Nobelpreisträger Benjamin List ist gerne Mülheimer
Liebe auf den zweiten Blick

Nobelpreisträger Prof. Dr. Benjamin List trug sich zum zweiten Mal ein ins Goldene Buch der Stadt Mülheim.
Foto: PR Fotografie Köhring
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Nach gutem, alten Dixieland-Jazz, launig vorgetragenen Reden, der erstaunlich unkomplizierten Erklärung diffiziler chemischer Sachverhalte sowie einer feierlichen Unterschrift wurde deutlich: Mülheim hat mit Benjamin List einen Bürger dazu gewonnen, der nicht nach dem ersten, aber auf den zweiten Blick schwer verliebt ist in seine Stadt.

Für den gemeinsam mit David W.C. MacMillan als Chemie-Nobelpreisträger Geehrten gab es nun einen Empfang in der Stadthalle. Vereint waren Menschen aus Politik, Kirche, Stadtgesellschaft und eben auch der Wissenschaft. Mittelpunkt der Feierstunde ein so gar nicht dem Klischee entsprechender Forscher, der sich als sinnenfroher Schöngeist entpuppte. Und als Fan der Frankfurter Eintracht, deren Sticker er bei der Nobelpreisverleihung am Revers trug. Der bis vor Kurzem noch beim Wissenschaftler-Fußball kickte. Der seinen Ausblick vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung oben auf dem Kahlenberg lobte: „Von meinen Büro aus sehe ich Oberhausen, Duisburg, Essen und vor allem das grüne Mülheim am Fluss.“

Den Ruhrpreis erhalten 

Trotzdem schwer vorstellbar, dass er sich leicht getrennt hat vom Ausblick seines vorherigen Büros. Im kalifornischen San Diego konnte er nämlich den Pazifik bestaunen, sogar Wale vorbeiziehen sehen. Ein Lieblingsort. Und doch konnte Professor Dr. Benjamin List nach Mülheim gelockt werden. Erhielt bereits 2013 für sein Schaffen den Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft und einen ersten Eintrag im Goldenen Buch der Stadt. Nun der zweite, denn seit Oktober spielt List in der Liga der außergewöhnlichen Gentlemen der Wissenschaft. Der Nobelpreis für Chemie wurde vergeben für seine grundlegenden Forschungen zur Katalyse. Sie ermöglichen nicht nur effizientere Synthesen im großen Maßstab, sie sind auch umweltschonender und tragen zur Idee einer „grünen Chemie“ bei.

Oberbürgermeister Marc Buchholz erinnerte an Prof. Dr. Karl Ziegler, der im Jahr 1963 als erster Mülheimer den Nobelpreis erhielt. Nun folgt ihm Benjamin List nach. Mit „Stolz und Gänsehaut“ habe er von der Preisverleihung erfahren, gab Buchholz zu: „Unsere Stadt war plötzlich weltweit in den Medien präsent.“ Der OB wies auch auf die Familie hin, die sich wie kaum eine zweite der Wissenschaft verschrieben habe: Die Tante Christiane Nüsslein-Volhard Nobelpreisträgerin der Medizin, der Urgroßvater bedeutender Wissenschaftler wie auch der Ur-Urgroßvater Jacob Volhard, ein Neffe des großen Justus von Liebig.

Asymetrische Organokatalyse 

Die Laudatio hielt der Chemiker Prof. Dr. Ferdi Schüth, Leiter des Mülheimer Institutes. Und großer Fan von „Ben“ List, wie er ihn nennt. Ein Freund, der froh darüber ist, dass List allen Lockrufen widerstand und nun sogar ein Haus gebaut habe unweit des Institutes: „Und wer baut, der bleibt.“ Die Asymetrische Organokatalyse sei nur Wort als sperrig, meinte Schüth und fand erklärende Worte für die Arbeit des Kollegen: „Was steckt dahinter?“ Durch die Wahl eines Weges um den steilen „Energieberg“ herum statt drüber würden viel weniger Ressourcen benötigt. Ferdi Schüth nannte es einen „genialen Schritt“, dass List in Frage gestellt habe, ob es unbedingt die relativ großen Enzyme sein müssten, die die Reaktion ankurbeln? Könne man nicht Resultate erzielen mit nur einer einzelnen Aminosäure? Die preisgekrönte Antwort: „Man kann!“

Nun durfte der Geehrte selbst ans Rednerpult. Dankte artig, freute sich über „so tolle Kollegen wie Ferdi“ und schwärmte von seinem Arbeitsplatz im Max-Planck-Institut: „In der neunten Etage herrscht eine Luftigkeit, eine Freiheit. Das brauche ich, diese Leichtigkeit.“ Wenn er aufs Ruhrtal blicke, sei das „schöner als Heidelberg“. List wuchs in einer kulturaffinen Familie auf, die Mutter Architektin, der Bruder Künstler. Er hänge an der Schönheit. Was einen Seitenhieb einleitete. Man könne ja auch mal interessante oder auch spektakuläre Gebäude bauen. Die Schließung der Kaufhof-Lücke zum Beispiel: „Warum wurde dort nichts Schönes gebaut?“
Oberbürgermeister Marc Buchholz verriet nun wirklich kein Geheimnis, als er erklärte, die Politik habe die Ehrenbürgerschaft beschlossen für Prof. Dr. Benjamin List, verliehen werde sie 2023.

Nobelpreisträger Prof. Dr. Benjamin List trug sich zum zweiten Mal ein ins Goldene Buch der Stadt Mülheim.
Foto: PR Fotografie Köhring
Ein sichtlich bewegter Oberbürgermeister Marc Buchholz überreichte dem Nobelpreisträger ein Präsent. 
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Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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