalene Mundt bei ihrer Arbeit im Cari-Treff in Kamp-Lintfort. | Foto: Heike Cervellera
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  • Magdalene Mundt bei ihrer Arbeit im Cari-Treff in Kamp-Lintfort.
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Sie sind mitten unter uns. Oftmals sieht man sie nicht wirklich, denn ihre Arbeit verrichten sie oft still und leise. Doch wenn es sie nicht gäbe, würde so vieles nicht funktionieren und so vielen Menschen würde etwas fehlen. Die Rede ist von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren.

Für viele Menschen ist es heutzutage kaum vorstellbar, dass manche Menschen etwas tun, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Das sie keinerlei Erwartungen hinter ihrem Handeln haben, außer, dass sie anderen Menschen damit helfen können und sie glücklich machen. Doch was sind das genau für Menschen, die sich freiwillig in ihrer Freizeit für andere Menschen engagieren?
Als erstes habe ich die Moerser Tafel besucht. Sie wurde 1999 von Horst Günter Schürings gegründet und ist seitdem stetig gewachsen. Mit ihrer Arbeit erreichen die Mitarbeiter, rund um Schürings, circa 2.000 Menschen - wöchentlich!
Neben der Möglichkeit zum kostenlosen Frühstück und einmal die Woche Mittagessen, verteilen die ehrenamtlichen Mitarbeiter auch Lebensmittelspenden an Bedürftige. Aber wie kommt ein Mensch auf die Idee, eine Tafel zu gründen und eine ganze Menge Arbeit, denn das ist es natürlich auch, freiwillig auf sich zu nehmen?

Die Arbeit ist komplett ehrenamtlich

Schürings erzählt, dass er bereits im Elternhaus gelernt hat, dass es wichtig sei, sich karritativ zu engagieren und um andere zu kümmern: „Wenn es uns gut geht, kann man ruhig auch etwas davon abgeben.“ Oftmals wird Schürings von Bedürftigen gefragt, wieviel er denn verdiene und blickt in erstaunte Gesichter, wenn er sagt, dass er die ganze Arbeit ehrenamtlich macht. Und gerade deshalb schätzen sie seine Arbeit sogar noch mehr. Auf die Frage, warum die Menschen gerade für die Moerser Tafel spenden, antwortet Mitarbeiter Dieter Forster: „Weil die Menschen sehen, dass sie vor Ort helfen. Sie sehen, wie zufrieden die Leute sind und das ist toll.“

Der Moers-Pass wird für die Lebensmittel benötigt

Gerade zu Weihnachten kommen auch einige Menschen, die Weihachtspakte mit Lebensmittel abgeben, um den Bedürftigen so eine kleine Freude zu bereiten.
Das System ist einfach: Zum Frühstück und Mittagessen darf jeder kommen und bekommt auch etwas. Lebensmittel bekommen nur Leute, die den Moers-Pass haben, zudem fällt eine Pasuchale von einem Euro an. „Falls aber jemand den Moers-Pass beantragt hat und noch nicht im Besitz ist, drücken wir natürlich auch mal ein Auge zu.“
Ich spüre bei diesen beiden Männern, dass sie mit ihrem Herzen hinter der Sache stehen. Sonst könne man es, so Forster, auch gar nicht machen. Die Arbeit ist natürlich nicht immer leicht und auch mit vielen traurigen Geschichten verbunden. Aber wie schön ist es, wenn man dafür sorgen kann, dass Menschen zumindest das allernötigste bekommen: Nahrung.

Einen Raum, um einfach mal sein zu können

Aber auch bei der nächsten Person, die ich treffe, wird schnell deutlich, dass ihr die ehrenamtliche Arbeit am Herzen liegt. Der Cari-treff in Kamp-Lintfort, der ein Gemeinschaftsprojekt der Katholischen Kirchengemeinde St. Josef und des Carritasverbandes Moers-Xanten ist, bietet Menschen „einen Raum, einfach sein zu können“, so Claudia Kohler, hauptamtliche Mitarbeiterin im Caritasverband. Genau um dies aber zu ermöglichen, benötigt es viele ehrenamtliche Helfer. So wie Magdalene Mundt. Sie ist ehrenamtliche Mitarbeiterin und seit der ersten Stunde mit dabei.

Das Angebot im Cari-treff ist groß: Egal, ob Menschen sich auf einen Kaffee treffen, Second-Hand Anziehsachen suchen oder Hilfe in verschiedenen Lebensbereichen benötigen, jeder ist hier willkommen. Für Magdalene Mundt lag der Reiz in der Arbeit vor allem daran, „mal etwas anderes zu machen. Kirche mal anders zu gestalten.“ Sie selbst ist schon lange ehrenamtlich tätig, doch einer neuen Herausforderung war sie nicht abgeneigt. So kam sie zum Cari-treff und ist bis heute geblieben. Die Aufgabenstellungen sind bunt: Ob die Sortierung der Kleidung, das Bedienen im Café-Bereich oder einfach nur das Dasein und Zuhören, Aufgaben gibt es genügend, aber jeder ist frei in seiner Entscheidung: „Keiner muss etwas machen, es ist keine Pflicht hier zu sein. Man kann einmal die Woche herkommen oder einmal im Monat. Jeder kann es so handhaben, wie er Zeit hat.“ Und das funktioniert und es ist zugleich das Erfolgsrezept des Ladens.
Für viele ist der erste Weg ins Ehrenamt aber der schwierigste. Oftmals ist der Wille, sich ehrenamtlich zu engagieren, da, aber die Kenntnisse wo dies möglich ist, fehlen. Und das ist eigentlich, so Ulla Ostermann, Leiterin der Freiwilligenzentrale in Moers, katastrophal: „Nichts ist schlimmer, als wenn Interesse für ein Ehrenamt da ist und es nicht bedient wird und dann im Sande verläuft.“

Schnittstelle zwischen Interessierten und Organisationen

Deswegen gibt es auch die Freiwilligenzentrale. Sie agiert als Schnittstelle zwischen den Interessierten und den Organisationen. Wer Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit hat, meldet sich bei der Freiwilligenzentrale zu einem Beratungsgespräch. Hier wird dann gemeinsam heraus gefiltert, welche Arbeit für den Interessenten in Frage kommt. Wie oft kann er? Zu welchen Tageszeiten kann er? Möchte er lieber mit Kindern arbeiten oder mit älteren Menschen? Ist er mobil? Diese Fragen sollte sich jeder im Vorfeld überlegen, damit dann beim Beratungsgespräch die passende Tätigkeit gefunden werden kann. Zur Zeit sind insbesondere Arbeiten mit Flüchtlingen sehr gefragt: „Allein im August hatten wir schon neuen Anfragen, die sich auf die Arbeit mit Flüchtlingen beziehen“, so Ostermann. Die Menschen möchten etwas tun und die Freiwilligenzentrale zeigt ihnen konkrete Möglichkeiten und vermittelt an die Organisationen, die wiederum Hilfe benötigen.

Aber auch über die Beratung und Vermittlung hinaus ist die Freiwilligenzentrale tätig: „Wir agieren auch als Informationsstelle zum Thema Ehrenamt. Oftmals bestehen konkrete Fragen zum Beispiel zum Thema Versicherungen während der Ehrenamtsarbeit. Hier helfen wir den Menschen dann gerne weiter.“
Stark gefragt bei den Jugendlichen ist die Möglichkeit eines Freiwilligen Sozialen Jahres, FSJ, oder Bundesfreiwilligendienstes, BFD. Hier geht Ostermann auch in Schulen, um Informationsveranstaltungen zu geben. Der Trend ist ganz klar: Viele Jugendliche wollen gerne ins Ausland. Ostermann hat dafür auch Verständnis „Es ist natürlich eine einmalige Sache und toll, einmal von Zuhause raus zu kommen, aber damit verbunden sind auch einige Kosten und einige Vorbereitungen. Hier helfen wir den Jugendlichen.“

Zweidrittel von 160 Beratungen führen ins Ehrenamt

Im Jahr gibt es in der Freiwilligenzentrale circa 160 Beratungen und gut zweidrittel davon sind im Anschluss auch als Ehrenamtler tätig.
In der Regel ist es so, dass die Interessierten eine Liste mit einigen Organisationen erhalten, die Hilfe benötigen und sich dann selbst melden. In Ausnahmefällen übernimmt diese Aufgabe auch Ostermann und geht mit zum ersten Termin: „Bei manchen ist die Hemmschwelle doch groß oder es ist wichtig, dass die Organisationen über Handicaps Bescheid wissen. In solchen Fällen gehe ich dann auch gerne mit zum ersten Termin.“

Angst haben braucht hier niemand. Jeder ist willkommen, auch Menschen mit Behinderungen, die sich gerne ehrenamtlich engagieren möchten.
Das einzige, was die Interessenten mitbringen müssen, ist etwas Zeit für ihre ehrenamtlich Tätigkeit. Tolle Möglichkeiten gibt es bei der Tafel, bei der Caritas oder bei anderen Organisationen, mehr als genug.
Spätestens wenn man dann in „seiner“ Ehrenamtstelle angekommen ist und ein Lächeln von den Menschen, mit denen man arbeitet, bekommt, weiß jeder, dass es sich durchaus lohnt, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Autor:

Sarah Dickel aus Moers

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