ver.di warnt: "Stirbt der Nahverkehr, stirbt Mülheim!“
Einsparungen beim ÖPNV

Die Straßenbahnlinie 104 wollen die Politiker gerne komplett streichen.  | Foto: PR-Fotografie Köhring
  • Die Straßenbahnlinie 104 wollen die Politiker gerne komplett streichen.
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Angesichts der neuen Sparpläne der Politik für die Mülheimer Ruhrbahn, die sogar eine vollständige Einstellung der Straßenbahnlinie 104 fordert, protestiert die Gewerkschaft ver.di.

Zum Tag der Arbeit am 1. Mai geht die Protesthomepage www.rettet-den-mülheimer-öpnv.de online. Auch gibt es schon einen Protestbanner, auf dem steht: „Rettet den Mülheimer ÖPNV! Der Nahverkehr ist die Seele von Mülheim! Stirbt der Nahverkehr, stirbt Mülheim!“ Welche weiteren Maßnahmen die Gewerkschaft startet, will sie am Mittwoch, 8. Mai, auf einer Versammlung der ver.di Vertrauensleute beraten.

Rückenwind bekommt die Gewerkschaft von der Bezirksregierung Düsseldorf, jedenfalls zur Straßenbahnlinie 104. Im Schreiben der Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher an die Gewerkschaft heißt es, dass bei einer Stilllegung des sogenannten Kahlenbergastes der Straßenbahnlinie 104 sämtliche Fördermittel zurückgezahlt werden müssten. Das ÖPNV-Gesetz NRW sehe zudem den Schienenverkehr als Rückgrat des ÖPNV in Ballungsgebieten und den Bus als dessen Zubringer und Ergänzung - nicht als dessen Ersatz.

„Das Vorhaben der Politik, Bus und Bahn noch weiter zusammensparen zu wollen, ist grotesk! Das schadet vor allem der hiesigen Wirtschaft und allen Menschen, die pünktlich zur Arbeit kommen und in der Freizeit mobil sein wollen“, empört sich Rainer Sauer, zuständiger Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Verkehr im ver.di-Bezirk Ruhr-West (Essen-Mülheim-Oberhausen).
Jährlich fünf Millionen Euro stehen als Einsparungsziel der Politik beim ÖPNV im Raum; das jährliche Defizit beträgt rund 30 Millionen Euro. Sauer: „Der Nahverkehr in Mülheim wurde bereits in den vergangenen Jahren scheibchenweise ausgedünnt. Wer möchte, dass eine Stadt mobil ist, der muss sich einen guten ÖPNV leisten. Bereits jetzt werden bei der Ruhrbahn jährlich zwei Millionen Euro an Defizit unter herben Einschnitten für die Belegschaft und die Kunden eingespart. Doch das lässt die Politik völlig kalt. Für uns ist ganz klar: Mehr Sparen geht nicht!“, bekräftigt Sauer.

Gerade bei den aktuellen Debatten und Urteilen über Fahrverbotszonen für Diesel-Fahrzeuge sei der Sparwahn beim ÖPNV unerträglich. Sauer: „Nehmen wir den Dieselskandal, der viele Menschen in Mülheim betrifft, die künftig umsteigen müssen: Hier erfüllen Bus und Bahn in Sachen Luftreinheit eine ganz wichtige Funktion - der eigentliche Skandal ist, wie die Mülheimer Politik darüber hinweggeht und sich ihre eigene Welt malt.“

Bahnen sind wichtig zur Luftreinhaltung

„Die Ruhrbahn in Essen und Mülheim ist ein gemeinsames Nahverkehrsunternehmen, weitere geplante Einsparungen in Mülheim würden sich daher auf das gesamte Unternehmen und auf alle Beschäftigten bei der Ruhrbahn auswirken. Die ganze Kürzungsdiskussion ist für das Fahrpersonal schon jetzt schädlich und einfach nicht mehr zu ertragen. Sie wirkt demotivierend und verschreckt zudem potenzielle Fahrgäste“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Ahmet Avsar und stellt sich vor die Ruhrbahn-Belegschaft. Avsar: „Der Betriebsrat wird alles unternehmen, damit die Interessen der Beschäftigten und deren Zukunft am Ruhrbahn-Standort Mülheim nicht unter die Räder kommen. Wir hoffen allerdings, dass der ÖPNV in Mülheim nicht weiter ausgedünnt und die Sparkürzungen noch abgewehrt werden können.“ Ziel müsse sein, die Ruhrbahn endlich als ein leistungsstarkes integriertes Verkehrsunternehmen nach vorne zu bringen. „Denn wenn die Politik so weitermacht, ist bald kein ÖPNV mehr vorhanden, bei dem man den Rotstift ansetzen könnte. Dann fällt auf dem Betriebshof alles auseinander, Busse und Bahnen stehen still und die Belegschaft ist bei der unzumutbaren Arbeitsverdichtung dauerkrank. Und ausbaden müssen das alles zukünftige Generationen - ein Szenario, das wir nicht zulassen werden!“, betont Sauer und kündigt Proteste an.

Betriebsrat stellt sich vor die Belegschaft

Sparen bedeute eine nicht hinnehmbare Abwärtsspirale: weniger Sicherheit, weniger Service, noch mehr Ausfälle und größere Unzufriedenheit der Kunden. „Der Politik fehlt es an Wertschätzung für die bereits überlastete Belegschaft, die trotz allen Widrigkeiten hervorragende Arbeit leistet. Die Beschäftigten geben alles, damit Mülheim mobil ist.“ Der Nahverkehr sei nicht zu teuer, er müsse vielmehr noch stärker finanziert werden, um den Service zu verbessern und die Angestellten in Verwaltung, Fahrdienst und Werkstatt zu entlasten. Christian Boden, ver.di-Vertrauensleutesprecher bei der Ruhrbahn: „Und genau zu diesem Mentalitätswandel der Politik in Mülheim müssen wir hin. Das ist gut für die Stadt, gut für die Menschen und gut für die Belegschaft!“

Autor:

Sibylle Brockschmidt aus Mülheim an der Ruhr

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