Radtour soll auf das Thema Depressionen aufmerksam machen
Mit der Mut-Tour ein Zeichen setzen

Foto: Nicole Schreiber
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Teilnehmer möchten sich für mehr Wissen und Mut im Umgang mit Depressionen einsetzen - Mülheimerin Nicole Schreiber radelte mit Nicole Schreiber ist eine starke und lebensfrohe Persönlichkeit. Die 37-Jährige war vor nicht zu langer Zeit noch von Depressionen geplagt wurde (wir berichteten). Um dem Thema mehr Öffentlichkeit zu verschaffen, nahm sie an dem zweijährlich stattfinden Projekt Mut-Tour teil, einer Fahrradtour durch Hessen und Bayern, bei dem dem Thema Depression mit Presse- und Passanten-Gesprächen Öffentlichkeit verschafft wird. Hier eine Zusammenfassung ihrer Mut-Tour.

Auf nach Fulda (14. Juni, Strecke: Fulda – Regensburg, 350 Kilometer Tandem-Tour)
"Pünktlich um 7.58 Uhr fuhr der Zug Richtung Fulda. Bereits im Zug traf ich auf einen weiteren Teilnehmer. Die gemeinsame Fahrzeit nutzten wir, um uns vorab schon etwas auszutauschen. In Fulda angekommen, fragten wir uns durch, bis wir schließlich unser Ziel erreichten: Benediktinerinnenabtei zur Heiligen Maria.
Hier trafen „Team Nord und Team Süd“, das erste Mal aufeinander. Insgesamt zehn Leute aufgeteilt in zwei Teams. Langsam aber mit großer Freude beschnupperten wir uns gegenseitig und stellten uns der Reihe nach vor. Mein Fazit: Ich fühle mich wirklich wohl mit all den fremden Menschen! Nach einer kurzen Pause ging es direkt mit der Teameinteilung los. Wer fährt mit wem und auf welchem Tandem? Ist die Sitz- und Lenkerhöhe richtig eingestellt? Im Anschluss folgte direkt ein Briefing zum Tourablauf und der Pressearbeit: Was und vor allem welches Infomaterial haben wir dabei, wie machen wir auf uns aufmerksam, und ähnliche Fragen. Danach stand Taschenkontrolle an! Zu befürchten hatte ich nichts, ich hielt mich an die vorab zugeschickte Tour-Packliste.
Bewusst und nach Gewicht packten wir unsere privaten Sachen in die Fahrradtaschen, auch das was wir für die Tour noch so alles brauchten, wie Töpfe, Besteck, Zelte, Wassertank. Im Durchschnitt wiegt ein beladenes Tandem nun um die 200 bis 250 Kilo.
Nach so einem Tag ließ der Hunger nicht lang auf sich warten. In gemütlicher Runde und bei tollen und netten Gesprächen aßen wir zusammen und ließen den restlichen Abend gemütlich ausklingen.

Offizieller Tourstart (15. Juni)
Heute früh ging um 7 Uhr der Wecker beziehungsweise die Kirchenglocken. Aufstehen, frisch machen, Schlafsäcke lüften, anziehen und dann gab‘s Frühstück von den Benediktinerinnen. Gestärkt ging es zu den letzten organisatorischen Vorbereitungen: die Tandems fertig beladen und natürlich die Schlafstätte so verlassen, wie wir sie vorgefunden haben.
Um 11 Uhr war Aufbruchstimmung Richtung Universitätsplatz, wo der erste Aktionstag mit dem Bundesstart der Mut-Tour begann. Mensch, war ich aufgeregt. Empfangen wurden wir von dem Organisator des Aktionstages, Bündnis gegen Depressionen und einem Überraschungsgast: ein Vorstandsmitglied unseres Trägervereins - die Deutsche DepressionsLiga.
Pünktlich um 13 Uhr fiel der Startschuss! Zusammen mit 45 Mitradlern ging es bis Löschenrod, wo sich nun auch die Wege von Team Süd und Team Nord trennten und jedes Team sich auf die eigene Route begab. Bis zu dem Zeitpunkt stand auch überhaupt noch nicht fest, wo wir diese Nacht unsere Zelte aufschlagen. Vorbei an einer wundervollen Landschaft, gemischt aus Bergen, Tälern und Wäldern - einfach Natur pur.
Die erste Herausforderung stand bereits an. Jürgen und ich hatten mit unserem Tandem die erste Reifenpanne. Aber zum Glück konnte alles wieder repariert werden, es hat uns nur ganz schön Zeit gekostet. Bereit zur Weiterfahrt, ging es wieder auf den Sattel und mit Schwung in die Pedale.
Am Sauerbrunnen legten wir einen kleinen Stopp ein und füllten unsere Trinkflaschen mit frischem Quellenwasser auf. Weiter ging’s knapp 500 Höhenmeter bergauf, über Serpentinen. Ein paar von uns waren bereits schon jetzt an ihre Grenzen gestoßen.
In Bad Brückenau angekommen, hat es erstaunlicherweise nicht lang gedauert und ein nettes Ehepaar bot uns zum Zelten seine Wiese an. Einkaufen, Kochen und der Zeltaufbau stand nun an. Wir hielten unsere kurze Befindlichkeitsrunde, bevor wir uns ausgehungert auf das wohlverdiente Abendessen stürzten.
Gewaschen wurde sich noch im kleinen Bach nebenan. Vor dem Schlafengehen gönnten wir uns zum Tagesabschluss noch ein kleines leckeres Eis aus der Dorf-Eisdiele.

Manchmal kommt es anders (16. Juni)
Um 7 Uhr wurden wir von Jürgen geweckt. Das Frühstück wartete bereits auf uns.
Frühstücken, Körperpflege, Aufräumen, Abbauen und los! Zur Abwechslung heute alles mit Regen. In Regenbekleidung ging's zur nächsten Herausforderung. Noch mehr bergauf als gestern. Die gestrige Strecke steckte einigen noch in den Knochen, weshalb es heute umso schwerer fiel die Bergen hinauf zu kommen.
Endlich hörte auch der Regen auf und wir wurden mit einer traumhaften Landschaft und Naturereignissen entschädigt. Gegen späten Mittag trafen wir in Bad Kissingen ein. Leider ist auch dort der Pressetermin, genau wie heute Morgen in Bad Brückenau, ausgefallen. Die freie Zeit nutzten wir, um mit Passanten ins Gespräch zu kommen um von unserer ehrenamtlichen Tätigkeit zu berichten. Die Leute waren sehr dankbar über diese Aktion, sodass wir durchweg nur positives Feedback bekamen.
Weiter ging es auch schon Richtung Stadtpark. Nachdem wir ein passendes Pausenfleckchen gefunden hatten, hielten wir vorweg unsere kleine Befindlichkeitsrunde (Wuv). Währenddessen stärkten wir uns mit den übrig gebliebenen Essensresten vom Vortag.
Die letzten Kilometer nach Schweinfurt standen noch auf unserem Plan. Unverhofft, weil wir falsch abgebogen waren trafen wir (auf dem fränkischen Marienweg) auf eine wunderschöne Mariengrotte mit kleiner Wallfahrtskirche nebendran. Das Glück meinte es gleich noch einmal gut mit uns, denn für den heutigen Schlafplatz mussten wir nicht lang suchen. Eine sehr nette Bio-Bauern Familie erlaubte uns, unser Nacht-Quartier auf ihrem Hof aufzuschlagen. Total aufregend, denn neben Kühen zu schlafen, erlebt man nicht alle Tage...
Wir bekamen frischen Kaffee gekocht, durften uns am Erdbeerfeld bedienen und hatten sogar bis 22 Uhr, Zugang zur Warmwasserleitung, wo wir uns waschen konnten. Bei der Gelegenheit fütterten wir unsere Handys gleich noch mit Strom.
Mir wurde deutlich klar, wie selbstverständlich doch Strom und fließend Wasser bis dato für mich war. Zusammen schlugen wir die Zelte auf, kochten das Abendessen und saßen noch eine Weile gemütlich beisammen bevor es nur noch in die Schlafsäcke und ins Land der Träume ging.

Eine Nacht am Fluss (17. Juni)
Von glücklich Kühen geweckt zu werden, die beim Melken früh morgens „Schlagermusik“ hören, war ein einzigartiges Erlebnis, welches ich so schnell nicht vergessen werde. Nach der täglichen Morgenroutine wie Frühstücken, Körperpflege, Zelte einpacken, mussten wir uns heute etwas beeilen, da wir bereits um 11 Uhr von der Schweinfurter Presse erwartet wurden. Nach einem ausgiebigen Interview wurde auch gleich noch ein Pressefoto gemacht. Weiter ging es nun Richtung Haßfurt. Und auch wieder mit einer traumhafte Strecke durch wunderschöne Täler.
Nachdem auch der Pressetermin in Haßfurt zu Ende war, hielten wir uns dort nicht mehr lange auf und fuhren ein Stück aus der Stadt raus. Die Mittagspause wollten wir etwas ruhiger verbringen. Gestärkt mit Broten, Gemüse und frischen Obst, hielten wir gleich noch die Befindlichkeitsrunde (WUV). Weiter ging die Fahrt am schönen Main entlang, bis Bischberg. Es standen keine weiteren Termine für heute mehr an. Schnell noch etwas Einkaufen um danach auf Schlafplatzsuche zu gehen.
Die Gruppe hat sich heute einstimmig entschieden: der Schlafplatz sollte unbedingt am Mainufer sein. (Wasser ist ja bekanntlich auch ein Kraft Element und wirkt sehr beruhigend). Einige sprangen sogar in den Main um sich abzukühlen und zu waschen.
Hand in Hand wurden nun die Zelte aufgebaut, Gemüse geschnibbelt und gekocht, um danach in gemütlicher Runde zusammen zu Abend zu essen. Es war eine schöne laue Sommernacht, wir erzählten uns und haben viel gelacht.

Mit Funk und Fernsehen (18. Juni)
Mitten in der Natur aufzuwachen, mit Flussblick und auf einer schönen grünen Wiese. Einfach traumhaft... Nach dem Frühstück packten wir die Zelte, heute mussten wir uns etwas beeilen, in Bamberg wartete der BR 1 (Bayerische Rundfunk) und das Radio Bamberg auf uns. Wir drehten für den BR einen kleinen Film und gaben Interviews für Funk und Fernsehen. Es war unheimlich aufregend, denn für mich war es das erste Mal. Dann ging es weiter am schönen Main-Donau Kanal. Auch heute landschaftlich wieder eine wunderschöne Strecke. Da wir zeitlich gut aufgestellt waren, haben wir uns eine Stunde gegönnt und uns ins Gras gehauen.
Bevor es zum nächsten Pressetermin ging, legten wir in Heidhausen einen kurzen Zwischenstopp ein und setzten uns in eine Eisdiele, um ein leckeres Eis zu naschen.
Die Fahrt ging weiter, nach kurzer Weiterfahrt hielten wir noch einmal an, um unser tägliches WuV zu halten. In Forchheim hatten wir für heute den letzten Termin. Als wir dort fertig waren, ging es nur noch Einkaufen und auf Schlafplatzsuche. An der Regnitz haben wir heute einen netten Platz gefunden. Und wieder ging es ans Zelte aufbauen, Kochen, Spülen und kurz für die Körperpflege in den Fluss. Gemeinsam ließen wir den Abend ausklingen und zogen uns alle nach einiger Zeit in unsere Zelte zurück.

Ein Geheimtipp am Abend (19. Juni)
Heute war entspanntes Aufwachen angesagt. Wir haben ganz gemütlich am Hausener Schöpfrad gefrühstückt und dem plätschern des Wasserrades gelauscht. Ich wäre am liebsten gar nicht weitergefahren, es war so herrlich.
Nachdem die Zelte abgebaut waren, ging es zum ersten Termin nach Erlangen. Dort haben wir auch Axel kennengelernt. Ganz spontan reihte er sich bei uns ein und begleitete uns mit seinem Fahrrad.
Am Kanal entlang, bis nach Fürth wo der nächste Pressetermin anstand. Wir verweilten noch einige Zeit dort und holten uns noch ein leckeres Eis. Wegen des hohen Kalorienverbrauchs müssten wir uns um die Figur ja keine Sorgen machen. Und weiter ging die Fahrt am Kanal bis Nürnberg entlang. Rechts und links weit und breit keine Straßen zu sehen, nur Fluss und Natur. Kurz vor Nürnberg hielten wir für ein kleines Picknick und unseren WuV ab. Nun stand noch der letzte Termin in Nürnberg an. Auch für einen kurzen Besuch in der Liebfrauenkirche hatten wir noch Zeit, um für unsere Liebsten noch ein Kerzchen anzuzünden.
Nach dem Einkauf ging es wie gewohnt auf Schlafplatzsuche. Vorbei am Reichsparteitag und der Messe, Richtung Ortschaft "Feucht". Auch heute wollten wir möglichst wieder am Gewässer unsere Zelte aufschlagen. Von einem netten Ehepaar bekamen wir einen wunderschönen Geheimtipp. An einem See, der auch perfekt zum Baden und Waschen geeignet war, schlugen wir unsere Zelte auf. Aßen die Reste vom Vortag und ließen den kompletten Tag noch einmal Revue passieren. Wir waren alle heute irgendwie richtig müde, weswegen wir uns relativ früh in unsere Zelte zurückzogen.

Nachts noch mit Gewitter (20. Juni)
Heute Nacht wurden wir von Gewitter und Starkregen überrascht. Für mich eine echte Angstkonfrontation. Gewitter, Zelt, Bäume und Gewässer sind nicht die optimalsten Voraussetzungen für eine Outdoor-Übernachtung. Wir waren alle am Morgen gerädert vom nächtlichen Gewitter. Da wir den ersten Termin mit dem Journalisten um 10 Uhr in Feucht hatten, musste es etwas zügig gehen. Im Regen bauten wir also die Zelte ab, packten die Sachen ein und los ging‘s.
Nach dem Pressetermin riss der Himmel auf und die Sonne lud dazu ein, in der Bäckerei gemütlich ein Teilchen zu naschen und einen Kaffee zu trinken. Es ging gestärkt weiter zum nächsten Pressefoto nach Altdorf. Nach kurzer Pause schnell wieder aufs Tandem und machten uns von dort aus weiter auf den Weg, Richtung Neumarkt in der Oberpfalz. So langsam stiegen die Höhenmeter wieder weiter an. Das tägliche Training zahlte sich aus und wir wurden immer besser. In Neumarkt in der Oberpfalz angekommen, schnell ein Pressefoto gemacht und weiter ging's. In einem Park fanden wir eine schöne ruhige Wiese, um dort eine große Pause zumachen. Nach einer ausgiebigen Brotmahlzeit, Mittagsschläfchen und unserem WuV ging die Fahrt im Anschluss weiter. Das Wetter meinte es heute nicht gut mit uns und eine Weiterfahrt wäre schon etwas gefährlich gewesen. Zwei von uns gingen auf Quartiersuche und hatten schnelles Glück: Ein lieber Mann stellte uns eine kleine Jagdhütte zur Verfügung. Mit WC und zwei Kochplatten und sogar einem Bett. Das war eine super Entschädigung für die Nacht davor. Alle waren glücklich und zufrieden und der Abend ging in gemütlicher Runde zu Ende. Später huschten alle auf ihre Iso-Matte und kuschelten sich in ihrem Schlagsack ein.

Endspurt (21. Juni)
Gut geschlafen und fit wie ein Turnschuh, na ja die meisten jedenfalls, ging es nach einem spendierten Frühstück auf die letzten 60 Kilometer der Etappe. Berge waren ein letztes Mal eine Herausforderung für uns. Zwischenzeitlich mussten wir die Tandems hochschieben, keine Chance mit so viel Gepäck an Bord und den mittlerweilen müden Beinen. In Parsberg angekommen, gab es noch ein kurzes Pressefoto und eine kleine Verschnaufpause. Nach einem Kaffee ging es weiter. Es waren noch knapp 40 Kilometer, die uns jetzt von Regensburg trennten. Nach rund 20 Kilometern legten wir zum letzten Mal eine gemeinsame Mittagspause ein. Mitten im Nirgendwo! Dort machten wir auch gleich das WuV.
Es fing wieder an zu regnen, weshalb wir noch eine Weile länger dort unter den Bäumen blieben, was sich aber gelohnt hat: Ein freier Mitarbeiter vom Magazin "Gesund in der Region" interessierte sich für uns. Er schoss Fotos und versprach uns ein Artikel. Uns trennten jetzt noch die letzten 20 Kilometer vom Ziel. Vorbei an der schwarzen Laaber und der Donau, sahen wir aus weiter Fern das Ortsschild "Regensburg"! Die Freude war groß. Die letzten Meter lagen vor uns... Und da waren wir.... Mitten auf dem Domplatz: Für ein letztes Pressefoto! Jubel, Freude, Glücksgefühle....
Unglaublich, wir sind am Ziel und haben die Etappe im Team gemeinsam zusammen gemeistert. Das ist Erfolg pur mit unglaublichen Glücksgefühlen!"
Mehr zur Mut-Tour findet man unter www.mut-tour.de.

Autor:

Lokalkompass Mülheim aus Mülheim an der Ruhr

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