Mülheims Museum für Fotokopie genießt den weltweiten Ruf des „Einzigartigen“
Gefesselt von der Magie der Kopie

Klaus Urbons und Gabriele Klages präsentieren zwei der unzähligen Exponate des Museums für Fotokopie, das einzigartig auf der ganzen Welt ist. 
Fotos: PR-Fotografie Köhring/SC
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  • Klaus Urbons und Gabriele Klages präsentieren zwei der unzähligen Exponate des Museums für Fotokopie, das einzigartig auf der ganzen Welt ist.
    Fotos: PR-Fotografie Köhring/SC
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Mülheims Museen erfreuen sich seit langem überregionaler Aufmerksamkeit und Anerkennung, das Museum für Fotokopie (M.F.F.) allerdings genießt den Ruf der weltweiten Einmaligkeit. In diesem Jahr besteht es stolze 35 Jahre, und das Jubiläum sollte groß und vor allem öffentlich gefeiert werden.

„Da hat uns zunächst aber Corona einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht“, berichtet der Mülheimer Künstler und Museumsgründer Klaus Urbons im Gespräch mit der Mülheimer Woche. Dennoch hat das Museum einiges in die virtuelle Kunstwelt gesetzt, das viel von der kreativen und technischen Einzigartigkeit des M.F.F aufzeigt und „rüberbringt“. „Die Magie der Kopie hat mich eigentlich schon immer gefesselt“, sagt Urbons. Er lacht laut: „Es gibt ja reichlich Anekdoten, dass damals, als die Fotokopierer die alten Büro-Vervielfältiger ablösten, einige Büroangestellte klammheimlich einmal die Hand, das Gesicht oder gar das Hinterteil über die Glasscheibe gehalten und den Knopf gedrückt haben.“ So etwas sei auch Thema zahlreicher Werbespots für die neuen Kopierer und Inhalte von TV-Serien gewesen.

Heute dagegen, wo längst selbst in vielen Haushalten ein Multifunktions-Gerät steht und vorwiegend als Drucker, aber auch als Kopierer, Scanner oder Fax dient, wüssten viele Besitzer rein gar nichts von den „außerplanmäßigen“ Möglichkeiten dieser nützlichen Geräte. Dass aber diese, und die vielen andere Geschichten und „Dönekes“ aus der Bürokultur nicht vergessen werden, dafür sorgt seit nunmehr 35 Jahren der Mülheimer Copy-Künstlern mit engagierten künstlerischen Weggefährten, unter ihnen die renommierte Künstlerin Gabriele Klages.

Neue Kunstepoche
auf den Weg gebracht

„Xerolore, die heimliche spontane Nutzung der Fotokopierer macht zwar nur einen recht kleinen Teil des Archivs aus,“ sagt der Museumsgründer „sie ist aber trotzdem wichtig, denn auch etliche Künstler begannen in den Sechzigern, mit den ersten Kopierautomaten zu experimentieren und deren Gestaltungsspielraum zu untersuchen.“ Namhafte Künstler in der ganzen Welt haben sich der „Copy Art“ gewidmet und eine neue Kunstepoche auf den Weg gebracht.

„Dieser Teil der Kunst- und Mediengeschichte wird noch immer eher stiefmütterlich behandelt,“ erklärt Urbons, „das hat auch mit dem negativen Image von Kopien zu tun. Damit tut sich der kommerzielle Kunstbetrieb recht schwer. Der Witz ist, dass Künstlerinnen und mit dem Kopierer Originale produzieren, die tatsächlich Unikate sind.“ Das gilt auch für die Arbeiten von Gabriele Klages.

Das Museum für Fotokopie sammelt seit seiner Eröffnung am 29. März 1985 Copy Art, aber ebenso Kopiergeräte und Kopiermaterialien. Es erforscht zudem die Geschichte der beiden Bereiche. An die 1.000 Kunstwerke und rund 150 Kopierer sind dabei zusammen gekommen. Vier Bücher über die im Museums geleistete Forschung- und Vermittlungsarbeit wurden bisher publiziert.

Einblicke in die fast
vergessene Geschichte

Und jetzt ist das fünfte erschienen. Unter dem Titel „Von der analogen Kopie bis zum digitalen Workflow“ setzt sich Klaus Urbons auch mit der lokalen und globalen Geschichte der Fotokopier-Technik auseinander und liefert mit diesem Buch eine Dokumentation der fast vergessenen Geschichte der modernen Bürokopie und deren enge Bezüge zum Rheinland. Wie in der gesamten Museumsarbeit spielt auch hier das gemeinsame Betrachten von Kunst, Technik und Forschung eine wesentliche Rolle. Die Präsentation des Buch wurde in Anbetracht der „Corona-Auswirkung“ aufgezeichnet und ist im Netz unter https://youtu.be/l02zSHy0ROs zu sehen.

Gemeinsam mit Jan Ehlen, Jerome Krüger und Gabriele Klages gründete Urbons 2014 das „Makroscope“ als Zentrum für Kunst und Technik an der Friedrich-Ebert-Straße 48 gegenüber dem Rathausturm. Nach einem jahrelangen Dornröschenschlaf ohne eigene Räume konnte dort, auch dank verschiedener Förderungen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), der Leonard-Stinnes-Stiftung und des Investitionsfonds der Bezirks-Regierung Düsseldorf, die öffentliche Museumsarbeit wieder aufgenommen und auf eine neue Ebene gebracht werden.

Die Neuausrichtung der weltweit einmaligen Sammlung des M.F.F. manifestiert sich in enger Verbundenheit mit anderen Gewerken im geschichtsträchtigen Makroscope-Haus, das seit 2018 Eigentum des gleichnamigen Vereins ist. Gebaut als Hotel Terminus, dann Stadtbücherei und Nazi-Hauptquartier und schließlich Schreibwarengeschäft, beherbergt das Haus heute Ateliers, Künstlerwohnungen sowie Veranstaltungs- und Proberäume.

Immer neue und
aktuelle Inhalte

Seit 2018 ist Mari Lena Rapprich als Kuratorin und Künstlerin in unterschiedlichen Projekten und Ausstellungskonzepten mit an Bord. Ziel des Museums ist es weiterhin, die Kunst- und Technikgeschichte stets mit aktuellen Inhalten zu verknüpfen. Da das halt zurzeit aufgrund der Pandemie nur eingeschränkt möglich ist, setzt der Verein verstärkt auf das Internet, denn, so Urbons, „wir haben am Montagabend beschlossen, zunächst keine öffentlichen Veranstaltungen durchzuführen, auch wenn das in absehbarer Zeit unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein könnte.“ Deshalb empfiehlt er, Gabriele Klages und Mari Lena Rapprich, im Jubiläumsjahr öfter mal einen Blick auf die Homepage unter www.museum-fotokopie.de.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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