Mülheimer Fatzer-Tage

Die Schauspieler des P14 Jugendclubs der Volksbühne Berlin setzen sich mit Anpassung und Abgrenzung anhand des Fatzer-Fragments auseinander. | Foto: Thomas Aurin
  • Die Schauspieler des P14 Jugendclubs der Volksbühne Berlin setzen sich mit Anpassung und Abgrenzung anhand des Fatzer-Fragments auseinander.
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Keineswegs langweilig und verstaubt kommen Brechts „Fatzer Fragmente“ bei den Fatzer-Tagen des Ringlokschuppens daher. Es sind junge Schauspieler und Regisseure, die sich aufgemacht haben, Fatzer in die Gegenwart zu „übersetzen“.

Das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft steht bei den dritten Fatzer-Tagen im Ringlokschuppen, Am Schloß Broich 38, im Focus.
„Wir sind einen neuen Weg gegangen und haben mittels eines Open Calls um szenische Vorschläge gebeten“, erzählt Matthias Frense. „Die Resonanz überraschte uns“, fährt der gutgelaunte dramaturgische Leiter des Ringlokschuppens während der Pressekonferenz zu den Fatzer-Tagen fort.

Am kommenden Wochenende, Samstag, 20., und Sonntag 21. Juli, präsentieren fünf Ensembles/Kollektive ihre Sicht des Fragments. Drei der Stücke sind extra für die Mülheimer Fatzer-Tage geschrieben worden. Die Jüngsten in der Runde sind die Nachwuchsschauspieler vom P14 Jugendclub Berlin. Mit eher klassischem Sprechtheater präsentiert das Ensemble des Hessischen Landestheaters Marburg seine auf eine Stunde reduzierte Fassung des Fragments.

Ensemble recherchierte in Athen

„Brechts Deserteure sind bei uns Flüchtlinge aus dem kriegsgebeutelten Süden, die Frieden im Norden suchen“, erzählt Tina Turnheim vom Kollektiv EGfKA (Europäische Gemeinschaft für Kulturelle Angelegenheiten).
Im Athen von heute erkennen die Flüchtlinge, dass der vermeintliche Frieden im Norden brüchig ist. Für ihre Interpretation nutzte die Gruppe ihre Kontakte in Athen. Vor Ort führten sie einen Fatzer-Workshop durch und entwickelte die Inszenierung für Mülheim. Der Stadtrundgang durch die griechische Metropole ist Teil des Stückes und erinnert an Fatzers Gänge durch Mülheim. In Athen lernte die Gruppe die Folgen des verordneten EU-Sparkurses und die Notlage realer Flüchtlinge kennen. „Athen ist Mülheim und umgekehrt.“

Schauf/Millner suchen das verbindende Element

Daniel Schauf, Ensemble Schauf und Millner, sucht das verbindende Element zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft im Fatzer. „Zugleich verbinden wir unsere Interpretation mit Brechts Lehrstückmethoden.“ Ziel sei ein Erfahrungs- und Erkenntnisgewinn. Dabei bleibe das Publikum nicht aussen vor: Für eine kurze Zeit entstehe eine Gemeinschaft zwischen Ensemble und Zuschauern. „Allerdings ohne die verstaubten Bilder vom Klassenstandpunkt, der für uns heute keine Bedeutung mehr hat.“ Es seien vielmehr die Haltungen des Einzelnen und der Gesellschaft, die das sechsköpfige Team aus dem Fragment „hervorholte“ und umsetzte.

"Ich verstehe das Kollektiv nicht"

„Ich verstehe das Kollektiv nicht und glaube nicht an ein gleichberechtigtes Kollektiv“, erklärt Katrin Hylla. „Das ist eine schöne Idee, die aber immer im Kompromiss endet.“ Irgendwelche Formen der Unterordnung gebe es immer und wenn nicht, sei das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Dennoch bleibt der Wunsch, kollektiv zu arbeiten, ein Thema. Ihr Transport der Waschmaschine „ist eine eher tragisch-komische Geschichte. Auch eine Geschichte des Scheiterns mit vielleicht furiosem Ende“, erzählt sie mit einem Lächeln im Gesicht.

Abgerundet werden die Fatzer-Tage mit dem Symposium am Samstag um 13 Uhr und dem Künstlergespräch am Sonntag um 11 Uhr.

Das Festivalticket für alle Aufführungen kostet 15 Euro (ermäßigt 10) im Vorverkauf und 17 an der Abendkasse (ermäßigt 12). Weitere Infos sind unter http://www.ringlokschuppen.de/ringlokschuppen/spielplan zu finden.

Fatzer-Tage im Überblick:

Samstag, 20. Juli:

13 Uhr: Symposium
19.30 Uhr: Hessisches Landestheater.
21 Uhr: Schauf/Millner

 Sonntag, 21. Juli:

11 Uhr: Künstlergespräch
14 Uhr: GEfKA
15.30 Uhr: Katrin Hylla
17 Uhr: P14
19.30 Uhr: Hessisches Landestheater Marburg

Autor:

Dirk-R. Heuer aus Hilden

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